Bottrop. Corona hat Lücken gerissen, Besucher verunsichert. Das muss aufhören, findet das Kulturamt. Werbung, Social Media und mehr Präsenz sollen helfen.

Die Pandemie, deren Ende immer noch nicht absehbar ist, hinterlässt in Bottrops Kultur keine einheitlichen Spuren. Besucherströme werden unberechenbarer. Was vor Corona wie eine sichere Besucher-Bank daherkam, zum Beispiel die großen Theaterreihen des Kulturamts mit ihren festen Abonnenten oder die Kabarettveranstaltungen - egal ob städtisch oder privat organisiert -, bekommt nun die Zurückhaltung oder auch Unsicherheit der Besucherinnen und Besucher am stärksten zu spüren.

Dagegen scheinen die beiden Festivals, Orgel Plus und die Figurentheatertage, weniger Schwund zu verzeichnen. So skizziert es jedenfalls Martina Schilling-Graef. Die Leiterin des Kulturamts, unter dessen Dach viele Kultureinrichtungen wie Musikschule oder Kulturwerkstatt angesiedelt sind, steht dabei natürlich mit den künstlerischen Leitern der Festivals in engem Austausch. Auch Gerd-Heinz Stevens (Orgel Plus) und Maja und Werner Bartelt-Brüggemeier (Figurentheatertage) beobachten dabei ihre Publikumsbewegungen genau.

Die Kulturamtsleiterin der Stadt Bottrop, Martina Schilling-Graef.
Die Kulturamtsleiterin der Stadt Bottrop, Martina Schilling-Graef. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die gemeinsame Feststellung: Das Bottroper Festivalpublikum scheint treuer zu sein als das der Abo- und Konzertreihen, die sich über eine ganze Speizeit hin ziehen. Aber innerhalb einer oder zwei Festivalwochen verändern sich auch Pandemieregeln nicht so stark, wie in zehn Monaten einer Abo-Reihe. Sicher, die Zahl von rund 11.000 Besucherinnen und Besuchern der städtischen Veranstaltungen - Festival-Publikum nicht mitgezählt - wie in der Vor-Coronasaison 2018/19 wird man in den Pandemiespielzeiten nicht erreichen. Aber so einen schwachen Besuch in der JAG-Aula oder so gut wie nicht-existenten Vorverkauf wie für das erste Konzert des Musikvereins nach langer Pause und Dirigentenwechsel soll es bislang noch nie gegeben haben. Dabei steht am 13. März mit Mozarts „Requiem“ durchaus ein populäres Chor- und Orchesterwerk auf dem Programm. Was ist zu tun?

Vertrauen des Publikums nach dem Corona-Durcheinander zurückgewinnen

„Es geht einmal darum, das Vertrauen des Publikums wieder zurück zu gewinnen, das sich während der Pandemie zum Teil sehr verunsichert zeigt“, so Martina Schilling-Graef und Maja Brüggemeier übereinstimmend. Dann sei aber auch eine verstärkte Werbestrategie vonnöten, die vor allem auch die Möglichkeiten der sozialen Medien stärker in den Blick nehme. „Social Media ist immer noch ein Stiefkind im Kulturbereich, dabei bieten diese Netzwerke tolle Möglichkeiten, auch mit dem Publikum und Menschen, die sich für bestimmte Themen interessieren, auch wenn sie nicht regelmäßige Besucher sind, in Kontakt zutreten“, so Werner Bartelt-Brüggemeier. Und: „Es öffnet einfach Werbefenster, auch wenn eine virtuelle Teilnahme nie das Live-Erlebnis einer Aufführung ersetzen kann“, so Schilling-Graef. Das stellte auch Gerd-Heinz Stevens zuletzt wieder bei Orgel Plus fest. Online hören kommt bei vielen nicht in Frage, aber durch Kommentare, neue Anregungen und Austausch stärken diese Netzwerke wiederum auch das Festival.

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Ein neues Werbe-Online-Format wird es mit dem „Musikfenster Bottrop“ geben, das von der Musikschule organisiert im Februar an den Start geht. Aber allen Beteiligten ist auch klar, dass es künftig ohne eine eigene Homepage für Kultur in Bottrop, abgekoppelt vom städtischen Onlineauftritt, nicht gehen wird. Es gehe da um eine eigene, stärkere Profilierung nach außen, wie es beispielsweise das Quadrat schon lange fordere. Es könne ja nicht sein, dass beispielsweise Orgel Plus sein Programm samt Aktualisierungen über die privaten Pages von Gerd-Heinz Stevens laufen lasse.

Strukturen nicht abschaffen, aber anpassen - das gilt auch für Abo-Reihen

„Wahrscheinlich erleben wir durch Corona gerade einen beschleunigten Umbruch“, so Martina Schilling-Graef. Aber das bisherige Abo-System möchte sie als Rückgrat natürlich nicht abschaffen. „Wir wollen nicht alle Interessierten nur dem freien (Karten)-Markt überlassen. Man könnte aber auch die Festivals in die Abo-Struktur einbringen, Themenbereiche stärker verbinden, wie es zum Beispiel gerade mit dem umfangreichen Begleitprogramm zur aktuellen Ausstellung „Spuren“ in B12 geschieht. Es gehe nicht darum, mit den umliegenden „großen“ Theaterstädten zu konkurrieren, aber darum, die Nischen und das Bottrop-spezifische Programm und die Einrichtungen stärker zu profilieren und herauszustellen. Aber auch, vor Ort stärker präsent zu sein und das Ambiente zu verbessern, wie beispielsweise jetzt neu durch die Öffnung der JAG-Cafeteria in den Theaterpausen.