Bottrop. Gründonnerstag schließen Bottrops Alte Stuben für immer. 27 Jahre war Sabine Behrendt das Gesicht der Kneipe. Doch am Ende gab es Probleme.

Ein letztes Abendmahl der etwas anderen Art bewegte am Gründonnerstag zahlreiche Menschen in der Stadtmitte. Denn nach über einem Vierteljahrhundert ging die Ära Behrendt in den Alten Stuben zu Ende. Vor einigen Wochen hatte Wirtin Sabine Behrendt durch den Vermieter die Kündigung erhalten (die WAZ berichtete). Seit 2005 war die „Wirtin mit Herz“, wie viele Stammgäste die Bottroperin nennen, auch Pächterin der Traditionskneipe, in der sie zu dem Zeitpunkt bereits seit zehn Jahre gearbeitet hat.

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Damit verlieren Vereine, Gruppen und viele Kunden, die auf ein, zwei Pils reinschauten, „ihr Wohnzimmer“, ihren Treffpunkt. Und auch Sabine Behrend muss öfter tief durchatmen an diesem Abend, der ein Abschied für immer ist von „ihrem Baby“. Sicher, nicht alles ist einfach oder gar reibungslos abgelaufen in den letzten Jahren. Pachtrückstände, nicht eingehaltene Vereinbarungen soll es gegeben haben, Dinge, die Sabine Behrendt nicht genannt habe, als die Schließung der Alten Stuben öffentlich geworden sei. Und so möchten weder Cornelia Wienisch vom Immobilienverwalter „Immoserv.Wienisch UG“ noch Eigentümer Thomas Doussier einseitige Schuldzuweisungen stehen lassen, an deren Ende das endgültige Aus der Gaststätte nun steht.

Differenzen zwischen Eigentümer und Pächterin

Bereits Ende 2016, also lange vor der Corona-Pandemie, habe eine Kündigung im Raum gestanden. dennoch habe Ernst Doussier, später auch Thomas Doussier als neuer Eigentümer, immer wieder mit Sabine Behrendt nach Lösungen gesucht und mehrfach Vereinbarungen getroffen mit dem Ziel, die Alten Stuben weiter zu bewirtschaften, so Cornelia Wienisch.

An diese Vereinbarung habe sich Frau Behrendt nur sehr halbherzig gehalten oder gemachte Versprechen nicht gehalten und die Pandemiezeiten habe der Eigentümer der Pächterin teilweise gar nicht berechnet, so die Verwalterin. Letztlich sei zum 31. Januar 2022 die Kündigung ausgesprochen worden und der Eigentümer habe sich bereit erklärt, die Räumungsfrist bis Ende April zu verlängern.

Brigitte Reimann, Gerda Steiner und Rosi Kerlin in der „Schalke-Ecke“ der Alten Stuben. Noch ist das letzte Pils nicht ausgetrunken. Der Abend ist noch lang - aber dann ist endgültig Schluss. Eine fast 60-jährige Kneipentradition geht an diesem Ort zu Ende.
Brigitte Reimann, Gerda Steiner und Rosi Kerlin in der „Schalke-Ecke“ der Alten Stuben. Noch ist das letzte Pils nicht ausgetrunken. Der Abend ist noch lang - aber dann ist endgültig Schluss. Eine fast 60-jährige Kneipentradition geht an diesem Ort zu Ende. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Dennoch können Verwaltung wie Eigentümer sehr gut verstehen, dass Sabine Behrendt enttäuscht und traurig sei. Denn: „Wir haben Frau Behrendt immer für eine Wirtin mit Leib und Seele gehalten.“ Und damit stehen sie nicht allein, wie sich am letzten Öffnungsabend zeigt. Schon am frühen Abend kommen die ersten Stammkunden. Manche haben Geschenke dabei, anderen bringen frische Blumen. Die kommen natürlich später mit nach Hause. Denn ein Nachher oder ein Bier zu Ostern wird es ja nicht mehr geben.

Die Bottroper Stammgäste vermissen Sandra Behrendt jetzt schon

Aber auch Tränen gibt es heute nicht bei Sabine Behrendt, auch wenn man ihr noch so tief in die Augen schaut. „Das war vorher, jetzt hab ich mich mit allem arrangiert und dann wird nur noch weggeräumt.“ aber wer weiß, was ein paar Stunden später noch passiert. Männer am Tresen nicken. Einer ist seit 1992 Stammgast. Sein 30-Jähriges hat er immerhin noch geschafft in den Alten Stuben.

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Eigentlich schade. Denn auch die Gaststätte selbst hätte im nächsten Jahr ein Jubiläum feiern können. 60 Jahre steht dann das Haus an der Ecke Lamperfeld/Hans-Böckler-Straße. Die ersten machen es sich bei den lauen Temperaturen schon draußen am Stehtisch gemütlich. In der „Schalke-Ecke“ sitzen drei Damen, offensichtlich alles Stammbesetzung. Die Stimmung ist locker, aber nicht ausgelassen, wie auch am Abschiedsabend. Und die meisten wissen es ja schon: Sabine Behrendt bleibt ihnen und Bottrop erhalten.

„Ein bisschen entspannen, keine Verwaltung, kein Papierkram, das ist auch schön“, sagt die Wirtin. aber so ganz will sie die Beine noch nicht hochlegen. Demnächst kann man sie bei Triebe treffen, im Supermarkt. Nicht beim einkaufen. „Einen kleinen Job möchte ich ja schon noch machen.“ Mit Menschen und Service hat sie es ja dann auch zu tun. Nur eben eine andere Branche.