Bottrop-Kirchhellen. Für Mütter verboten – das ist die eiserne Regel beim Vater-Kind-Zelten. Bei Zuwiderhandlungen tagt das Lagergericht und diese Strafen drohen.
Einmal im Jahr haben Muttis in Kirchhellen vier Tage nur für sich. Dann ist das traditionelle Vater-Kind-Zelten der Kolpingsfamilie. 2020 und 2021 machte Corona dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung, aber nicht in diesem Jahr.
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Der riesige Fallschirm des Zeltlagers zwischen Forststraße und Rentforter Straße ist schon von weitem zu sehen. Fast alles ist wie immer. Das Meer an großen wie kleinen Zelten, Lagerolympiade, Feldküche, Essenszelt, diverse (Wasser-)Spiele und die große Strohburg mit Rutsche und geheimen Tunneln zwischen den Heuballen. Völlig autark wird sich im Lager versorgt mit Stromaggregat, Kühlwagen, sanitären Anlagen und Frischwasserleitung. Seit mehr als 30 Jahren ist die Veranstaltung eine Erfolgsgeschichte. Warum sollte auch etwas geändert werden, was funktioniert und nichts an seiner Beliebtheit verloren hat?
Freiwillige Feuerwehr sorgt für Abkühlung am Hitzesamstag
Väter aus dem Dorf zelten mit ihren Jungen und Mädchen - fernab von Arbeitsplatz, Schule, Computer, Fernseher und Videospielen. Ins Schwitzen kommen trotzdem alle Teilnehmer. Am Freitag und vor allem am Samstag bei gefühlten 36 Grad zeigt die Sonne ihre unbarmherzige Seite. Auf dem freien Feld sucht jeder ein schattiges Plätzchen oder eine Abkühlung durch den Wasserschlauch. Sogar die Freiwillige Feuerwehr Kirchhellen rückte aus, wie Lagerleiter Oliver Stumpf berichtet. Aber nicht, weil es brannte, sondern zur Erfrischung. Der Wasserwerfer vollbrachte wahre Wunder. „Ein echtes Spektakel“, so Stumpf.
Wettergott Petrus hatte also diesmal ein Einsehen. In der jüngeren Vergangenheit zeigte er sich weniger gnädig, so wie 2017. An Fronleichnam wütete das Sturmtief Ludger. Der Zeltplatz, damals noch zwischen Hiesfelder Straße und Heuweg, soff regelrecht ab. Da hieß es „Land unter“. Zahlreiche Zelte wurden zerstört. 2019 folgte der Umzug zum heutigen Zeltplatz mit einer tollen Premiere. Tja und dann kam, wie jeder weiß, Corona.
Bei Verstößen gegen die Lagerregeln tagt das Lagergericht
Eine Sache hat sich auch im Jahr 2022 nicht geändert. Mütter haben weiterhin keinen Zutritt. Und wehe, wenn sich eine Mutter blicken lässt. Dann droht dem geliebten Gatten eine Strafe. Generell gilt: Wer gegen Lagerregeln verstößt, muss sich vor einem Gericht verantworten. Neben der ungewollten Anwesenheit der Mutter sind weitere Verfehlungen möglich. Zum Beispiel der Schmuggel von zusätzlichen Süßigkeiten ins Camp, so Lagerleiter Oliver Stumpf. „Oder der Vater ist nicht auffindbar und das Kind muss ihn ausrufen lassen.“
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In diesen Fällen kommt das siebenköpfige Gericht ins Spiel in Person von Thomas Oertel (Richter), Christian Mack (Verteidiger), Marc Burdorf (Staatsanwalt) sowie Mario Müller, Peter Sondermann, Bastian Sommer und Andre Nowak (alle Geschworene). In diesem Jahr verkleiden sie sich extra als Freibeuter, denn das diesjährige Motto der Veranstaltung heißt „Piraten“. Abends bei schönstem Sonnenuntergang wird im Sitzkreis die Anklageschrift verlesen, welche Väter sich daneben benommen und gegen die Regeln verstoßen haben.
Im Zweifel droht den Kirchhellener Väter das Holzgefängnis
„Ein abgekartetes Spiel“, meint Lagerleiter Stumpf und lächelt. Wenn der Angeklagte Glück hat, muss er als Strafe im Lager nur einen Stoffpapagei auf der Schulter und eine Eisenkugel am Bein tragen. Diejenigen, die weniger Glück haben, müssen über eine Grube aus Matschepampe („Torf und Wasser“, so Mario Müller) gegeneinander antreten. Mit Stöcken, umwickelt mit Schaumstoff, stehen beide Väter auf einem Holzbalken. Unter ihnen ruht der dunkelbraune, unappetitlich aussehende Torf-Wasser-Mix. Am Grubenrand werden sie von den Kindern angefeuert oder mit Wasser bespritzt. Wer vom Balken runter fällt, hat verloren. Letzter Ort ist das Gefängnis, das aus meterhohen Holzlatten gebaut wurde. Und weil das als Strafe nicht schon genug wäre, muss der Verurteilte sich darin noch von der gesamten Kinderschar mit deren Wasserpistolen bespritzen lassen.
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Aber, was soll’s. Der Spaß und die Gemeinschaft stehen im Vordergrund. Und das Wichtigste ist: Am Fronleichnam-Wochenende lassen Väter und ihre Kinder alle Sorgen hinter sich und genießen die gemeinsame Zeit miteinander.
Kritik: Kein schulfrei am Brückentag
100 Väter und ca. 200 Kinder haben dieses Jahr am Vater-Kind-Zelten der Kolpingsfamilie Kirchhellen teilgenommen. Da kommt einiges an Lebensmitteln zusammen. Wie „Küchenbulle“ Guido Vogel aufzählt, sind es unter anderem ca. 2000 Teile an Grillfleisch, 1120 Eier, 500 Puddings, 500 Joghurts sowie unzählige Liter an Wasser. Dazu noch Obst und Gemüse. Für 2023 hat Lagerleiter Oliver Stumpf eine Bitte. Am Freitag mussten einige Kinder zum Unterricht zum Vestischen Gymnasium hin- und zum Zeltplatz zurückgebracht werden. Er würde sich wünschen, wenn im nächsten Jahr der Brückentag schulfrei genutzt wird.