Kirchhellen. Das Kinderdorf Bottrop in Gambia hat jetzt auch einen Schulgarten. Die Idee dazu – und viele Gartengeräte – kommen aus Kirchhellen.
Die Erweiterung des Kindergartens im Kinderdorf Bottrop in Gambia ist das nächste große Projekt des gleichnamigen Vereins, der sich seit 1985 um den Auf- und Ausbau des Kinderdorfes kümmert. Die 5000 Euro Erlös aus dem Benefiz-Golfturnier „Gambia-Cup“ sollen den Grundstein bilden für die Erweiterung. Nebenan investieren Unterstützer aus Kirchhellen nicht in Steine, sondern in Grün: Mit zwei Jahren Anlauf haben sie den neuen Schulgarten in Betrieb genommen.
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Wenn eine Biologielehrerin ein Projekt in die Hand nimmt, dann soll wohl etwas Grünes herauskommen. Seit 2017 ist Ira Vogler Lehrerin am Vestischen Gymnasium, seit 2018 ist sie zudem Patin im Verein „Kinderdorf Bottrop für Gambia – Partner für Afrika“. Die Idee des Schulgartens hat sie von ihrer ersten Gambiareise 2018 mitgebracht und gemeinsam mit ihren Kolleginnen Sabrina Dollny und Isabel Pesch einen Aufruf am Vestischen Gymnasium gestartet: Spendet gut erhaltenes Werkzeug und Gartengeräte!
Das Ergebnis des Aktionstages im September 2019 übertraf alle Erwartungen, sagt der Vereinsvorsitzende Wolfgang Gerrits. „Die Packliste umfasste vier volle Seiten. Neben Hammer, Bohrer, Säge und Akkuschrauber nahmen die VGK-Kräfte Rasenmäher, Heckenschere, Kreissägen, Winkelschleifer und viele weitere Spenden entgegen. Damit ist der Boden bereitet für die Rekultivierung des Schulgartens im Kinderdorf Bottrop.“ Und außerdem haben die Kirchhellener noch jede Menge Spielzeug gespendet. Und Kleidung. Und Schuhe. Denen sollte Ira Vogler später wieder begegnen. Und Schränken.
Wiedersehen mit den Chemie-Schränken
Die Schränke standen früher im Chemielabor des Vestischen. Als das im Sommer 2019 für 95.000 Euro modernisiert wurde, waren die alten Schränke eigentlich übrig. Aber zum Wegwerfen viel zu schade, fanden die Schüler der inzwischen am Gymnasium entstandenen Arbeitsgruppe Gambia: An der „Technical High School“ im Kinderdorf können sie die bestimmt gut gebrauchen. Also haben die Kirchhellener die alten Schränke aus dem Gebäude geschleppt und verladen, damit sie per Schiffscontainer die Reise nach Gambia antreten konnten. „Die haben richtig geschuftet“, sagt Ira Vogler. „Die Schränke waren tonnenschwer.“
Im März 2020 reiste die nächste Delegation nach Gambia. Ira Vogler hätte nachkommen sollen. Doch dazu kam es nicht mehr, denn auch Gambia gab Corona-Alarm. Das westafrikanische Land schloss die Schulen, auch die Einrichtungen im Kinderdorf waren verwaist. Die Bottroper Delegation wurde dringend zum Heimflug aufgefordert, berichtete Vereinsmitglied Rolf Schulte damals aus dem Kinderdorf: „Die ersten von uns sind bereits wieder daheim. Bis zum Wochenende sollen weitere Flüge folgen, dann werden wohl alle Flüge eingestellt.“ Und zwar für lange, lange Zeit: Es folgte der erste Lockdown.
Gambia-AG konnte sich wegen Corona nicht mehr treffen
Corona und die Folgen haben auch den Unterstützern in Kirchhellen schwer zu schaffen gemacht. Die Gambia-AG durfte sich nicht mehr treffen; eine Schülerin, die ein Praktikum im Kinderdorf absolvieren wollte, hat inzwischen ihr Studium begonnen. Andere Oberstufenschüler mussten sich unter Homeschooling-Bedingungen auf ihr Abi vorbereiten.
Jetzt endlich ist die Lage wieder so, dass die Vereinsmitglieder an normale Besuche im Kinderdorf denken konnten. Während andere Vereinsmitglieder früh für den Herbst buchten, ist Ira Vogler skeptisch geblieben: „Ich wollte das erst kurz vorher entscheiden.“
Aber alles lief zunächst nach Plan. Der hätte vorgesehen, das Ira Vogler im Kinderdorf Schüler und ihre Mütter in die Vorbereitung und Aussaat des Schulgartens einweist. Stattdessen stand Ira Vogler mit dem Leiter der „Technical High School“ vor rund 50 Umzugskartons, die Ladung des letzten Containers aus Bottrop, der im Sommer ankam. „Die haben den Container ausgeladen, aber keinen einzigen Karton aufgemacht“, sagt die Lehrerin und vermutet, dass das aus Respekt vor den Spendern so gelaufen ist.
Basar für Kleider und Schuhe
Also hat sie erstmal ausgepackt, Schuhe zu Paaren gebunden, T-Shirts nach Größen sortiert – und dann für die Schüler einen Basar veranstaltet. „Es ist nicht so, dass die Kinder im Dorf keine Schuhe haben“, sagt sie. „Aber die sind oft Jahre alt und deshalb inzwischen viel zu klein.“ Also hat sie an die Kinder stundenlang Schuhe nach Augenmaß verteilt und ihnen, weil sie schon mal da waren, halbwegs passende T-Shirts dazugegeben.
Das ist das Kinderdorf Bottrop in Gambia
Im August 1985 haben WAZ-Redakteure in Bottrop ein Projekt in Angriff genommen. Mit Hilfe der Leser sollte in dem kleinen westafrikanischen Staat Gambia, einem der ärmsten Länder der Welt, ein Kindergarten gebaut werden. Daraus wurdet das „Kinderdorf Bottrop in Gambia“.
Die in der Provinzhauptstadt Brikama aufgebaute Technical High School Bottrop, an der 3000 Jugendliche eine Ausbildung bekommen, wurde im Herbst 2017 an den Staat übergeben, nachdem der Bottroper Verein das komplette Investment abgeschlossen hatte.
Seitdem konzentriert sich der Verein auf den Vorschulbereich. Den Kindergarten im „Kinderdorf Bottrop“ besuchen heute 360 Jungen und Mädchen im Alter von drei bis sechs Jahren. Bis 2025 soll der Kindergarten zu einem Vorschulzentrum für 500 Kinder ausgebaut werden.
Danach hat sie gemeinsam mit Handwerkern und Helfern die Spenden aus Kirchhellen auf die neuen „Guest Houses“ im Dorf verteilt, Schlafzimmer, Bäder und Küchen eingerichtet. Parallel dazu hat sie die Kostenvoranschläge für den Schulgarten neu gerechnet und festgestellt: Mit dem Geld etwa aus dem Spendenlauf 2021 des Vestischen kommen wir deutlich weiter als kalkuliert, auch wegen der bereits vorhandenen Gartengeräte. „Die Kosten waren weitaus geringer als geplant.“
Roden mit der Machete
Und dann endlich konnte sich Ira Vogler um den Garten selbst kümmern. Ihre Partner vor Ort hatten Zweifel angemeldet, ob der Boden überhaupt geeignet sei für den Gartenbau: viel zu sandig sei er, habe jahrelang brach gelegen, sei völlig zugewuchert. Brachflächen, das weiß die Biologin, können gut neue Nährstoffe bilden. Und an das Gestrüpp mussten halt Männer mit Macheten ran.
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Inzwischen ist das Roden beendet. Gemeinsam mit den Kindern hat Ira Vogler das erste Beet mit Auberginen und Paprikapflanzen angelegt. Und mit einem Setzling. Der war das Dankeschön aus dem Dorf. Zum Abschied bekam sie ein Orangenbäumchen überreicht, verbunden mit der Bitte: Wenn die ersten Orangen reif sind, musst du wiederkommen und sie selbst ernten. Das letzte Wort in dieser Frage wird aber nicht sie sprechen, sondern Dirk Willebrand, neuer Schulleiter am Vestischen.