Bottrop. Der Bottroper Devrim Huys bricht zu einem Hilfseinsatz an die polnisch ukrainische Grenze auf. Für ihn ist es nicht der erste Einsatz dieser Art.

Was ihn genau erwartet, weiß Devrim Huys noch nicht. Der Bottroper bricht am Montag zur polnisch-ukrainischen Grenze auf, um dort zu helfen und ankommende Flüchtlinge zu versorgen. Er kennt die Bilder aus den Nachrichten und er hat Kontakt zu anderen Helfern über das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR). Durch seinen Einsatz für die Bottroper Osteuropahilfe war er zudem schon des Öfteren in der Region. Trotzdem wisse er jetzt noch nicht genau, worauf er sich da einlasse.

Es sei auch nicht hilfreich, im Vorfeld allzu viele Pläne zu machen, sagt der 37-Jährige. Vor seinem ersten Einsatz, vor drei Jahren an der serbisch-ungarischen Grenze – dort hat er afghanische Flüchtlinge betreut – habe er den Fehler gemacht. „Ich habe mir im Vorfeld genau ausgemalt und geplant, was ich da tun werde und vor Ort war dann alles ganz anders und ich konnte alle Überlegungen über den Haufen werfen“, erinnert er sich.

Bottroper engagiert sich schon lange in der Osteuropahilfe

Also lässt er es diesmal ruhiger angehen. Was er genau in seinen anderthalb Wochen vor Ort machen wird, steht noch nicht fest. Das erfahre er vor Ort. Vielleicht wird er tatsächlich in einem der Flüchtlingslager in Polen gebraucht, vielleicht kann er helfen und Flüchtlinge vom Bahnhof aus weiter transportieren. „Egal was, es gibt auf jeden Fall genug zu tun“, weiß der Sozialarbeiter, der dankbar ist, dass die Caritas als sein Arbeitgeber ihm kurzfristig Urlaub für seinen Einsatz ermöglicht hat.

Elisabeth Alemany hat die Osteuropahilfe in Bottrop ins Leben gerufen.
Elisabeth Alemany hat die Osteuropahilfe in Bottrop ins Leben gerufen. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Osteuropa ist für ihn kein Neuland. Er engagiert sich schon lange in der Osteuropahilfe in Bottrop, hat auch schon Hilfstransporte in die verschiedenen Länder der Region und auf den Balkan begleitet. Dadurch hat er vor Ort auch Anlaufstellen, Partner, mit denen die Osteuropahilfe schon seit Jahrzehnten vertrauensvoll zusammen arbeite, sagt Elisabeth Alemany, die Leiterin der Hilfsorganisation.

Bottroper unterstützen seit vielen Jahren Orden in Polen und Ukraine

Devrim Huys wird deshalb auf dem Weg zur Grenze auch in Krakau Station machen. Dort sitzt der Orden der Albertiner, der schon seit vielen Jahren Unterstützung aus Bottrop erhält. Der Orden versorgt Arme und Obdachlose und in der Zeit jetzt selbstverständlich auch Flüchtlinge. Zudem gehören auch zwei Klöster in den ukrainischen Städten Lviv (Lemberg) und Saporischja zum Orden. Dort werden derzeit diejenigen versorgt, die nicht fliehen können.

Über die jeweiligen Paten in Deutschland sei die Osteuropahilfe derzeit in Kontakt mit den Gruppen und wisse um die Situation vor Ort. So könnten die Mönche in der Ukraine derzeit keine Lebensmittel besorgen, das sei die größte Sorge, berichtet Elisabeth Alemany. Für die Flüchtlinge benötige man außerdem warme Kleidung, Decken, aber auch Powerbanks, um Handys aufladen zu können, ergänzt Devrim Huys.

Entwicklung vor Ort an der Grenze ist sehr dynamisch

Möglicherweise werde er auf seiner Fahrt auch Hilfsgüter mitnehmen. Das entscheide sich kurzfristig. Die Entwicklung vor Ort sei sehr dynamisch „Wenn, dann wollen wir nur das mitnehmen, was vor Ort tatsächlich gebraucht wird,“ Neben den Albertinern unterstützt die Osteuropahilfe schon seit vielen Jahren die Malteser an der rumänisch-ukrainischen Grenze. Auch die kümmern sich nun um die Versorgung ukrainischer Flüchtlinge.

Seit 31 Jahren sei man in der Region aktiv, sagt Elisabeth Alemany. Das komme der Organisation nun zugute, da man auf die Kontakte aufbauen könne und so genau erfahre, was gebraucht werde. Gleichzeitig könne man auch sicher sein, dass die Hilfe auch da ankommt, wo sie benötigt werde.

Vertrauenswürdige Partner vor Ort sind wichtig

Tatsächlich ist das auch eine Sorge, die große Hilfsorganisationen derzeit umtreibt. Viele Menschen wollen helfen, organisieren teils auf eigene Faust Transporte in die Grenzregion. Doch ohne vertrauenswürdige Partner sei das schwierig, es drohe die Gefahr, dass Hilfsgüter an der ukrainischen Grenze auch in die Hände krimineller falle und auf dem Schwarzmarkt lande.

Das Rote Kreuz in der Ukraine und den Nachbarländern appelliert, die stark beanspruchten Logistik- und Hilfeleistungsstrukturen nicht zu blockieren. „Gut gemeinte, aber nicht abgestimmte Lieferungen füllen Lagerhäuser, binden Transport- und Sortierkapazitäten. Sie helfen leider nicht, sie behindern vielmehr die humanitäre Arbeit vor Ort.“ Der Bottroper DRK-Geschäftsführer Benedikt Böhm-Eichholz warnt, dass die Schwesterorganisationen im Krisengebiet derzeit keinerlei Kapazität hätten, „zur Annahme nicht zentral abgesprochener und nicht zentral angeforderter Hilfslieferungen und Unterstützungsangebote“.

Bottroper: „Jeder Mensch kann nach seinen Fähigkeiten helfen“

Auch angesichts solcher Schilderungen rechnet Devrim Huys damit, dass es vor Ort in der Grenzregion sehr unkoordiniert zugehen wird. Von der einen Seite komme die teils nicht abgestimmte Hilfe, von der anderen die Flüchtlinge. „Wahrscheinlich gibt es da vor Ort auch viele Menschen, die überfordert sind durch alles, was jetzt auf sie einprasselt. Dazu kommen die Emotionen der Flüchtlinge und deren Erlebnisse.“ Die kennt er teils aus seinem beruflichen Alltag. Als Caritas-Mitarbeiter arbeitet er in Bottrop auch mit jungen Flüchtlingen, die im Kinderdorf untergekommen sind.

Und so geht Huys nicht von einem leichten Einsatz aus. Dennoch ist für ihn klar, sich da vor Ort zu engagieren. Er ist überzeugt: „Jeder Mensch kann nach seinen Fähigkeiten helfen. Und ich kann eben gut anpacken. Ich habe die Erfahrung und weiß, wie wichtig Unterstützung ist.“ Gleichzeitig kenne er aber auch seine Grenzen. Er werde nicht in die Ukraine gehen, bleibe immer auf EU-Gebiet.

Spendenkonten

Die Bottroper Osteuropahilfe ist Teil der Csilla von Boeselager Stiftung. Die sammelt nun Geld, um ihre Partner in Lviv, Beregovo und Saporoshje zu unterstützen und um die Flüchtlingsarbeit an der Grenze zur EU zu stärken.

Spendenkonto: Csilla von Boeselager Stiftung Osteuropahilfe e. V., Sparkasse Arnsberg-Sundern, Iban: DE41 4665 0005 0000 0333 32, BIC WELADED1ARN.

Auch das Rote Kreuz bittet in erster Linie um Geldspenden: IBAN: DE63 3702 0500 0005 0233 07, BIC: BFSWDE33XXX, Stichwort: Nothilfe Ukraine