Kirchhellen . Eine Kampfschrift gegen die Teilung des Dorfes eröffnete 1971 die Schriftenreihe des Heimatvereins. 50 Bände folgten, Band 52 ist in Arbeit.
Seit 50 Jahren gibt es die Schriftenreihe des Heimatvereins über die Geschichte, die Eigenheiten und die Menschen des Dorfes. Band 1 war allerdings nicht als Auftakt zu einer Serie konzipiert worden, sondern als Protest gegen die drohende Teilung des Dorfes noch vor der „Glabotki“-Debatte Mitte der 70er Jahre.
Als die Heimatforscher Hans Büning und Johannes Rottmann sich 1971 zusammensetzten, um dei „Führer durch Kirchhellen“ zu Papier zu bringen, trieb sie nicht der Gedanke, eine Serie von Büchern über Kirchhellen zu begründen. In der Debatte um die kommunale Neugliederung, die 1976 mit dem Zusammenschluss mit Bottrop endete, stand gerade eine für Kirchhellener ungeheuerliche Planung auf der politischen Tagesordnung: die Aufteilung des Dorfes zwischen Bottrop, Gelsenkirchen und Gladbeck.
„Op ewig ungedeelt“
Schon der plattdeutsche Untertitel „Op ewig ungedeelt“ zeigte die Stoßrichtung an. Und im Vorwort schreiben die Autoren, was ihnen am Herzen lag: „Der neue Führer (...) erscheint zu einem Zeitpunkt, in dem nicht nur die Selbstständigkeit Kirchhellens gefährdet ist, sondern (...) die Gefahr besteht, dass das mehr als 1000 Jahre alte Gemeinwesen (...) dreigeteilt wird. Mögen alle Einwohner Kirchhellens (...) mithelfen, dass dieses Vorhaben nicht verwirklicht wird.“ Wurde es ja auch nicht.
Der schmale Band war vor allem als Wanderführer gedacht. Einigen der beschriebenen Wege können Radler und Fußgänger auch heute noch folgen. Und an mindestens einer Stelle haben Büning und Rottmann eine Entwicklung um mehr als ein Jahrzehnt vorweggenommen, nämlich bei der Beschreibung des Tagebaus in der Heide.
Vision vom Heidesee wurde ab 1983 Wirklichkeit
Ihre These:„Das Schlimmste ist nicht die Aussandung, sondern die Rekultivierung“, nämlich die Verfüllung mit Waschbergen (und Schlimmerem, wie wir heute wissen). Ihre Vision: „Muss jede ausgesandete Grube wieder verfüllt werden? Würden Gruben, deren Ränder geordnet und deren Grund geglättet ist, nicht die Landschaft beleben?“ Genau das tun sie heute. Zum Beispiel am Heidesee.
Büning und Rottmann sind bis heute die eifrigsten Autoren der Schriftenreihe, oft im Team, aber auch als Alleinautoren. Ihr Band 1 ist heute vergriffen, 1994 haben sie das Heft völlig überarbeitet neu herausgegeben. Peter Pawliczek, Vorsitzender des Heimatvereins, bedankt sich bei allen Autoren und Zulieferern für die Schriftenreihe. Sie hätten dazu beigetragen, „Kirchhellen und das Kirchhellener Leben darzustellen, sowie volkskundliche und sprachliche Eigenarten aufzuzeigen und sie der Nachwelt zu erhalten.“ Und auch schwierige Epochen wurden aufgearbeitet, etwa in Bünings Band „Die braunen Jahre in Kirchhellen“.
Band 52 ist in Arbeit
Büning lieferte auch die Vorlage für Band 52 im Jubiläumsjahr. Den schreibt Pawliczek derzeit selbst, anknüpfend an Bünings Buch von 1983: „Kirchhellener, die man kennen sollte“. „Die Menschen, die Büning beschrieb, haben Geschichte geschrieben“, sagt Pawliczek über den Plan für Band 52. „Aber es gibt viele Kirchhellener, die man kennen könnte und über die sich viele Geschichten schreiben lassen.“
Deshalb sitzt Pawliczek derzeit über seiner Lieblingsbeschäftigung: Er sammelt. Namen, Geschichten, Dönekes. Die Plattdeutsch-Expertin Anna Flockert soll vorkommen, ebenso der „ewige Kaplan“ Xanten, Theo Liesenklas, der einzige Landrat aus Kirchhellen, Pastor Bischof von St. Johannes, Pater Dieter Gahlen aus Feldhausen, Bürgermeister Heinrich Grewer… Noch beim Aufzählen fallen Pawliczek neue Kandidaten ein. Und er tröstet sich: „Wir können jederzeit eine Fortsetzung schreiben.“
Neue Serie: Dorfgeschichten aus 1000 Jahren
Natürlich ist Kirchhellen älter als 1000 Jahre. Deshalb beginnt jede ordentliche Dorfchronik im 8. Jahrhundert, so wie die des Hofes Jünger: „Ein sächsischer Edeling errichtet in einer Senke am Hellen einen Gräftenhof. Entsprechend der damaligen Gepflogenheit (...) nennt er sich Hillen oder Hyllen.“
1000 Jahre alt ist eine Urkunde, die erstmals die Dorfkirche und den Namen „Kirchhellen“ erwähnt: das Dokument aus dem Jahr 1021 über die Schenkung an das Kloster Deutz. Das nimmt die WAZ zum Anlass, in loser Folge Schlaglichter auf historische Episoden in der Dorfgeschichte zu werfen: auf den Einzug der Neuzeit mit Telefon, Autos und elektrischem Licht vor 100 Jahren, den Bau der Gahlener Straße vor 150 Jahren oder auf das Ende der kurzen Geschichte Groß-Kirchhellens vor 200 Jahren.