Bottrop. Fotograf und Filmemacher Peter Maria Schäfer zeigt in „Spuren“ einen ungewöhnlichen Blick auf Auschwitz. Eine Schau fernab des Klischees.
„Spuren“. Unspektakulär, ja harmlos klingt der Titel dieser Ausstellung, die ab Freitagabend in Bottrops neuer Ausstellungshalle B12 im Kulturzentrum zu sehen ist. Und dann steht man inmitten dieser meterhohen Prints auf Lkw-Planen, deren Originale, 13 mal 18 Zentimeter große Negative, Peter Maria Schäfer ganz klassisch, fast altmodisch, mit eine Großbild-Plattenkamera in Auschwitz aufgenommen hat. Nein, nicht nur in der Gedenkstätte, dem ehemaligen NS-Konzentrationslager, das wie kein anderes für den millionenfachen Mord an Europas Juden steht, sondern auch im gleichnamigen Ort.
Auch interessant
Es sind nicht die typischen Bilder von Lagereingang, Stacheldraht oder Blicken in die heutige Gedenkstätte. Schäfer zeigt die alte Judengasse des Städtchens Auschwitz ebenso wie Kinder einer Besuchergruppe, die sich um eine ältere Frau versammeln.
Fotograf vermeidet gängige Auschwitz-Klischees
Es könnte sich auf den ersten Blick auch um Industriekultur oder Lost Places handeln, die Fotografen seit einiger Zeit für sich entdecken. Wären da nicht zu Anfang eine Legende der Motive mit kurzem Hinweis. „Besuchergruppe in der Gaskammer“, „Zwei Loren vor dem Verbrennungsofen“, „Vorraum zur Gaskammer“. Vieles ist unscharf, Lichtquellen wabern vor dunklem Hintergrund, dann wieder ganz klare Details: die abgetretene Schwelle zum Raum vor der Gaskammer, über die Millionen Menschen getrieben wurden, Details eines Verbrennungsofens oder das Außengelände.
„Früher stand dort eine Baracke, etwa so groß wie dieser neue Ausstellungsraum, dort wurden private Dinge wie das mitgebrachte Besteck der Verschleppten gelagert, bis die Baracke beim Anrücken der Roten Armee angezündet wurde, um Spuren zu verwischen“, sagt Peter Maria Schäfer. Auf einmal sind zwischen Gras Hunderte, Tausende von Gabeln und Löffeln zu entdecken, die bis heute dort liegen, auf diesem „Löffelfeld“, wie man es nennt. Licht, Dunkel, Schatten: Vieles belässt der Fotograf in seinen Arbeiten im Ungefähren, auch das Besteck im Gras ist nicht auf den ersten schnellen Blick zu erkennen.
Auch interessant
Den Zyklus fotografierte Schäfer seit den 80er Jahren, nachdem sein Foto- und Filmporträt über den Schoah-Überlebenden Tadeusz Szymanski fertiggestellt hat. Ihn, der nach Auschwitz zurückgekehrt ist und für eine Gedenkstätte sowie ein Aussöhnungszentrum kämpfte, lernte Schäfer bei seinen Besuchen dort kennen. Nach dem Porträt „Ein Wohnzimmer in Auschwitz“ und der Zeitzeugen-Dokumentation „Menschen hinterlassen Spuren … Ein Clown in Auschwitz“ gibt es nun diese beeindruckende begehbare Rauminstallation „Spuren“, die in Bottrop so erstmals zusehen ist. „Der Raum ist perfekt für die Bilder und umgekehrt“, so lautet übrigens Peter Maria Schäfers Kommentar zu Bottrops neuer Ausstellungshalle B12. Im früheren „jungen museum“ oder der ehemaligen Städtischen Galerie im Altbau hätte die Schau so nie gezeigt erden können.
Der Zeitpunkt für diese dritte Ausstellung in B12 ist nicht zufällig gewählt, wie Kuratorin Katrin Reck bestätigt. Im Umfeld des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar, gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm mit Film, Musik, Lesung aber auch speziellen Workshops zum Beispiel ein Argumentationstraining oder über den Umgang mit Hass-Sprache im Internet.