Bottrop. Viele fühlen sich im Bottroper Stadtkern nicht mehr sicher. Auch die Ratsparteien sind höchst alarmiert und klagen über Kriminalität und Elend.

Der Brennpunkt, der sich in der Innenstadt über den Berliner Platz und den ZOB hinaus bis zum Ehrenpark ausbreitet, beunruhigt auch immer mehr Ratsmitglieder. Die Sprecherinnen und Sprecher der Ratsparteien klagen über ungenierten Drogenhandel und Drogenkonsum, über gewalttätige Übergriffe, Diebstähle, Belästigungen, eine Obdachlosenszene, Störungen als Folge übermäßigen Alkoholkonsums und regelrechte Jagden auf Kinder. Die Stadt selbst spricht auch von einer Verwahrlosung von Straßen, Plätzen und Grünflächen. Dass sich viele Bürger in diesem Abschnitt der City nicht mehr sicher fühlen, stellen auch Polizei und städtische Ordnungskräfte fest.

Vor allem die Berichte der Polizei, wonach die Straßenkriminalität in der City in den letzten drei Jahren zurückgegangen sei, rufen bei einer Reihe von Ratsmitgliedern große Zweifel hervor. „Das sogenannte subjektive Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger ist viel näher an der Realität als solche Zahlen“, ist sich zum Beispiel ÖDP-Ratsherr Markus Stamm sicher. Von vielen Straftaten und Ordnungsverstößen bekomme die Polizei ja überhaupt nichts mit. „Wie wir wissen, wird vieles gar nicht angezeigt“, sagte Stamm.

Wenn Polizei und Ordnungskräfte zur Stelle sind, seien die Täter zumeist längst wieder weg. Viele Opfer hätten auch Angst davor. „Wenn da jemand Kinder abzieht, droht er ihnen ja auch noch, damit sie das auf keinen Fall jemandem erzählen“, erklärte der Ratsherr.

Straftäter und Störer sind schnell wieder über alle Berge

Die Polizei berichtet dagegen, dass in Bottrop im Vergleich zu den anderen Städten im Bereich des Polizeipräsidiums das Risiko geringer sei, Oper einer Straftat zu werden. Auch die Verwaltung hält fest, dass es in Bottrop deutlich seltener zu Straftaten komme als in anderen Großstädten.

„Dennoch gehört zur Wahrheit dazu, dass auch zukünftig in Bottrop mit Raubüberfällen, Gewaltkriminalität und Sachbeschädigungen zu rechnen ist“, heißt es in ihrem Bericht. Darin räumt die Stadt auch genau das ein, was Ratsvertreter wie Markus Stamm ansprechen: Die Ordnungskräfte könnten nach Beschwerden oft gar nicht mehr eingreifen, weil Straftäter oder Störer über alle Berge seien.

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Auch die Verwaltungsmitarbeiter selbst sehen es als problematisch an, dass die Beschäftigten des kommunalen Ordnungsdienstes nicht 24 Stunden im Einsatz seien und auch die Einsatzkräfte der Polizei vor allem nachts stark reduziert werden müssen. Dennoch kündigte Ordnungsdezernent Paul Ketzer gerade erst wieder mehr Präsenz vor Ort an; auch um Übergriffe einer Jugendbande zu stoppen. Die Stadt könne durchaus nachvollziehen, dass sich Bürgerinnen und Bürger an bestimmten Orten in der Innenstadt nicht mehr wohlfühlen, heißt es.

Einsatzfahrzeuge von Ordnungsamt und Polizei am ZOB: Auch im Ehrenpark, an der Martinskirche, im Trapez, auf dem Parkplatz am Saalbau, im Kulturhof gibt es gemeinsame Kontrollen, weil sich Bürgerinnen und Bürger beschwerten.
Einsatzfahrzeuge von Ordnungsamt und Polizei am ZOB: Auch im Ehrenpark, an der Martinskirche, im Trapez, auf dem Parkplatz am Saalbau, im Kulturhof gibt es gemeinsame Kontrollen, weil sich Bürgerinnen und Bürger beschwerten. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Polizei suchte nach Drogendeputaten im Bottroper Ehrenpark

Die Polizei versicherte wiederholt, dass sie es sehr wohl ernst nehme, dass die Bürgerinnen und Bürger sich in der Innenstadt nicht mehr sicher fühlen. Deshalb gebe es jetzt ja mehrmals täglich Polizeistreifen an den für die Bürger neuralgischen Stellen. Daher hatte es ja außerdem auch Schwerpunktkontrollen gegeben, etwa am Berliner Platz und am ZOB, im Ehrenpark, an der Martinskirche, im Trapez, auf dem Parkplatz am Saalbau, im Kulturhof und am Torbogenhaus zum Stadtgarten. Überall dort häuften sich die Beschwerden.

Keine Chance für Video-Überwachung

Die SPD hatte die Verwaltung im vorigen Herbst um ein Konzept zur Erneuerung und Belebung der Innenstadt gebeten. Darüber hinaus soll der Kommunale Ordnungsdienst gemeinsam mit der Polizei eine Strategie zur Vermeidung von Straftaten wie Vandalismus, Sachbeschädigungen und Drogenhandel entwickeln.

Forderungen aus der Bezirksvertretung Mitte nach einer Videoüberwachung öffentlicher Plätze sehen Fachleute der Verwaltung und der Polizei kritisch. Dafür fehle die rechtliche Handhabe, heißt es. Den Einzelvorschlag der Linkspartei, Drogenkonsumenten in der City einen spezielle Raum samt medizinischer Versorgung bereit zu stellen, lehnte die Mehrheit der Ratsparteien ab.

Die Bilanz solcher Kontrollen: mehrere Festnahmen, rund 80 Platzverweise, über ein Dutzend Strafanzeigen wegen verschiedener Drogendelikte, über 200 Ordnungswidrigkeitenanzeigen oder Verwarngelder, ein Dutzend sichergestellte Fahrzeuge.

Dass neben dem ZOB vor allem der Ehrenpark zu einem Treffpunkt für Drogenkonsumenten und Drogenhändler geworden ist, weiß selbstverständlich auch die Polizei. Bei ihren Kontrollen kamen zuletzt deshalb auch Drogenhunde zum Einsatz, um Drogendepots aufzuspüren.

Grüne fordern große Kraftanstrengung aller für die City

Grünen-Ratsfrau Andrea Swoboda spricht angesichts derartiger Bilanzen von einer tückischen Lage in der Innenstadt. „Dass es Kinder gibt, die durch die Stadt gejagt werden“, sei ein Missstand, den niemand hinnehmen dürfe. Sie rief zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller auf und forderte, es nicht bei Einzelmaßnahmen zu belassen. „Wir müssen das in den Griff bekommen“, sagte Andrea Swoboda. FDP-Ratsherr Oliver Mies riet, dabei nicht nur den Stadtkern, sondern auch die anderen Bottroper Zentren im Blick zu behalten. Auch in Kirchhellen komme es inzwischen öfter zu kritischen Situationen.

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