Bottrop. Wenn die Impfpflicht in Medizin und Pflege greift, sind die Kommunen für Berufsverbote verantwortlich. Das sei jenseits aller Möglichkeit.
Die genaue Formulierung ist tief versteckt in den Ausführungen des Bundesgesundheitsministeriums: Wenn ab dem 16. März die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Gesundheits- und Pflegeberufen greift, läuft die Kontrolle über die Gesundheitsämter der Städte und Kreise. „Das ist jenseits aller Möglichkeiten“, sagt Bottrops Stadtsprecher Andreas Pläsken.
Die vom Bundestag beschlossene Impfpflicht gilt für Beschäftigte in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Einrichtungen für behinderte Menschen, Arztpraxen, bei Rettungsdiensten oder in Entbindungseinrichtungen. Sie müssen gegenüber ihrem Arbeitgeber bis zum 15. März eine vollständige Corona-Impfung vorweisen.
Kommunale Gesundheitsämter sollen Impfpflicht kontrollieren
Die Einrichtungen wiederum melden den kommunalen Gesundheitsämtern, so sagen es die Ausführungen des Bundesgesundheitsministeriums, welche Mitarbeiter ihren Impfnachweis nicht erbracht haben. Die Regelung im Wortlaut: „Das Gesundheitsamt wird den Fall untersuchen und die Person zur Vorlage des entsprechenden Nachweises auffordern. Wenn kein entsprechender Nachweis vorgelegt wird, kann das Gesundheitsamt der betroffenen Person gegenüber ein Betretungs- bzw. Tätigkeitsverbot (...) aussprechen.“
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Eine Formulierung, die viele Fragen aufwirft, „auf die wir nicht den Ansatz einer Antwort haben“, so Andreas Pläsken. Zum einen sei der Aufwand für die ohnehin gebeutelten Gesundheitsämter nicht stemmbar. Angesichts massiv steigender Corona-Inzidenzen stellt die Kontaktnachverfolgung die Gesundheitsämter bereits vor eine kaum zu bewältigende Aufgabe.
Stadt Bottrop hat zahlreiche unbeantwortete Fragen
Sollten im März mehrere hundert, wenn nicht sogar über tausend Fälle von Ungeimpften zur Einzelfallprüfung auf den städtischen Schreibtischen landen, sei deren Abarbeitung nicht zu gewährleisten. Hinzu kommen zahlreiche rechtliche Fragen.
Spricht ein Gesundheitsamt einem Arbeitnehmer ein Betretungs- oder Berufsverbot aus und klagt derjenige – wer trägt die juristischen Folgen? Oder: Eine Praxis muss schließen, weil ihr wegen ausgesprochener Betretungsverbote die Mitarbeiter fehlen – wer haftet für die wirtschaftlichen Einbußen?
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In Folge dessen, so Pläsken, stellten sich auch moralische Fragen: „Können wir einen ungeimpften Oberarzt weiterarbeiten lassen, weil sonst die Versorgung von Patienten nicht gewährleistet werden kann?“ Auf die allermeisten dieser Fragen habe die Stadt bislang keine Antwort.
Impfpflicht könnte massive Auswirkungen auf die Versorgung haben
Die Impflicht könnte massive Auswirkungen auf die Versorgung von Menschen haben. So gebe es Pflegeeinrichtungen in Bottrop, die eine Impfquote von gerade einmal 50 bis 60 Prozent haben. Zudem gebe es auch Ungeimpfte beispielsweise beim Rettungsdienst der Feuerwehr. Die Stadt selbst könnte also auch in Personalnöte innerhalb ihrer kritischen Infrastruktur kommen.
Ein weiteres Problem: Die Kommunen und Kreise wissen gar nicht, wie hoch die Impfquoten der Einrichtungen in ihrer Stadt sind. Lediglich für die Krankenhäuser und Pflegeheime lägen diese Daten vor. Somit sei überhaupt nicht absehbar, wie viele Einzelfallentscheidungen auf das Gesundheitsamt zukommen könnten.
- Lesen Sie hier:So stehen die Bottroper Einrichtungen bei der Impfpflicht da
Bottrop wolle sich nun über den Städtetag mit anderen Kommunen absprechen, schließlich falle die Problematik allen Gesundheitsämtern auf die Füße. Die Schreiben an Land und Bund, wie die Umsetzung der Impfpflicht-Kontrolle gesichert werden kann, sind auf dem Weg.