Kirchhellen. Familie Prgomet zieht die Notbremse und schließt das Brauhaus am Kirchhellener Ring. Warum der Betrieb sich nicht rechnet unter Corona-Auflagen.
Diese Nachricht wird kaum einen Kirchhellener kaltlassen. Das Brauhaus am Ring stellt den Betrieb ein bis voraussichtlich März. Begründung: Schon unter den bestehenden Coronabeschränkungen rechnet sich die Gastronomie nicht mehr, und im Januar sind weitere Verschärfungen schon angekündigt.
Zu Silvester hat Familie Prgomet noch einmal das getan, was sie am liebsten tut: ihre Gäste verwöhnt. Diesmal mit einem Vier-Gänge-Menü mit lauter Gerichten, die sich nicht auf der täglichen Speisekarte finden, weil Vor- oder Zubereitung auf Bestellung viel zu lange dauern würden. Schweinefilet im Speckmantel etwa oder marinierter Lachs: Wenn die Küchencrew weiß, wie viele Portionen wann über den Pass gehen, kann sie die gebeizten Fischfilets im Backschiffchen anrichten mit Mangold und Champignons. Wenn das Essen abgerufen wird, wandern die Schiffchen für 15 Minuten in den Ofen, Petersilien-Knoblauchöl drüber geträufelt – und wohl bekomm’s!
Betrieb des Kirchhellener Brauhauses wurde heruntergefahren
Am Wochenende hat das Brauhaus-Team, wie Köche sagen, „die Kühlung leer gekocht“. „Damit wir möglichst keine Lebensmittel wegwerfen müssen, wenn wir schließen“, sagt Perica Prgomet. Und am Montag werden dann die großen Ventilatoren auf dem Dach abgestellt, Heizung und Kühlgeräte heruntergefahren, die Läden heruntergelassen und die Zapfhähne nach oben gedreht. Für die 20 festen Mitarbeiter werden die Prgomets bei der Arbeitsagentur Kurzarbeitergeld beantragen.
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Wer diese Entscheidung verstehen will, muss das Geschäftsmodell des Brauhauses kennen. Kerngeschäft sind die vielen Veranstaltungen in den verschiedenen Sälen des Hauses, von der Familienfeier über die Vereinstagung, Firmenfeste bis hin zur Abifeier des Vestischen Gymnasiums oder dem (ebenfalls schon abgesagten) Frühlingsball mit 400 Gästen. CDU und SPD geben sich hier im Wortsinn die Klinke in die Hand, Heimatverein und Kolpingsfamilie sind Stammgäste. Normalerweise.
„Für Dezember hatten wir das Reservierungsbuch voll“
„Im November haben wir schon wieder schwarze Zahlen geschrieben“, sagt Perica Prgomet, „und für Dezember hatten wir das Reservierungsbuch voll“. Doch mit den ersten Coronabeschränkungen im November begannen die Absagen. Die Firmen waren die ersten Kunden, die ihre Betriebsfeiern absagten. Doch sie blieben nicht lange allein: „2000 Stornierungen hatten wir für den Dezember“, sagt Prgomet. „Wenn ich den Jahresanfang dazurechne, sind wir bei fast 3000 Gästen, deren Buchungen abgesagt worden sind.“
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Diese Absagewelle hat den Brauhaus-Betreibern das Standbein weggehauen. In der Gastronomie ist der Dezember der Monat, in dem das Geld verdient wird, um die schwachen Monate Januar und Februar zu überbrücken. „Diesmal weiß ich noch gar nicht, ob wir im Dezember überhaupt schwarze Zahlen geschrieben haben.“
Ohne Reserven in absehbar ganz magere Zeiten zu steuern: Das tut sich die Betreiberfamilie lieber nicht an. Viele Kollegen zögern noch, diesen Schritt zu tun, weiß Perica Prgomet aus vielen Gesprächen: „Die haben Angst, dann keine staatliche Unterstützung zu bekommen“, wie etwa Kurzarbeitergeld von der Arbeitsagentur. Hier müssten Bund und Land jetzt ganz schnell klare Vorgaben machen, fordert Prgomet: „Die ganze Branche steht auf der Kippe.“
Hilfeschrei der Gastronomie
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) schickt einen Hilfeschrei an die Politik. „Kurz vor Weihnachten spitzt sich die Lage der Branche durch die Einführung der verschärften Zugangsregeln erneut dramatisch zu“, sagte Dehoga-Präsident Guido Zöllick am 17. Dezember. „Mit 2G ist der Umsatz in unseren Restaurants und Hotels bereits um mehr als die Hälfte eingebrochen. Noch höhere Einbußen melden Betriebe in Ländern, in denen 2G Plus gilt.“ Sperrzeitenregelungen und regionale Lockdowns wie in Sachsen und Bayern führten zu zusätzlichen Umsatzverlusten.Das sei umso bitterer mit Blick auf das für die Branche so wichtige Weihnachts- und Silvestergeschäft, auf das viele Unternehmer gehofft hätten. „Viele Betriebe können nicht mehr rentabel arbeiten“, so Zöllick. Von der Politik fordert Zöllick Planungssicherheit und ausreichende Hilfen.