Bottrop. Beim WAZ-Medizinforum im Bottroper Knappschaftskrankenhaus drehte sich alles um das Thema „Sturz im Alter“. Das sagen die Fachmediziner.
Einmal nicht aufgepasst, und dann ist es passiert. „Das häufigste Risiko im Alter: der Sturz“, so lautete das Thema des WAZ-Medizinforums am Donnerstagabend im Knappschaftskrankenhaus.
Professor Dr. Carsten Eggers, Chefarzt der Neurologie, erläuterte zu Beginn generell die vielfältigen Ursachen für Stürze. Zum Beispiel: fehlende Muskelkraft oder mangelndes Gleichgewicht. Aus Sicht des Neurologen kann etwa eine Polyneuropathie die Ursache sein. Ausgelöst wird die Nervenkrankheit durch Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder langjährig hohen Alkoholkonsum.
WAZ-Medizinforum zu Stürzen: Polyneuropathie als Volkskrankheit
„Die Polyneuropathie kann man fast als Volkskrankheit zählen“, sagte Eggers. Der Gefühlsverlust beginne häufig an den Füßen, aber auch an den Händen. Der Gang wird unsicher und tapsig. Viele Patienten würden dieses Gefühl, „wie auf Watte gehen“ beschreiben, so Eggers. Eine weitere neurologische Erkrankung, die im Alter zum Sturz führen kann: der Schlaganfall.
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In dem Zusammenhang erinnerte der Chefarzt das Publikum daran: Sollten sich Symptome (Sprachstörung, Sehstörung, halbseitige Lähmung) eines Schlaganfalls bemerkbar machen, sollte keine Zeit verloren werden. „Jede Minute zählt, sofort den Notarzt verständigen.“
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Auch eine Parkinson-Erkrankung kann zu den Ursachen zählen. Neben einer medikamentösen Therapie seien Physiotherapie, Ergotherapie und Logotherapie entscheidend für den Erfolg. Das sind die Steckenpferde von Susanne Nierhoff, Leiterin Therapie-Team Prosper, und dem stellv. Leiter, Gerd Geldmacher. Nierhoff: „Der wichtigste Tipp, den ich Ihnen geben kann, um Stürze zu vermeiden: Trainiert eure Beinkraft und das Gleichgewicht.“
Übungen gegen Gleichgewichtsprobleme beim Medizinforum
Dann setzte sich das WAZ-Medizinforum in Bewegung – im wahrsten Sinne des Wortes. Nierhoff animierte das Publikum sich von den Plätzen zu erheben und mitzumachen. Man klatschte im Rhythmus des Liedes „Life is life“ und unternahm kleine Gleichgewichtsübungen. „Und jetzt hätte ich gerne Ihre schönste Kniebeuge“, so Nierhoff. Wer körperlich konnte, machte mit. „Sie benötigen keine Sportschuhe oder Pulsmesser.“ Man könne das Training ganz einfach in den Alltag integrieren.
Gerd Geldmacher setzte in seinem Vortrag direkt daran an. Zum Beispiel beim morgendlichen Zähneputzen stehend am Waschbecken. Der Physiotherapeut machte die Übung vor, das Publikum so gut es ging ihm nach. Die Zuschauer sollten so tun, als würden sie sich mit einer Hand die Zähne putzen und gleichzeitig das Gewicht verlagern. Erst auf das rechte Bein, dann links. Im nächsten Schritt sollte beim fiktiven Zähneputzen versucht werden, das rechte Bein anzuheben, anschließend das linke Bein. Die eine oder andere ältere Person im Publikum zeigte dabei sichtbare Gleichgewichtsprobleme.
Die häufigsten Frakturen: Schenkelhals, Oberschenkelknochen, Speichen und Oberarm
Wenn diese Personen im Alltag stürzen, landen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit später bei Dr. Stephan Funk. Er ist Leitender Oberarzt der Unfallchirurgie am Knappschaftskrankenhaus. Er zeigte eine neue Studie über die Häufigkeit der Knochenbrüche in Deutschland. Die Zahlen könne man, gemessen an der Einwohnerzahl, auch auf Bottrop übertragen.
Zahlen zu Stürzen und Knochenbrüchen
Professor Dr. Carsten Eggers, Chefarzt der Neurologie, präsentierte beim WAZ-Medizinforum einige Zahlen aus dem Präventionskonzept NRW.
Demnach stürzen in NRW 30 Prozent der über 65-Jährigen und mehr als 50 Prozent der über 80-Jährigen mindestens einmal im Jahr. Fünf Prozent der Stürze führen zu Knochenbrüchen und ein bis zwei Prozent zu Hüftfrakturen.
Die Folgen einer solchen Hüftfraktur: 50 Prozent erlangen die ursprüngliche Beweglichkeit nicht zurück, 20 Prozent werden pflegebedürftig.
Vier Frakturen treten häufig auf: Schenkelhalsfraktur, Knochenbruch des Oberschenkelknochens, Brüche der Speichen am Handgelenk und ein Bruch des schulternahen Oberarmknochens, der häufig bei älteren Patienten mit Osteoporose diagnostiziert wird. Insgesamt kommen so fast 400 Brüche im Jahr zusammen.
Dr. Martin Glasneck, Chefarzt der Altersmedizin, wies darauf hin, dass jede osteoporotische Fraktur weitere Frakturen nach sich zieht. „Wenn ein Bruch eingetreten ist, steigt die Wahrscheinlichkeit eines nächsten Bruches erheblich.“ Besonders betroffen seien untergewichtige Frauen. Dazu gesellt sich bei vielen Älteren die Angst vor einem Sturz. Deshalb sein Rat: Steigerung der Muskelkraft und des Gleichgewichts. Außerdem solle man für den Aufbau von Muskeln auf die richtige Ernährung achten.