Kirchhellen. Im Februar 1930 fanden Landarbeiter einen vergrabenen Münzschatz. Wie groß er wirklich war, ist bis heute unbekannt. 787 Stück sind dokumentiert.

Über Jahrhunderte hat sich in Grafenwald die Legende gehalten vom Schatz aus dem 30-jährigen Krieg (1618 bis 1648), der irgendwo um den Euleringshof herum vergraben sein soll. Im Frühjahr 1930 schien der Stoff, aus dem die Legende ist, endlich gehoben. Zwei Landarbeiter fanden rund 1000 Münzen in einem vergrabenen Baumstumpf an der heutigen Straße Im Spring. Aber längst haben Münzexperten festgestellt: Dieser Schatz wurde einen Krieg später vergraben.

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Die erste Schlagzeile war überschaubar. Unter der Überschrift „Aus Kirchhellen“ hieß es am 25. Februar: „In der Nähe des Pächters Vienken fanden Samstag Arbeiter beim Ausroden ½ Meter unter der Erde an einem Baumstamm in einem morsch gewordenen Holzschuh eine große Anzahl Münzen, etwa 350, verschiedener Sorte. Sie stammen anscheinend aus der Mitte des 17. Jahrhunderts.“

Fund mit vollen Händen weiter gegeben

Die damaligen Kollegen wussten es nicht besser, aber sie hatten eine Falschmeldung produziert. Es waren nämlich fast dreimal so viele Münzen. Wie viele genau, wird nie mehr genau festzustellen sein. Denn die beiden Landarbeiter Wilhelm Basten und Theodor Brinkert haben ihren Fund mit vollen Händen weiter gegeben. „Großherzig verteilten die Finder eine unbekannte Anzahl Münzen an weitere Personen“, berichtet Martin Walders in seinem „Geldgeschichten aus Bottrop“.

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Wie viele? An wen? In seiner amtlichen Vernehmung beruft sich Wilhelm Basten auf Unwissenheit. Gezählt hätten Theodor Brinkert und er die Münzen nicht: „Ich habe einen Teil genommen und Brinkert hat den Rest an sich genommen. Ich habe die Münzen an den Oberlandjäger Grube angeliefert. Vorher hatte ich bereits einige Stücke an Lehrer Wesels, Pfarrer Vissing und an Förster Bodemann abgegeben. Andere Personen haben von mir keine Münzen erhalten. Ich habe auch keine Münze mehr in Besitz.“

Auf der Suche nach den gefundenen Münzen

Für den Arbeitskreis Grafenwald im Verein für Orts- und Heimatkunde hat Rainer Weiß zusammengezählt, was nach dem Münzfund übrig blieb. Er kommt auf 787 Münzen, die meisten von ihnen gingen an das damalige Museum der Stadt Essen, das heutige Ruhrmuseum auf Zollverein.

Und das kam so: Eigentümer der Parzelle war die zum Thyssen-Konzern gehörende Bergbaugesellschaft („Gewerkschaft“) Nordlicht, die um die Wende zum 20. Jahrhundert halb Grafenwald aufgekauft hatte, um dort das gleichnamige Kohlefeld anzubohren. Der ehrgeizige Direktor des Essener Ruhrlandmuseums setzte sich, als der Fund bekannt wurde, sofort mit der Nordlicht-Direktion in Verbindung. Die ließ die Münzen von der Polizei einziehen.

„Zur restlosen Ablieferung aufgefordert“

Am 17. März 1930 ließ der Kirchhellener Bürgermeister bekanntmachen: „Die Gemeindeeingesessenen, welche im Besitz von Fundstücken sind, werden hierdurch zur restlosen Ablieferung derselben aufgefordert. Ich mache darauf aufmerksam, dass derjenige, welcher vorsätzlich einen Gegenstand, dessen Ablieferung verlangt werden kann, zerstört, beschädigt oder beiseite schafft, mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Reichsmark oder mit Haft bestraft werden kann.“

Ob das viel genutzt hat? Selbst drei Jahre nach dem Fund hat es offenbar noch Schwund gegeben. Im Juli 1933 berichtet Bottrops Stadtamtmann, der Essener Museumsdirektor habe der Stadt Bottrop einen Teil des Münzfundes versprochen. Grämlich notiert er: „Nach dem Überweisungsschreiben sollen es 34 Stück sein, es sind aber nur 26 Stück vorhanden.“ Der Kirchhellener Heimatforscher Theo Täpper schreibt über den „Münzfund in Kirchhellen“: „Zahlreiche Münzfreunde suchten sich die schönsten und seltensten Stücke aus und bereicherten damit ihre Sammlungen. Es muss offen bleiben, ob (...) der Fund wirklich restlos erfasst wurde.“

Versteckt beim zweiten Raubkrieg des „Sonnenkönigs“

Ein Achtheller-Stück aus Dorsten, ein so genanntes „Fettmännchen“, ist der Beleg dafür, dass der Münzfund nicht im 30-jährigen Krieg vergraben wurde. Es wurde erst 1659 geprägt, später fand sich sogar noch eine Münze von 1661.

Deshalb gehen Heimatforscher davon aus, dass der Schatz im französisch-niederländischen Krieg vergraben wurde, in den 1672/73 die Bischöfe von Köln und Münster verstrickt waren. Der Konflikt bekam später den Titel „zweiter Raubkrieg von Ludwig XIV“, dem „Sonnenkönig“.

Zwar waren die französischen Truppen, die in Feldhausen und Grafenwald einquartiert wurden, eigentlich Verbündete. Aber Historiker Walders schreibt: „Den Bauern in Grafenwald ist es gleich, ob es niederländische oder französische Truppen sind (...); ihnen bleibt nach dem Durchzug der blanke Hunger.“