Bottrop. Fast jeder 30. Bottroper ist aktuell infiziert, täglich kommen hunderte dazu. Krankenhäuser, große Firmen und die Stadt spüren die Auswirkungen.

„Entspannt ist anders“, sagt Dr. Markus Peuckert. Der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Marienhospital blickt mit Sorge auf die sich immer höher auftürmende Omikron-Welle, auch wenn er die derzeitige Situation noch als „kompensiert“ bezeichnet. Krankenhäuser, Firmen und die Stadt spüren die Auswirkungen der zunehmenden Infektionen.

19 Mitarbeiter am Marienhospital sind derzeit an Covid-19 erkrankt, davon fünf Ärzte und fünf Pflegekräfte. Angesichts von 1000 Mitarbeitern scheint das noch überschaubar, trotzdem: „Unsere größte Sorge ist, dass es sich so ausbreitet, das wir Stationen schließen müssen“, sagt Markus Peuckert.

Bottroper Krankenhäuser: „Personelle Situation gut beherrschbar“

Einmal ist das bereits passiert am Marienhospital, „eine dramatische Situation“, bislang einmalig, sei das gewesen, als an einem Freitagabend Ende November die Intensivstation für einige Stunden zumachen musste, weil zu viel Personal infiziert war. Aktuell aber habe man die Lage im Griff, es müssten keine Aufnahmen abgesagt werden.

Ähnlich die Lage am Knappschaftskrankenhaus: „Zur Zeit ist die personelle Situation gut beherrschbar“, sagt Sprecherin Anja Ernsting. Die Zahl der Mitarbeiter, die sich in Quarantäne befinden, liege in einem „konstanten Rahmen“. Einschränkungen in der Patientenversorgung oder der Aufnahmefähigkeit des Hauses gebe es aktuell nicht.

14 infizierte Patienten im Bottroper Marienhospital

Und auch auf den Stationen gebe es keine Notlage. Die Intensivstationen haben freie Kapazitäten, kein einziger Covid-Patient wird dort derzeit behandelt. Allerdings gibt es Corona-Erkrankte, die zwar keine intensivmedizinische Behandlung brauchen, trotzdem aber im Krankenhaus betreut werden müssen, teilweise auch Sauerstoff benötigen.

14 infizierte Patienten liegen derzeit im Marienhospital, zehn von ihnen sind wegen der Infektion aufgenommen worden. „Wir sehen immer noch Verläufe, die schwer sind“, sagt Markus Peuckert. Unter Patienten habe es bislang keine Ausbräuche gegeben, die Infektionen seien immer auf das private Umfeld zurückzuführen gewesen.

Bottroper Firmen: Strenge Hygienemaßnahmen und Homeoffice

Auch in den Bottroper Firmen ist die Omikron-Welle zu spüren, noch allerdings ohne gravierende Auswirkungen. Die „Angst“ vor Einflüssen auf die Produktion sei vorhanden, sagt Brabus-Sprecher Sven Gramm, „aber glücklicherweise ist das bislang noch nicht eingetroffen“. Aktuell seien 15 Mitarbeiter in Quarantäne, einen größeren Ausbruch habe es bei dem Fahrzeug-Veredler bislang nicht gegeben.

Brabus setzt ebenso wie die anderen Großunternehmen MC-Bauchemie und Seepex auf möglichst viel Homeoffice für die Büromitarbeiter und höchstmögliche Hygienemaßnahmen für diejenigen, die vor Ort in der Produktion tätig sind. „Aufgrund unserer strengen Verhaltens- und Hygiene- sowie unserer coronabedingt stark erweiterten Homeoffice-Regeln, waren keine Unternehmenseinheiten gefährdet, weder Produktion noch Logistik und Verwaltung“, sagt Saki M. Moysidis, Sprecher der MC-Bauchemie.

Arbeitgeber Stadtverwaltung: Engpässe im Gesundheitsamt

In diesem Jahr habe es einige Corona-Fälle gegeben, sagt Moysidis und verweist aber auch auf die hohe Impfquote in der Belegschaft. MC-Bauchemie hatte Betriebsimpfungen organisiert für Mitarbeiter und ihre Angehörige, bald steht die Boosterung im Unternehmen an. Auch bei Seepex laufe die Produktion „reibungslos“, getrennte Schichten und telefonische Übergaben sorgen für möglichst wenige Kontakte.

Bei einem der größten Arbeitgeber in Bottrop, der Stadt mit ihren rund 1800 Mitarbeitern, führen die Infektionen vor allem im Gesundheitsamt zu Engpässen. Dort, wo ohnehin schon die Ressourcen knapp sind, wo die Kontaktverfolgung angesichts massiv gestiegener Inzidenzen kaum noch händelbar ist, fehlt jeder Mitarbeiter, der in Quarantäne ist. Stadtsprecher Andreas Pläsken: „Die Aufgaben werden mehr, die Leute, auf die man sie verteilen kann, schwinden uns unter der Hand weg.“

Infektionen kaum noch nachvollziehbar

Die Infektionslage hat sich so rasant zugespitzt, dass die Stadt kaum noch die Kontakte von Infizierten nachvollziehen kann. Täglich kommen hunderte Neuinfektionen hinzu, jede Infizierte hatte im Schnitt fünf bis sieben Kontakte – sie alle durchzutelefonieren ist unmöglich.

„Wir müssen davon ausgehen, dass die Inzidenz eigentlich noch höher ist“, sagt Stadtsprecher Andreas Pläsken. Denn das Gesundheitsamt kommt teilweise nicht dazu, alle Fälle zu melden.

„Das System ist nicht mehr aufrecht zu erhalten“, sagt Pläsken. Viele Städte plädieren deshalb dafür, die Kontaktverfolgung nicht mehr im gewohnten Maß zu betreiben.