Bottrop. Stellkeswägg ist Bottrops ältester Karnevalsverein mit langer Tradition. Woher der komische Name stammt und was eine Kneipe damit zu tun hat.
Der Eigen ist die Keimzelle des Bottroper Karnevals. Hier, in einer Kneipe namens „Bocks Henreg“, beginnt 1881 die Geschichte der ältesten Karnevalsgesellschaft „Stellkeswägg“. Bei dieser Gründungszahl kann selbst so mancher Verein aus den närrischen Hochburgen Köln und Düsseldorf nicht mithalten.
141 turbulente Jahre sind mittlerweile vergangen. Es ist mühselig, die ganzen Anekdoten, Geschichten und Erlebnisse der zurückliegenden 141 Jahre aufzulisten. Es sind schlichtweg zu viele. Was hätten nur die Männer dieser einstigen Stammtischrunde gesagt, wenn sie gewusst hätten, was sie an jenem Sonntag, dem 14. Januar 1881, ins Leben rufen würden?
Rückblickend schwer zu sagen, jedenfalls hätte man sie heutzutage kaum verstanden. Denn sie sprachen Plattdeutsch. Daher auch der Name: „Stellkeswägg“. Beinahe jeder (ältere) Jeck aus Bottrop dürfte die zwei Entstehungsgeschichten kennen. Die eine besagt: Bauern, Handwerker und Kaufleute sitzen bei „Bocks Henreg“ gemütlich beisammen. Das Haushaltsgeld geht für Bier und Schnaps drauf.
„Stell es weg“ - Früher sollten die Frauen den Alkohol nicht sehen
Und sobald die Ehefrauen auftauchen, erfolgt der Ausspruch nach der Übersetzung „Stell es weg“. Die Frauen sollen den Alkohol nicht sehen. Die andere Geschichte wird seit Generationen wie folgt weitererzählt. In jener Kneipe, womöglich an der Theke, kommt die Bestellung: „Stell wägg twee Kloare gau.“ Ins Hochdeutsche übersetzt: „Schnell zwei Klare.“ Historische Zeugnisse aus der Gründerzeit sind nur ganz wenige überliefert.
Bis in die Gegenwart hat die KG Stellkeswägg ihre Geselligkeit und große Teile ihrer Tradition bewahrt. Der Verein besteht nur aus männlichen Mitgliedern. Und damals wurde die Vereinskluft der westfälischen Leineweber, der Kiepenkerle, übernommen: Blaukittel, Halsband mit Knoten und Klotschen eingeführt. Seit 2007 tritt der Elferrat auf der Prunksitzung wieder in dieser ehrwürdigen Kluft auf.
Das Bliesenjagen ist in den 30er- und 50er-Jahren ein fester Bestandteil der Jecken-DNA. Hierbei zogen die Narren mit Pferd und Wagen von Haus zu Haus und sammelten Speck und Eier. Anschließend wurde ein Teil der Spenden an Waisenkinder gespendet. Das Verbrennen des Bacchus, also das Ende der Karnevalszeit, an Aschermittwoch hat die Zeit dagegen überdauert.
Die geografische Herkunft der Mitglieder war im Anfang sehr wichtig
Die Herkunft spielt damals bei Stellkeswägg eine wichtige Rolle. Es gelten strenge Regeln. „Wer aufgenommen werden wollte, musste auf dem kalten Eigen geboren sein“, erzählt Frank Nowak, heutiger Präsident der KG. Mit persönlicher Vorstellung und Aufnahmeprüfung. Diese Tradition hat nicht überlebt.
Grob skizziert liegt der „kalte Eigen“ östlich und zwar an der Kirchhellener Straße und an den Straßen am Köllnischen Wald. Im Westen, dem „warmen Eigen“, befindet sich die Gladbecker Straße und der Eigener Markt. Zwischenzeitlich setzen der Erste und der Zweite Weltkrieg dem fröhlichen Treiben ein Ende.
Umzug fand früher in Zunftkleidung statt
Dabei hatte Stellkeswägg an Karnevalsdienstag 1937 noch einen kleinen Umzug (zwei Wagen, ein paar Fußtrupps) im kalten Eigen gestartet. Aber nicht verkleidet als Cowboy und Indianer, sondern in Zunftkleidung. Erst 20 Jahre später geht der nächste Karnevalsumzug im Eigen über die Bühne. Schon drei Jahre danach besuchen laut Presseberichten geschätzte 20.000 Bottroper den Zug. Mehr als 20 Wagen rollen vom kalten zum warmen Eigen. Andere Vereine sind längst vom Narrenfieber infiziert und mit von der Partie.
Das Gasthaus Wittstamm wird zum Vereinslokal und Hort der guten Laune für die Narren. Auf zwei Prunksitzungen der KG präsentiert Stellkeswääg jedes Mal ein Programm der Extraklasse. In den Sälen werden unbeschwert rauschende Feste gefeiert. Keine Augen und keine Kehlen bleiben trocken.
Ganz viel Wert hat die KG Stellkeswägg aber auch immer auf ihre Rosenmontagswagen gelegt. Seit Jahrzehnten wird der fahrende Untersatz auf dem Eigen bei der Gärtnerei Lohmann an der Wilhelm-Tell-Straße zusammengebaut. Dann packen alle Mann mit an. Auch das ist gute, alte Tradition.