Bottrop. Vor einem Jahr hat Karolina Köster das Sisterhood-Netzwerk gegründet. Ein Besuch bei den charakterstarken Schwestern zum Weltfrauentag.
Heute ist Frauentag, ganz offiziell. Wie an jedem 8. März seit rund 100 Jahren wird gefeiert und auf Frauenrechte aufmerksam gemacht. Als Symbol findet Karolina Köster, Gründerin des Frauen-Netzwerks Sisterhood Bottrop, diesen Tag weiter wichtig. Denn auch wenn der Anspruch auf Gleichberechtigung, das Einstehen für die eigenen Interessen und das Feiern des Frau-Sein für viele Sisterhood-Schwestern an jedem Tag im Jahr selbstverständlich sind, liegt noch so manches im Argen.
Allgemein betrachtet sind das zum Beispiel die Lohnlücke zwischen Männer und Frauen oder die ungleiche Besetzung von Vorstandsposten. Konkret erlebt wird von Karolina Köster dies: „Wir Frauen werden immer noch zu sehr beobachtet und bewertet.“ Fängt ein Mann einen neuen Job an, würde er in der Firma nicht gefragt, ob er Kinder habe. Bei Frauen sei das immer Thema.
„Trägt eine Frau Lippenstift und hohe Schuhe wird gefragt: Ist sie überhaupt kompetent?“, nennt die Bottroperin ein weiteres Beispiel. Ihre „Schwester“ Madeleine Lindner kann ihr nur beipflichten. „Ich arbeite in einer Männerdomäne, als Fachkraft für Arbeitssicherheit in der Industrie.“ Wenn sie „als halbe Person“ reinkomme, werde sie anfangs oft belächelt. „Aber wenn ich auf den Tisch haue, müssen die Männer sputen.“
Sisterhood Bottrop feiert jetzt ihren ersten Geburtstag
Letztendlich hat die Bottroperin Karolina Köster die Plattform Sisterhood vor einem Jahr während der Corona-Pandemie mit ihren sozialen Beschränkungen „im Affekt“ auch deshalb aus der Taufe gehoben, weil sie das Gefühl hatte: Vieles in Bottrop ist männlich geprägt. „Ob das nun im Rathaus ist, ob das die Organisatoren von Veranstaltungen sind oder wer in der Stadt beteiligt ist.“ Aber: „Wir haben eigentlich so viele tolle Frauen in der Stadt, über die nicht so viel gesprochen wird.“
Mit Sisterhood ändert die Frau das, die selbst als gelernte Gestalterin für visuelles Marketing zusammen mit ihrem Mann ein Unternehmen im Bereich Home-Sicherheitstechnik betreibt. Sie stellt auf digitalem Wege in den sozialen Netzwerken Bottroper Frauen aller Couleur vor, mit und ohne Unternehmen. „Die Resonanz war sofort schön und richtig lieb.“ Als hätten viele Bottroperinnen nur darauf gewartet. Ihren ersten Sisterhood-Video-Talk führte Karolina Köster mit der mehrfachen Thaibox-Weltmeisterin Julia Symannek. Bald folgte Tattoo-Artist Simone Mölders, die nach einer aggressiven Brustkrebs-Erkrankung im jungen Alter von 32 Jahren samt Brust-Amputation ihr Leben noch einmal neu sortiert hat.
Sisterhood Bottrop: Längst treffen sich die Frauen auch im realen Leben
Längst treffen sich die Frauen auch im realen Leben. Die beiden erzählen, was das Netzwerk für sie bedeutet. „Es hat sich herausgestellt, dass man so viele gute Ideen entwickeln kann, wenn man verschiedene Frauen an einen Tisch bringt“, sagt Simone Mölders. Das trage auch zur persönlichen Weiterentwicklung bei, findet Julia Symannek, es helfe, offener zu sein, Ideen von anderen anzunehmen.
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Zudem: „Es ist schön, Ansprechpartner zu haben.“ Durch das Netzwerk lasse sich ebenso schnell eine benötigte Dienstleistung finden wie auch Rat und Erfahrung in bestimmten Lebenslagen. Und es könne Mut machen, könne Frauen unbekanntes Terrain – ob nun den Kampfsport oder das Leben nach Krebs – durch positive Beispiele nahe bringen. So sagt Simone Mölders: „Ich sehe nicht ein, warum ich mich verstecken soll. Ich zeige mich, auch nackt bei Instagram. So viele sind betroffen, man muss das auch mal ansprechen. Wenn dadurch nur eine Frau regelmäßig zur Vorsorge geht, ist schon etwas gewonnen.“
Die Bottroper Frauen inspirieren sich gegenseitig
Die Frauen sind einander Inspiration. Dabei betont Julia Symannek: „Jede ist so wie sie ist. Jede muss so, wie sie ist, nach vorne gehen, und niemanden kopieren!“
Mit den teilnehmenden Frauen im Netzwerk hat Sisterhood sich weiterentwickelt – auch hin zu Events, wo trotz Corona möglich. Bei dem ersten dieser Art im Corretto konnten über 4000 Euro für die Fluthilfe Bottrop gesammelt werden.
Noch einmal zurück zum Weltfrauentag: Für Bottrops Tortenbäcker Da Rino – oder besser: für dessen Instagram-Auftritt – haben die Sisterhood-Frauen aus diesem Anlass ein Video gedreht. Moderner Feminismus, findet Karolina Köster, kann bunt und lebendig sein. Und vertritt die Vielfalt, die Diversität der Frauen mit ihren Lebensentwürfen. Simone Mölders betont: „Wir Frauen müssen darauf achten, uns nicht so klein zu machen und zu sehen, was wir leisten.“ Jeden Tag.
Die Schwestern werden für die Stadt aktiv
Knapp 1000 Follower zählt der Instagram-Auftritt sisterhood.bottrop. Über diesen Kanal passiere inzwischen mehr als über Facebook (Facebook.com/sisterhoodbottrop/), berichtet Karolina Köster. Bei den Reels, den bewegten Bildern, gebe es sogar zwischen 2500 und 4000 Aufrufe – „das ist der Wahnsinn!“Auch von dem Unternehmerinnen-Netzwerk Powerfrauen Bottrop erhält die jüngere Sisterhood-Gemeinschaft Zuspruch. „Deren Gründerin Bianka Heinz hat zu uns gesagt: Je mehr es für Frauen gibt, desto besser“, freut sich Karolina Köster. Die beiden Plattformen sprechen unterschiedliche Zielgruppen an.Zur weiteren Planung: Sisterhood Bottrop möchte sich am Stadtfest mit einem Vintage-Markt beteiligen. Den „Schwestern“ ist es wichtig, auch selbst etwas für die Belebung und Bereicherung Bottrops in die Hand zu nehmen.