Kirchhellen. Fördermittel auch für Ponyhalter nach den jüngsten Wolfsrissen findet der Bottroper Naturschutzbund gut. Die neue Abschuss-Debatte nicht.
„Herdenschutz bleibt alternativlos.“ So kommentiert der Bottroper Naturschutzbund (Nabu) die von Landesumweltministerin Ursula Heinen-Essern angekündigte Erweiterung der Förderrichtlinie Wolf auch auf Ponyhalter und die geplante neue Wolfsverordnung der Landesregierung.
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Ab Januar wird die Förderrichtlinie Wolf auf Ponys, Fohlen und Jungpferde auch im Schermbecker Wolfsgebiet ausgeweitet. Darüber hinaus wird künftig Herdenschutzberatung und Förderung gemeinsam über die Landwirtschaftskammer NRW (LWK) neu organisiert. Und auch eine dritte Neuerung ist angedacht: NRW will eine Wolfsverordnung nach niedersächsischem Vorbild schaffen, in der die Tötung von Wölfen geregelt werden soll.
Lob für Nachbesserung beim Herdenschutz
Das Bürgerforum Gahlen hatte diese Entscheidungen als „Schritte in die richtige Richtung“ bezeichnet, und ausnahmsweise sind sich Bürgerforum und der Bottroper Nabu in Teilen einig. „Die Verbesserungen im Herdenschutz sind goldrichtig“, kommentiert Rolf Fricke, Biologe und einer der beiden Vorsitzenden des Nabu Bottrop. Da könne viel gelingen, wie die Entwicklung der letzten Monate zeige, denn es würden kaum noch Schafe gerissen.
Das zeige, wie weit man mit wolfsabweisender Zäunung und Einstallung während der Dunkelheit kommen könne. Die zentrale Ansiedlung von Beratung und Förderung bei der LWK sei ebenfalls zu begrüßen. Das mache das Leben der Tierhalter leichter, denn es führe zur Vereinfachung und Beschleunigung von Vergabe-Prozessen.
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Wenig Verständnis zeigt Fricke dagegen für die Überlegungen der Ministerin nach der Verhältnismäßigkeit des Aufwandes zum Herdenschutz. Die Zäune der Region seien oft alt und marode. NRW investiere hier nicht in Wölfe, sondern für die nächsten Jahrzehnte in moderne Weidehaltung. „Im Vergleich zu anderen Positionen des NRW-Haushaltes – zum Beispiel die Ausgleichszahlungen für Schäden durch Wildgänse am Niederrhein - ist das auch zu vertreten“, sagt er.
„Niedersachsen kann kein Vorbild für NRW sein“
„Für grundfalsch halten wir ein Wolfsmanagement wie in Niedersachsen“, ergänzt Stefan Voßschmidt, Jurist und ebenfalls Vorsitzender des Nabu Bottrop. „Das kann kein Vorbild für NRW sein, denn auf Basis der niedersächsischen Verordnung können Wölfe im Moment nicht rechtssicher getötet werden.“
Wölfe seien entsprechend der FFH-Richtlinie der EU über das Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Das Land Niedersachsen habe seine Wolfsverordnung auf Basis des relativ neuen § 45a des Bundesnaturschutz-Gesetzes formuliert. Dieser Paragraf erleichtert den Abschuss von Wölfen und erweitert die Gründe, aus denen sie abgeschossen werden können.
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Dieser Paragraf werde aber gerade bei der Europäischen Kommission einem Vertragsverletzungsverfahren unterzogen, sagen die Nabu-Vorsitzenden. Der Nabu Niedersachsen habe deshalb eine Klage gegen die Wolfsverordnung des Landes eingereicht. Damit solle erreicht werden, dass diese Verordnung europarechtskonform umgestaltet wird.
Wolfsjagd in Niedersachsen „bisher nicht erfolgreich“
Zu alledem sei die Jagd auf die intelligenten und extrem vorsichtigen Wölfe alles andere als einfach. In Niedersachsen sei das bisher nicht erfolgreich. Die vier monatelang zum Abschuss freigegebenen Alttiere hätten dortige Jäger nicht erlegen können. Stattdessen habe man in allen Fällen irrtümlich streng geschützte Jungwölfe erlegt.
„Wolfsabschüsse bringen wenig, an professionellem Herdenschutz geht daher kein Weg vorbei“, fasst Fricke die Auffassung vieler Wolfs-Experten zusammen. Tötungen von Altwölfen zerstören die wichtigen Familienstrukturen. Junge Wölfe müssen ihre Jagdtechniken erst lernen. Fehlten die erfahrenen Elterntiere als Vorbild, blieben Jagderfolge bei der Hauptnahrungsquelle Schalenwild aus, und die hungernden Jungwölfe würden sich verstärkt an den einfacher zu erbeutenden Weidetieren orientieren. „Ohne vernünftigen Herdenschutz wären dann wieder mehr Nutztierrisse zu erwarten. Das bringt also langfristig nichts.“.
„Freies Wolfsrevier wäre schnell wieder besetzt“
Seit Mai gibt es einen neuen Wolf im Wolfsgebiet Schermbeck. Der junge männliche Wolf mit der Kennung GW2347m stammt nach Angaben des Landesumweltamtes aus dem Rudel Werlte in Niedersachsen.
Der eingewanderte Wolf bestätigt den Bottroper Nabu in der Einschätzung, selbst nach einem Abschuss von Gloria und ihrem Rudel werde das Wolfsgebiet Schermbeck nicht lange unbesiedelt bleiben. Fricke dazu: „Nicht nur in der Lüneburger Heide werden jedes Jahr Wolfswelpen geboren. Ziemlich sicher wäre ein freies Wolfsrevier durch Zuwanderer schnell wieder besetzt.“