Bottrop/Herten. Mehr Busfahrten, weniger Abgase: Der Busbetreiber Vestische hat die Verkehrswende ausgerufen. Was schon passiert ist und was 2022 kommt.
Der Beschluss steht trotz Corona: Der Busbetreiber Vestische will die Verkehrswende einleiten und das Angebot massiv ausweiten. Das vom Aufsichtsrat im Jahr 2020 beschlossene Paket umfasst Angebotserweiterung, Modernisierung der Busflotte, die Erweiterung um Wasserstoffbusse und den Ausbau entsprechender Tankstellen. In Zahlen heißt das: 2,6 Millionen Kilometer mehr pro Jahr, bis zu 100 neue Stellen für Busfahrer, rund 120 neue Busse mit Euro VI-Norm bis 2025, fünf emissionsfreie Wasserstoffbusse und rund 7,2 Millionen Euro Investitionen pro Jahr ab 2023.
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Für das kommende Jahr geplant ist eine erste ordentliche Ausweitung des Verkehrsangebotes durch den neuen Expressbus X 42 von Dorsten über Kirchhellen und Sterkrade nach Oberhausen. Zudem hat sich der Verkehrsbetrieb vorgenommen, nach und nach alle neu beschafften Fahrzeuge mit synthetischen Kraftstoffen zu betanken. „Der Einsatz dieser Treibstoffe reduziert die Emission von Stickoxiden um bis zu 20, den Ausstoß von Feinstauben um nochmals bis zu zehn Prozent und hat das Potenzial zur Klimaneutralität“, sagt Vestische-Sprecher Christoph van Bürk.
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Der erste Schritt soll im Frühjahr passieren, wenn auf dem Betriebshof in Herten eine Tankstelle für „GTL“-Sprit eingerichtet wird. Das Kürzel steht für „Gas to Liquid“. Nach diesem Verfahren wird Erdgas zu Treibstoff umgewandelt, der weder Schwefel noch Stickstoff enthält und bessere Abgaswerte aufweist als etwa Diesel.
Fünf Wasserstoffbusse bei der Vestischen im Test
Parallel dazu führt die Vestische den gemeinsamen Batteriebus-Test auf der Linie 979 mit dem Oberhausener Partner Stoag weiter und startet den Test von fünf Wasserstoffbussen, die ab 2023 dann auch im Linienbetrieb fahren sollen. Christoph van Bürk sagt zur weiteren Perspektive: „Für den Fall, dass die Testphase mit den Bussen so verläuft, wie wir uns das erhoffen, haben wir Förderbedarf für weitere 60 Fahrzeuge angemeldet, die bis zum Jahr 2030 angeschafft werden könnten.“
Bis 2025 will die Vestische zudem mit ihrer gesamten Flotte von derzeit 242 Bussen die Euro-VI-Norm erfüllen. Auch dafür hat das Unternehmen bereits viel Geld in die Hand genommen. Schon 2020 hat die Vestische 38 Busse des Herstellers Evobus angeschafft, im November hat das Unternehmen 21 weitere geordert.
Noch mehr Sicherheit durch Assistenzsysteme
Sechs Millionen Euro kosten die 14 Standardbusse und sieben Gelenkzüge des Herstellers Evobus (Modell Citaro II); dafür werden ältere Fahrzeuge ausgemustert. Sie stoßen – bei realer Messung im Straßenverkehr am Auspuff – nicht mehr Stickoxide aus als ein moderner Diesel-Pkw. Wie die im Vorjahr gekauften Modelle haben sie einen Totwinkel- und einen Notbrems-Assistenten.
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Der Totwinkel-Assistent erkennt beim Abbiegen nach rechts – einem der schwierigsten Manöver mit einem Bus – andere Verkehrsteilnehmende und warnt die Fahrerinnen und Fahrer durch ein optisches Signal sowie Vibration des Sitzes. Herzstück dieser Technik ist ein Radarsensor. Mit einer ähnlichen Technik arbeitet der Notbrems-Assistent, der auf drohende Kollisionen mit einem frontal liegenden Hindernis durch einen Warnton sowie eine Anzeige im Display hinweist. Falls nötig, kann er das Fahrzeug sogar anbremsen.
Schulungen für das Fahrpersonal
Um die Fahrer mit der Arbeitsweise der Systeme vertraut zu machen, hat die Vestische im vergangenen Jahr eine Schulung mit einem Experten des Herstellers Evobus auf dem Betriebsgelände in Herten durchgeführt. Wichtige Informationen nehmen aber auch den umgekehrten Weg. So haben Hinweise von Vestische-Fahrerinnen und Fahrern bereits geholfen, den Totwinkel-Assistenten zu optimieren. Nach einem Software-Update kann er anhand des Einschlagwinkels des Lenkrads zwischen einem Abbiegevorgang und dem Anfahren einer Haltestellenbucht unterscheiden.
Während die Vestische ihre älteren Modelle noch aufwendig mit Glas-Trennscheiben für den Fahrersitz nachrüsten musste, gehören die bei den neuen Modellen zur Standardausrüstung. Sie bieten Infektionsschutz und schirmen vor Angriffen von der Seite ab.
Wasserstofftankstelle in Herten
Mit dem Wasserstoff-Kompetenzzentrum auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Ewald in Herten hat der Busbetreiber Vestische einen im Wortsinn nahe liegenden Partner für den Test der Wasserstoffbusse. Zum Tanken am Betriebshof Herten kann das Unternehmen die dortige anzapfen.
Der Wasserstoff für den Betriebshof in Bottrop soll zunächst mit einem Tanklast-Shuttle transportiert werden.