Bottrop. . Die Friedhofskultur hat sich verändert. Der Bottroper Traditionssteinmetz Rogge hat dennoch gut zu tun. Die Branche wird kleiner.
Friedhöfe haben über die vergangenen Jahrzehnte ihr Antlitz verändert. Klassische bepflanzte Gräber sind längst auf dem Rückzug. Bevorzugt werden Bestattungsarten, die keine weitere Pflege nach sich ziehen. Grabsteine indes sind heute dennoch in vielen Fällen gefragt, sagt Steinmetz Robert Rogge. Er bemerkt sogar: „Das Interesse der Leute ist wieder erweckt.“
Viele wollen keinen Pflegeaufwand
„Die Menschen haben den Wunsch, zum Grab gehen zu können. Aber sie möchten sich nicht intensiv darum kümmern müssen“, sagt der Chef des Steinmetz-Traditionsbetriebs Rogge, den es seit bald 90 Jahren im Fuhlenbrock gibt. Ein Grund dafür ist, dass Familienangehörige heutzutage oft nicht mehr am Ort leben. Die Pflege in Auftrag zu geben, ist nicht zuletzt auch eine Kostenfrage.
„Es gab eine Zeit, als die anonymen Grabfelder ganz schnell voll belegt waren“, erinnert sich der 56-Jährige. Als klar geworden sei, dass die traditionellen Bestattungsformen nicht mehr so angenommen werden, hätten sich die Bottroper Grabsteinmetze mit der Stadt zusammengesetzt. Um die zehn Jahre sei es bestimmt schon her, meint Rogge, dass dann die Wiesenpflegegräber entwickelt wurden. Bei diesen bleibt der Grabstein mit einer Ablagefläche für Grabschmuck zentral, doch drumherum sät und mäht die Stadt Wiese. „Gespart wird hier nicht am Stein, sondern an der Pflege“, so der Steinmetz und Steinbildhauer.
Auch Urnenstelen sind gefragt
Der Umfang, in dem Grabsteine nachgefragt werden, ist dennoch nicht mehr der gleiche wie früher. Neben den Wiesepflegegräbern sind in Bottrop vor allem Urnenstelen stark gefragt. Die – weniger aufwändigen – Platten mit den Namen der Verstorbenen, die dort angebracht werden, liefert auch der Grabsteinmetz.
Weitere Betätigungsfelder sind zum Beispiel flächendeckende Grabplatten oder auch Grab-Einfassungen aus Granit – „statt der früheren Buchsbaumhecken“. Dass zumindest bei Rogge auch Brunnenanlagen und Skulpturen für den Gartenbereich in Auftrag gegeben werden können, vergisst der Chef fast zu erzählen – so sehr steckt er im Friedhofsgeschäft.
Grabsteinmetze werden immer weniger
Dass die Geschäfte trotz der gewandelten Friedhofskultur gut laufen, liegt nicht zuletzt daran: „Es gibt immer weniger Grabsteinmetze. Wir haben auch so viel zu tun, weil andere aufhören“, sagt der 56-Jährige. „Man bekommt keinen Nachwuchs mehr.“ In Bottrop seien hauptsächlich noch zwei weitere Grabsteinmetze aktiv.
Robert Rogge beliefert darüber hinaus mit seinem kleinen Unternehmen Kunden in einem Umkreis von 50 Kilometern, erzählt er. Was in Bottrop – auch für die anderen verbliebenen Grabsteinemetze – laufe, gilt aber offenbar so nicht überall. Rogge weiß zum Beispiel von einem Branchen-Kollegen in Dorsten, der sich teils schon auf Arbeiten fürs Baugeschäft verlegt habe.
Fuhlenbrocker Betrieb wurde 1929 gegründet
Der Fuhlenbrocker Betrieb wurde im Oktober 1929 von Robert Rogges Großvater Alfons, einem Steinmetzmeister, gegründet. Mitte der 1980er-Jahre gab der Gründer den Betrieb an Roberts Vater Norbert (†) und Mutter Elfriede (80) weiter. Und heute führt die dritte Generation das Geschäft. Zwei ausgebildete Steinmetze und eine 450-Euro-Kraft packen tatkräftig mit an.
Ein Grabstein sei aktuell zum Preis von 350 bis 12.000 Euro zu haben – je nach Material und Bearbeitungsaufwand. Die meisten Steine bei Rogge stammen aus Indien, China, Skandinavien, teilweise aus Deutschland. „Wir arbeiten mit Firmen zusammen, die zertifiziert sind, dass sie die Steine nicht mit Kinderarbeit herstellen“, betont er. „Wir übernehmen die Beschriftung, die Ornamente, schleifen teils auch selbst, wie der Kunde es will.“
Eine Frage der Kosten
Gern fertigt der 56-Jährige auch komplett handwerkliche Steine aus heimischem Material wie Sandstein – das kostet aber entsprechend. Aufstellen, Abbauen und Reparaturen gehören ebenso zum Geschäft.
Auch Grabsteine können heute übrigens im Internet bestellt werden. „Das scheint auf den ersten Blick natürlich billiger zu sein“, sagt Rogge. Doch dazu komme der Transport, die Beschriftung, das Aufstellen auf dem Friedhof – „wer macht das dann?“