Bottrop. Tempo 30 am Bottroper Rathaus? Ja aber, sagen SPD und CDU. Sie wollen lieber später eine Tempo-30-Zone als jetzt viele Schilder. Das gibt Streit.
Gegen Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit im Rathausviertel haben auch die Ratsparteien prinzipiell nichts einzuwenden. Für die CDU hat das Straßenverkehrsamt es mit seiner Anordnung allerdings zu eilig. „Wir halten das für verfrüht. Wir wissen nicht, was das überhaupt kostet“, sagte CDU-Verkehrssprecher Frank Kien. Die Union hält die Ausweisung einer Tempo- 30-Zone im Viertel um das Rathaus für sinnvoller, als an den Straßen lauter Tempo 30-Schilder aufzustellen. Dazu will sie erst die Umbauten am Rathausplatz oder an der Lamperfeld-Kreuzung abwarten. Mit Tempo 10 am Rathausplatz und am Saalbau-Gelände kann sich Frank Kien schon gar nicht anfreunden.
Das sieht die SPD ähnlich. „Die Tempo 30-Zone ist sinnvoller, als 30 bis 40 neue Verkehrsschilder aufzustellen“, sagte SPD-Sprecher Daniel van Geister, „wir sollten der Tempo 30-Zone daher schnell den Weg ebnen“. Straßenverkehramtsleiterin Monika Werwer hat viele Ratsvertreter mit ihrem Coup jedenfalls völlig überrascht: die CDU negativ, die Grünen positiv. „Wir müssen schnell weg von Tempo 50“, sagte Grünen-Ratsherr Roger Köllner. Das Hin und Her zwischen Tempo 50 und Tempo 30 auf einer Reihe von Straßen rund ums Rathaus sei für alle viel zu unübersichtlich, stimmte der Grüne im Verkehrsausschuss der gar nicht anwesenden Behördenleiterin zu - auch wenn auch er ein Gesamtverkehrskonzept für die Innenstadt für die bessere Lösung hält.
Die Entscheidung fiel über die Köpfe der Ratsvertreter hinweg
Ob die Ratsvertreter die kommende Beschilderung auf den Straßen im Rathausviertel befürworten oder nicht, spielt allerdings gar keine Rolle. Sie haben das nicht zu entscheiden. Straßenverkehramtsleiterin Monika Werwer ordnet die neuen Tempolimits jetzt an - und zwar Straße für Straße. Auf diese Weise hebelt sie die Entscheidungshoheit des Verkehrsausschusses und sogar des Stadtrates aus. Denn die Ratsvertreter haben erst dann das Sagen, wenn es um die Ausweisung von Tempolimits ganzer Verkehrszonen geht. „Die Beschilderung einzelner Straßen ist laufendes Geschäft der Verwaltung“, erklärte seinen Ratskolleginnen und Ratskollegen auch Verkehrausschussvorsitzender Rüdiger Lehr.
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Für kurzfristige Irritation sorgte, dass die Stadt in der Beschreibung der Maßnahme für die Ratsvertreter finanzielle Auswirkungen in Höhe von sage und schreibe 779.000 Euro vermerkt hatte. Dabei handelt es sich jedoch um die Summe für alle derartigen Vorhaben in diesem Jahr. Die tatsächlichen Kosten für die Beschilderung im Rathausviertel hängen davon ab, wie groß der Aufwand sein wird. Tiefbauamtsleiter Heribert Wilken stellte daher auch klar, dass die Kosten für die Geschwindigkeitsreduzierung in der nördlichen Innenstadt bei weitem nicht so hoch seien.
Bottroper Bauhof bringt etwa 20 Verkehrsschilder an
Die Leiterin des Straßenverkehrsamtes habe darum gebeten, dass insgesamt 15 Tempo 30-Schilder und vier Tempo 10-Schilder angebracht werden, berichtete er. „Wir werden die Schilder an den vorhandenen Masten anbringen“, sagte Heribert Wilken. Im Grunde werden dabei zumeist die alten Tempo-50-Schilder gegen die neuen ausgetauscht. Den Job übernehmen Mitarbeiter des städtischen Bauhofes. Vor allem die Union, aber auch die SPD, musste sich für ihre kritische Haltung daher auch Kritik gefallen lassen.
ÖDP-Ratsherr Markus Stamm wies darauf hin, dass die Bezirksvertreter in der Stadtmitte ihre Forderung nach Tempo 30 rund ums Rathaus seit nunmehr acht Jahren wieder und wieder erheben. „Fragen Sie einmal die Menschen, die da wohnen. Auch die Verwaltung wird froh sein, wenn da der Verkehr beruhigt wird“, sagte Stamm. Auch SPD-Bezirksvertreterin Sandra Behrendt bestätigte das. „Die Forderung steht schon ewig auf der Agenda“, sagte die Fraktionschefin der SPD-Bezirksvertreter. Bis eine Tempo 30-Zone ums Rathaus eingerichtet werden könne, dauere es noch länger.
CDU in Bottrop kritisiert Tempo 10 vor dem Rathaus
Umbauten für geringeres Tempo
Die Beschilderung für Tempo 30 und Tempo 10 auf den Straßen ums Rathaus ist aus sicht der Verwaltung nur ein Zwischenschritt. Um Tempo zu reduzieren, ist es geplant, nach dem Vorbild der Kirchhellener Straße auch am Ernst-Wilczok-Platz auf der Straßenseite der Rathausschänke die Fahrbahn bis auf die Höhe des Bürgersteiges anzuheben. Autos sollen dann nur noch direkt vor dem Rathaus herfahren.
Bauliche Veränderungen stehen auch an der Kreuzung vom Roonstraße, Am Lamperfeld und Kirchhellener Straße an. Die Bezirksvertretung Mitte hat beschlossen, dass dort ein Kreisverkehr gebaut wird. Das verzögert die Ausweisung der Tempo-30-Zone im Rathausviertel, die auch Baudezernent Klaus Müller zum Ziel erklärt hatte. Müller unterstützt aber den Vorstoß des Straßenverkehrsamtes ausdrücklich, um die Tempoverringerung im Rathausviertel schneller zu erreichen
Linke-Ratsherr Niels Schmidt warf den Vertretern von SPD und CDU daher vor, ihre Bedenken nur vorzuschieben, damit Autofahrer weiterhin schneller fahren können. Das wiesen diese zwar entschieden zurück, doch CDU-Sprecher Frank Kien hält an seiner Kritik an der geplanten Tempo-10-Regelung vor dem Rathaus fest. „Die Kriechgeschwindigkeit kann niemand fahren. Man kann an der Kirchhellener Straße doch schon sehen, dass Tempo 10 sowieso niemand einhält“, sagte Kien. Verkehrausschussvorsitzender Lehr machte daher klar, welche Aussage eigentlich hinter der Schrittgeschwindigkeitsvorschrift stecke. Diese laute: Autofahrer sind hier unerwünscht.
Das Straßenverkehrsamt begründet das Tempo 10-Limit jedoch damit, dass der Verkehrslärm auf den mit Kopfsteinpflaster belegten Straßen am Rathaus zu hoch sei, wenn Autos dort schneller fahren. CDU-Sprecher Frank Kien merkte dazu ironisch fragend an, ob die plötzliche Handlungswut der städtischen Ämter womöglich darauf zurückzuführen sei, dass Oberbürgermeister Bernd Tischler und Beigeordneter Paul Ketzer sich zu sehr über ein paar Autogeräusche ärgern, wenn sie im Rathaus ihre Bürofenster öffnen.