Bottrop. Die angekündigte Befreiung von Straßenbaubeiträgen wäre für viele Bottroper eine Erleichterung. Es entfallen jedoch nicht alle Straßenbaukosten.

Die von den Regierungsparteien CDU und FDP angekündigte Befreiung der Anwohner von Straßenbaubeiträgen weckt in Bottrop vorsichtige Hoffnungen, trifft aber auch auf Skepsis. So spricht Markus Kruse, der Geschäftsführer des Haus & Grund-Vereins, nur von einem „ersten Erfolg bei unserem Kampf gegen Straßenbaubeiträge“. Baudezernent Klaus Müller weist außerdem darauf hin, dass die angestrebte Novellierung keineswegs bedeute, dass die Bürger demnächst gar nichts mehr für den Bau von Straßen bezahlen müssten.

„Zunächst ist diese Befreiung eine große finanzielle Erleichterung für die Grundstückseigentümer“, erkennt Müller an. Der Beigeordnete macht jedoch darauf aufmerksam, dass dies nur für Straßenbaubeiträge gilt, die die Stadt gemäß Kommunalabgabengesetz des Landes von den Grundstückseigentümern verlangen muss. Auf das Erschließungsbeitragsrecht gemäß Baugesetzbuch des Bundes sei die Neuregelung dagegen nicht anwendbar. „Das bedeutet, dass die erstmalige endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen in einem Baugebiet nach wie vor beitragspflichtig ist“, erklärt der Baudezernent. „Dies betrifft zum Beispiel aktuell die Hackfurtstraße“.

Regel gilt nur für Straßenausbauten, die ab 2018 beschlossen wurden

Ohnehin zahle das Land die Fördergelder auch nur für solche beitragspflichtigen Erneuerungsmaßnahmen von Kanälen und Straßen, die ab dem 1. Januar 2018 beschlossene Sache wurden. Diese Vorschriften sollen bei der Neuregelung weiterhin gelten. Das Bottroper Finanzressort muss bei Straßenausbauten, die schon vor 2018 beschlossen waren, weiterhin auch die Grundstückseigentümer zur Kasse bitten.

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Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Bauarbeiten eines vor 2018 beschlossenen Straßenausbaus erst später begonnen haben sollten. Maßstab für den Zuschuss des Landes sei nicht etwa der Beginn der Bauarbeiten, sondern der Zeitpunkt, zu dem der Straßenausbau im Rat oder seinen Fachausschüssen beschlossen wurde. Die Stadt selbst hat darauf keinen Einfluss. Ihre Tiefbauer könnten die Bürger daher auch nicht durch einen späteren Baubeginn von der Beitragspflicht befreien.

Bottroper Eigentümerverein spricht nur von erstem Erfolg

Der Haus & Grund-Verein, der sich schon seit Jahren für eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge einsetzte, hält diese ohnehin für unsozial und ungerecht. Die betroffenen Grundstückseigentümer müssten bisher in Einzelfällen sogar vier- oder fünfstellige Summen aufbringen. „Die höchst umstrittenen Straßenausbaubeiträge sollen nun endlich abgeschafft werden“, erklärt Geschäftsführer Kruse. Der Einsatz des Haus & Grund-Vereins, der sich mit dem Bund der Steuerzahler auch in der Volksinitiative zur Abschaffung der Straßenbaubeiträge engagiert hatte, habe sich daher gelohnt.

Straßenmodernisierungen sind für viele Bürger auch in Bottrop oft ein Aufregerthema, weil sie einen Teil der Kosten dafür tragen müssen. Hier stellte Beigeordneter Klaus Müller in einer  Bürgerversammlung Modernisierungspläne für einen Abschnitt der Horster Straße vor.
Straßenmodernisierungen sind für viele Bürger auch in Bottrop oft ein Aufregerthema, weil sie einen Teil der Kosten dafür tragen müssen. Hier stellte Beigeordneter Klaus Müller in einer Bürgerversammlung Modernisierungspläne für einen Abschnitt der Horster Straße vor. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Die bisherige Regelung, nach der das Land die Anwohnerbeiträge zur Hälfte mit Geldern aus einem Förderetat übernimmt, reicht dem Eigentümerverein nämlich nicht aus. Die nun von CDU und FDP angestrebte Neuregelung sieht vor, dass das Land die auf die Anwohner zu verteilenden Kosten komplett mit den Geldern aus diesem Förderprogramm ausgleicht. Die Landesförderung der Anlieger wird somit von 50 auf 100 Prozent erhöht. Dies sei auch ein erster Erfolg der Bürger in Bottrop, die die Volksinitiative unterstützt hatten, erklären der Haus & Grund-Verein wie der Bund der Steuerzahler in NRW ausdrücklich.

Tausende Bottroper unterstützten die Volksinitiative

Denn laut Steuerzahlerbund kamen immerhin 3.630 der 440.000 Unterschriften, die die Volksinitiative gesammelt hatte, aus Bottrop. „Der Wegfall der Straßenbaubeiträge ist ein Erfolg auf ganzer Linie. Er entlastet die Bürgerschaft in Bottrop nachhaltig bei den Wohnkosten, befreit die Bottroper Stadtverwaltung von Bürokratie und entlastet sogar die Verwaltungsgerichte, die ständig mit Rechtsstreitigkeiten rund um die Erhebung des Straßenbaubeitrags beschäftigt waren“, meint Rik Steinheuer, der Vorsitzende des Steuerzahlerbundes NRW.

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Haus & Grund-Geschäftsführer Markus Kruse reagiert da skeptischer. Er fordert ausdrücklich, die vollständige Abschaffung der Straßenbaubeiträge auch unverzüglich ins Gesetz zu schreiben. Es könne nicht sein, dass den Bürgern je nach Kassenlage des Landes und aktueller Größe des Förderetats finanzielle Lasten aufgebürdet werden. „Wichtig ist dabei, dass der Fördertopf des Landes angemessen ausgestattet wird, damit die Kommunen nicht auf den Kostenanteilen sitzen bleiben, die bisher über Gebühren finanziert wurden“, mahnt auch Baudezernent Klaus Müller.

Land muss Bottrop die Beiträge der Bürger in gleicher Höhe erstatten

Das Förderprogramm

Im Umgang mit dem jetzigen Förderprogramm, wonach das Land die Hälfte der Straßenbaubeiträge, die sonst die Bürgerinnen und Bürger zahlen müssten, mit Fördergeldern ausgleicht, hat die Stadt noch keine eigenen Erfahrungen gemacht. Denn sie hat nur Straßenerneuerungen abgerechnet, die bereits vor 2018 beschlossen wurden. Die Verwaltung teilt mit, dass sich für Nachbarstädte bei den Zuschussabrechnungen keine nennenswerten Probleme ergeben hätten.

Die bestehende Regelung soll nun zum Vorteil der Grundstückseigentümer verbessert werden, in dem das Land deren gesamten Straßenausbaubeiträge übernimmt und als Fördergelder an die Kommunen auszahlt. Der Bund der Steuerzahler weist darauf hin, dass nach der Landtagswahl das Kommunalabgabengesetz so geändert werden soll, dass die Straßenbaubeiträge zukünftig gar nicht mehr erhoben werden.

Denn nach ersten Informationen der Stadt soll die grundsätzliche Rechtslage ja zumindest zunächst gar nicht geändert werden. Beitragsfähige Herstellungskosten müssten nach wie vor auf die Kommune und die Grundstückseigentümer verteilt werden. Wenn die finanzielle Beteiligung der Grundstückseigentümer entfalle, müsste das Land deren Beiträge in gleicher Höhe an die Stadt zahlen. Schließlich liege der Anteil der Grundstückseigentümer bei etwa 50 Prozent der Gesamtkosten einer Straßenbaumaßnahme.

Anders als der Bund der Steuerzahler rechnen die Fachleute der Stadt daher auch nur damit, dass der Verwaltungsaufwand für sie vorerst allenfalls ein wenig abnehmen werde. Es bleibe ja auch weiterhin ihre Aufgabe, die Straßenausbaumaßnahmen abzurechnen und für deren Gegenfinanzierung zu sorgen. „Das bedeutet im Klartext, dass diese Baumaßnahmen nicht mehr mit den jeweiligen Grundstückseigentümern abgerechnet werden, sondern unmittelbar mit dem Land“, erklärt Baudezernent Klaus Müller.