Bottrop. Auf der Halde Haniel haben Unbekannte fünf Ibarolla-Stelen abgesägt. So aufwendig hat der Bottroper Künstler Guido Hofmann sie instandgesetzt.
Die Nachricht hat Anfang März Kunstfreunde, Haldenfans und Lokalpatrioten gleichermaßen schockiert: Unbekannte hatten fünf der 102 Totems des Künstlers Agustin Ibarrola auf der Halde Haniel abgesägt, die hölzernen Stelenteile mutwillig den Hang hinuntergeworfen. Ein hässliches Loch klaffte in der bunten Stelenreihe, „wie Zahnausfall“, sagt der Bottroper Künstler und Ibarrola-Schüler Guido Hofmann. Mehr als 350 Arbeitsstunden später ist die Lücke nun geschlossen. „Ich denke, das Ergebnis kann sich sehen lassen“, sagt Restaurator Hofmann bescheiden. Und wie es das kann!
Halden-Besucher aus dem Allgäu staunen über die Totems
Die beiden radelnden Besucher aus dem Allgäu müssen schon sehr genau hinschauen, um zumindest an zwei der instandgesetzten Stelen noch eine Klebekante erkennen zu können. Und das ist auch nur möglich, weil Guido Hofmann an diesen noch nicht alle Arbeiten abgeschlossen hat. Gerade hat er eine Handvoll des dunklen Staubs vom Haldenplateau in die Hand genommen, diesen auf Holz und Klebestelle verrieben. Im Laufe der Zeit würden zudem mit Sand versetzte Windwirbel, die gerne über die Halde fegen, ihre Schmiergelarbeit tun – „das ist wie eine Sandstrahlung“, meint Hofmann.
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Die Instandsetzung der Stelen, an der seit Anfang Mai ein kleines Team samt Hofmanns Söhnen mitarbeitet, war ein anstrengendes Stück Arbeit. Und das ist durchaus wörtlich zu verstehen, wiegen die abgesägten Stelen doch zwischen 60 und 80 Kilogramm. Im Atelier wurden sie vorbereitet und angeschliffen, dann auf die Halde gebracht und mit Hilfe von Stützkonstruktionen auf die verbliebenen Stümpfe aufgesetzt. Ein dicker Stahlbohrer, Edelstahldübel und Epoxidharzkleber, zweikomponentig, kamen zum Einsatz. Und zum Abschluss Farbe beziehungsweise dort, wo das pure Holz zu sehen ist, eine andere Form der Oberflächenbearbeitung.
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Wenn Hofmann abends die Baustelle verließ, mit noch nicht ganz getrocknetem Kleber und Flatterband zum Schutz drumherum, wurde es ihm immer etwas mulmig in der Magengegend. Würde jemand über Nacht schon die Standsicherheit der halbfertig reparierten Totems geprüft und sie dadurch in missliche Schieflage gebracht haben? Aber zum Glück sei nichts passiert.
RVR beziffert die Kosten für die Instandsetzung der Totems auf 20.000 Euro
Auftraggeber der Instandsetzungsarbeiten – parallel wurden von Hofmann und Co. routinemäßig alle 102 Totems überprüft und zum Teil nachbearbeitet – ist der Regionalverband Ruhr (RVR) als Besitzer der Halde Haniel. Dessen Sprecher Jens Hapke betont: „Der RVR ist sehr erfreut, dass wir mit Herrn Hofmann das Problem gelöst haben.“ Am Anfang sei es ein echter Schock gewesen, „dass jemand kommt und die Stelen mit brachialer Gewalt absägt“. Kleinere Vandalismus-Schäden gebe es auf den Halden immer mal, dieses Ausmaß jedoch sprengte alles bisher Dagewesene.
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Die Kosten für die Instandsetzungsarbeiten belaufen sich laut Hapke auf rund 20.000 Euro. „Der ideelle Wert einer jeden Stele ist natürlich viel höher.“ Hätte man sich für neue Stelen als Ersatz der abgesägten entschieden, hätte jede einzelne rund 20.000 Euro gekostet, erklärt Guido Hofmann.
Künstler Guido Hofmann: „Die Leute lieben die Installation“
Der Künstler geht nicht davon aus, dass sich eine Sachbeschädigung in diesem Ausmaß an den Totems wiederholt. „Ich glaube nicht, dass es ein neuer Vandalismus-Spot wird“, sagt er. „Die Leute lieben die Installation.“ Während der Arbeit auf dem Haldenplateau habe es viele Gespräche, viel Zuspruch für die Instandsetzung gegeben.
Fassen konnte man den oder die Täter bislang nicht. „Wir haben Polizei und Staatsanwaltschaft eingeschaltet, aber bisher haben die Ermittlungen nichts gebracht“, berichtet RVR-Sprecher Jens Hapke. Hofmanns Sohn Felix ergänzt: „Wir hoffen, dass der oder die sich irgendwann einmal verplappert.“ Sich mit der – ja doch sehr aufwendigen – Tat womöglich brüstet. Wobei mit Bewunderung wohl nicht zu rechnen sein dürfte. „Keiner, der hier aus der Gegend kommt, findet das gut“, unterstreicht Felix.
Enge Abstimmung mit Ibarrola
Guido Hofmann pflegt engen Kontakt zur Familie Ibarrola in Spanien. Agustín Ibarrola, der nächstes Jahr 90 wird, hat die Totems 2002 im Rahmen der Ruhrtriennale geschaffen.
Bei der Aufstellung vor 20 Jahren war Guido Hofmann schon dabei, er kümmert sich seitdem um die Instandhaltung des Kunstwerkes. Und bindet dabei gerne seine Söhne ein: „Ich möchte jemanden haben, der das auch fortführen kann“ – wenn er selbst vielleicht nicht mehr in der Lage dazu ist.
So gibt er weiter, wie die Arbeiten am Holz durchzuführen sind und welche Farbkombinationen bei der Bemalung möglich sind. „Die ändere ich manchmal“, sagt Hofmann – und weiß, dass Ibarrola damit einverstanden ist. Der habe gesagt: „Guido, du weißt doch, wie es geht.“