Bottrop. Die SPD will lieber nur für die guten und gefragten Jugendtreffs in Bottrop Geld ausgeben. Darum stößt sie mit ihrem Plan auf heftige Gegenwehr.
Die Stadt wird ihre offenen Kinder- und Jugendeinrichtungen genauer unter die Lupe nehmen. Das Jugendressort der Verwaltung will und soll dabei herausfinden, ob die einzelnen Jugendstätten noch gut besucht werden, welche Bedeutung sie für die jungen Leute in ihrem Umkreis aber auch stadtweit haben und ob sie eigentlich noch gebraucht werden. Bei dieser Qualitätsanalyse wird das Jugendressort auch untersuchen, welche Auswirkungen die Corona-Krise auf Bottroper Kinder und Jugendliche hat.
Vor allem die SPD dringt auf diese Untersuchung. Ihr Ziel ist es, schlecht laufende Jugendeinrichtungen zu schließen und mit dem Geld lieber die guten zu stärken. Das aber lehnen die Vertreter anderer Ratsparteien entschieden ab. „Es geht uns nicht darum, Einsparungen zu erzielen“, versicherte SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Göddertz in einer Gesprächsrunde mit der WAZ ausdrücklich. Ziel sei vielmehr, das Geld für eine Verbesserung der Jugendarbeit insgesamt einzusetzen.
Ballung von Jugendtreffs um die Welheimer Schulen
SPD-Ratsherr Matthias Buschfeld macht das am Beispiel Welheims deutlich. Dort gebe es mit dem neuen Jugendhaus der Manuel-Neuer-Stiftung ein hervorragendes Angebot. Ganz in der Nähe seien aber auch die Jugendkirche der evangelischen Kirche zu finden sowie der städtische Keller-Jugendtreff. Eine solche Ballung an Jugendstätten dürfte kaum sinnvoll sein, bezweifelt er. Auch Jugenddezernent Paul Ketzer hatte vor der Eröffnung des neuen Manu’s Jugendhauses daher bereits signalisiert, dass die Stadt ihren eigenen Treff so bald wie möglich aufgeben könnte, um die Manuel-Neuer-Stiftung besser unterstützen zu können.
Für das Jugendressort ist die geforderte Untersuchung ohnehin selbstverständlich. „Wir haben uns das schon auf die Fahnen geschrieben, weil wir uns immer wieder neu aufstellen müssen“, sagte Ressortleiter Karl Trimborn zur WAZ. Bei der letzten Prüfung vor einigen Jahren sei es ums Kürzen gegangen. „Wir mussten rund 120.000 Euro einsparen“, erinnert Trimborn. Das sei nun anders, aber Jugendangebote immer wieder neu an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen auszurichten, sei sinnvoll.
Zum Kickern fährt keiner mehr ins Jugendzentrum
„Die Jugendeinrichtungen müssen den Kindern und Jugendlichen etwas bieten, was diese zuhause nicht bekommen“, meint SPD-Landtagsabgeordneter Göddertz. Es müssten hochwertige Angebote sein und auch die Lage des Jugendtreffs sei entscheidend. SPD-Ratsherr Buschfeld bringt das so auf den Punkt: „Für einen Kicker fährt heute keiner mehr ins Jugendzentrum“. Jugendtreffs, die sowieso kaum noch jemand besuche, seien letztlich überflüssig.
Vertreter von Jugendverbänden und anderen Ratsparteien sehen das allerdings anders und meldeten sich daher im Jugendhilfeausschuss zu den SPD-Plänen zu Wort. „Wichtig für die Kinder und Jugendlichen ist vor allem, dass zu festen Zeiträumen überhaupt jemand verlässlich für sie da ist“, meint Sportbund-Vertreter Uwe Kobusch auch mit Blick auf die zurück liegenden Corona-Zwangspausen. Auch Volkhard Graf vom Diakonischen Werk wies darauf hin. Jugendtreffs müssten ihre Öffnungszeiten einhalten. „Das ist bei Jugendlichen sensibel“, machte er klar. Viele blieben auch jetzt noch weg, weil die Treffs geschlossen waren. „Wir müssen jetzt erst wieder ein Stück weit Aufbauarbeit leisten“, betonte er.
Bottroper Jugendressort wird sich für den Check Zeit nehmen
ÖDP-Ratsfrau Marianne Dominas hält es anders als die SPD keineswegs für ausgemacht, dass junge Leute die großen Jugendtreffs mit Top-Einrichtungen bevorzugen. Ebenso wie CDU-Sprecher Devrim Huys lehnte sie es ab, bei der Qualitätsprüfung von vornherein auch die Schließung einiger Treffs als Ziel auszugeben. „Das kann dazu führen, dass das Gegenteil bewirkt wird“, sagte Huys. Gegen die Qualitätsüberprüfung an sich haben beide aber nichts.
Nachhilfe von der AfD
AfD-Vertreter Patricks Engels half den Vertretern im Jugendhilfeausschuss auf die Sprünge. Bei der Abstimmung über die von der SPD geforderte Qualitätsuntersuchung der Jugendtreffs wollten sich die Vertreter der meisten Parteien der Stimme enthalten. Einwände gegen die Qualitätsoffensive selbst hatten sie ja nicht.
Für den SPD-Antrag stimmen wollten sie aber deshalb nicht, da sie die angestrebte Schließung einiger Jugendtreffs ablehnen. Patrick Engels machte klar, dass bei vielen Stimmenthaltungen die SPD für ihre Pläne eine Mehrheit findet. Denn gezählt werden nur Ja- und Nein-Stimmen. Enthaltene Stimmen entfallen.
Ausschussvorsitzender Bastian Hirschfelder unterbrach die Sitzung, damit die SPD kurz über eine Änderung ihres Antrages beraten konnte. Nachdem sie auf ihr Schließungsziel verzichtet hatte, entschied sich der Jugendhilfeausschuss einstimmig für die Qualitätsprüfung.
Jugendressortchef Karl Trimborn legt bei diesem Check auf Sorgfalt wert. „Das ist nicht mit einem einmaligen Besuch getan. Da müssen wir unterschiedliche Jugendtreffs besuchen, zu unterschiedlichen Uhrzeiten, außerhalb von Ferien und innerhalb von Ferien“, sagte er. Gespräche mit Mitarbeitern und Jugendlichen seien nötig, und selbstverständlich müsse berücksichtigt werden, welche Auswirkungen die Corona-Krise habe. „Diese Zeit sollten wir uns nehmen“, bat auch Jugenddezernent Paul Ketzer im Jugendhilfeausschuss um Geduld. „Wir werden erst Konsequenzen ziehen, wenn wir wirklich im Bilde sind“, versicherte er. Und die SPD zog ihre Zielvorgabe nach Schließung von Jugendtreffs wieder zurück.