Bottrop. Anwohner an der Sterkrader Straße warten seit Jahren auf eine Erschließungsstraße. Tiefbauer hatte angefangen, doch jetzt ruht die Baustelle.

Im Mai 2019 – also vor drei Jahren – sind die letzten Bewohner in dem kleinen Neubaugebiet an der Sterkrader Straße eingezogen. Doch noch immer haben sie keine Straße. Schon länger schwelt der Konflikt mit dem Bauträger, der zwei private und eine öffentliche Erschließungsstraße bauen muss. Nun sahen die Anwohner Licht am Ende des Tunnels, denn die Tiefbauarbeiten hatten begonnen – bis vor drei Wochen.

„Als die das Dixi-Klo abgeholt haben, habe ich wirklich angefangen, mir Sorgen zu machen“, sagt Patrick Wojwod beim Treffen mit den Nachbarn. Denn tatsächlich liege die Baustelle seit knapp drei Wochen brach, berichten die Anwohner. Eine Privatstraße ist bereits gepflastert, bei der anderen ist zumindest der Untergrund so weit vorbereitet, dass eigentlich nur die Steine fehlen. Und auch Rigolen, also Versickerungsanlagen für Regenwasser, sind inzwischen gebaut worden.

Grundstücke und Garagen sind teilweise nicht mehr erreichbar

Nun also wieder Baustopp – mit Folgen für die Anwohner. Denn es fehlen jetzt Stellplätze für Autofahrer und einige Grundstücke und Garagen sind mit Autos gar nicht mehr erreichbar. Zu hoch ragen Absperrventile des Wasserwerks, Schachtdeckel oder auch Randsteine hervor. „Hier lohnt sich inzwischen der Kauf eines Geländewagens“, so der sarkastische Kommentar einer betroffenen Anwohnerin.

Der Untergrund ist für die Pflasterarbeiten vorbereitet, dann hat die Firma die Arbeit eingestellt. Die Folge: Hohe Schachtdeckel und Randsteine versperren einigen Anwohnern nun die Zufahrt zu Grundstücken und Garagen.
Der Untergrund ist für die Pflasterarbeiten vorbereitet, dann hat die Firma die Arbeit eingestellt. Die Folge: Hohe Schachtdeckel und Randsteine versperren einigen Anwohnern nun die Zufahrt zu Grundstücken und Garagen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Nils Steiner und Jan Stratmann berichten von den praktischen Auswirkungen auch auf das Umfeld. Anwohner müssten nun außerhalb des Areals parken. „Die Folge davon ist, dass der Parkdruck an der Sterkrader Straße weiter wächst.“ Tatsächlich sind die Stellplätze entlang des Teilstücks zwischen Heidenheck und Westring am Tag des Ortstermins gut ausgelastet.

Der für den Ausbau verantwortliche Tiefbauer sagt auf Nachfrage der Lokalredaktion, man stehe bereit, um sofort weiterzubauen. Dafür müsse der Bauträger „Bedingungen“ erfüllen, sagt der Geschäftsführer, ohne in Details zu gehen. Nur: „Es ist normalerweise nicht unsere Art, eine Baustelle anzufangen und dann nicht weiterzumachen.“ Zumal das Material – einige Paletten mit Pflastersteinen – schon vor Ort bereitsteht.

Anwohner sehen den Bauträger in der Verantwortung

Dem Tiefbauer, machen die Anwohner dann auch keinen Vorwurf. Sie sehen das Problem – wie in der Vergangenheit auch – beim Bauträger. So fehlten immer noch Verträge zur Erschließung, berichtet Jan Stratmann von den Gründen, die der Bauträger anführe. Aber die Erfahrung der Vergangenheit zeige eben: „Irgendwas ist immer“, sagt Patrick Wojwod. Anders ausgedrückt, man fühle sich hingehalten, weil immer wieder neue Gründe für Verzögerungen angeführt würden und immer neue Termine genannt würden.

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Dagegen sagt der Bauträger, die Peter Kalthoff GmbH aus Kirchhellen, dass man die eine Privatstraße, mit deren Anliegern man Einigkeit erzielt hatte, fertiggestellt habe. Ansonsten habe sich im Vergleich zum vergangenen Jahr nicht viel verändert. Damals hatte das Unternehmen gegenüber der Lokalredaktion argumentiert, dass an einigen Stellen noch Restzahlungen ausstünden.

Jetzt gehe es noch um einen Notarvertrag, der in Abstimmung sei. Doch vonseiten des Bauträgers sei dann alles geklärt, erklärt Dieter Stratmann, der für das Unternehmen spricht. Der Bau der öffentlichen Straße, die später die Stadt übernimmt, hänge eben an der Fertigstellung der zweiten Privatstraße, „weil wir da noch mit dem Bagger durchmüssen“, so Stratmann. Darüber sei aber auch die Stadt informiert, sagt er.

Juristen der Stadt Bottrop beobachten die Situation mit Argusaugen

Bei der Stadt beobachtet man die gesamte Situation schon seit längerem mit Argusaugen. Denn der Bauträger ist verpflichtet, die öffentliche Erschließungsstraße zu bauen. Thorsten Albrecht von der städtischen Pressestelle spricht auf Nachfrage von einer „juristisch schwierigen Gemengelage“. Intern prüfen die Juristen der Stadt eine Ersatzvornahme, also inwieweit die Stadt auf Kosten des Bauträgers die Straße bauen kann.

Material ist schon vorhanden und lagert auch vor Ort.
Material ist schon vorhanden und lagert auch vor Ort. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Es gebe eine Bürgschaft, die den Bau der Straße absichert, sagt Albrecht. Doch unklar sei, welche Bedingungen erfüllt sein müssten, damit die Stadt auf diese Bürgschaft zugreifen könne. „Wäre der Bauträger insolvent, wäre es klar, dann greift die Bürgschaft sofort.“ Doch in der aktuellen Situation sei es eben unklar – auch weil im Vertrag zwischen Stadt und Bauträger keine Frist gesetzt wurde, bis wann die Erschließung fertig sein muss.

Stadt Bottrop hat ihrer Verträge nach diesen Erfahrungen verändert

Bei neuen Verträgen achte man nach den Erfahrungen nun darauf, bisher habe es die Veranlassung noch nicht gegeben. Denn die Erfahrung habe eigentlich gezeigt, dass Bauträger solche Dinge rasch abschließen wollen. Im Gegenteil, an manchen Stellen habe die Stadt den Ausbau von Erschließungsstraßen bremsen müssen, weil die Bautätigkeiten noch nicht weit genug fortgeschritten waren und der Bau weiterer Häuser mit schweren Fahrzeugen die neue Straße dann schon wieder zerstört hätte.

Die derzeitige Situation an der Sterkrader Straße koste den Bauträger doch auch Geld, heißt es seitens der Stadt mit Verwunderung. Da seien die Kosten für die Bürgschaft und dazu sei das Bauen in den vergangenen Monaten und Jahren ja auch nicht günstiger geworden, insofern sei es eine „ungewöhnliche Situation“. Man übe weiter Druck aus und schaue, dass man mit dem Bauträger im Gespräch bleibt, so Albrecht, denn aus Sicht der Stadt gilt hier: „Die Anwohner haben absolut recht.“