Bottrop. Anwohner an der Kraneburgstraße sind empört über Baupläne in ihren Gärten. Der Rat wollte das auch längst verhindern. So lange ist das schon her.
Nicht nur Anwohner der Kraneburgstraße protestieren zurzeit gegen die Absicht, dass ein weiteres Wohnhaus auf dem Grünland hinter ihren Wohnungen gebaut wird. Auch der Bottroper Stadtrat hatte sich schon eindeutig dagegen ausgesprochen, dass hinter der Kraneburgstraße in zweiter Reihe gebaut wird. Das geht aus Protokollen hervor, die die aufgebrachten Bürger aus der Boy vorlegen können. Um das Bauen im Hinterland der Straße zu verhindern, beschloss der Rat danach, einen Bebauungsplan aufzustellen - und zwar schon vor ziemlich genau 30 Jahren. Der Beschluss war einstimmig.
Die Anwohner sind vor kurzem jedoch von Mitarbeitern der Wohnungsgesellschaft Vonovia dazu aufgefordert worden, die Gärten hinter ihren Häusern bis zum Ende des Jahres zu räumen. Das Gelände werde als Arbeitsfläche für den Bau eines neuen Mietshauses gebraucht, heißt es in den Schreiben. Außerdem will das Unternehmen auf der anderen Seite der Kraneburgstraße zwischen den Mietshäusern neue Parkplätze bauen. Eine Bauvoranfrage ist gestellt. Die Verwaltung teilte den Bürgern inzwischen mit, dass der Vonovia-Konzern einen positiven Bescheid erhalten habe. Das heißt: es darf grundsätzlich gebaut werden.
Einstimmige Beschlüsse gegen Bauen in zweiter Reihe
Darüber sind Anwohner verärgert, weil sie bisher auf eine 30 Jahre alte Zusage der Ratsvertreter vertraut hatten, dass auf dem Grünland gar keine neuen Häuser gebaut werden sollen. Der einstimmige Beschluss war eine Reaktion auf Baupläne, gegen die Anfang der 1990er Jahre ebenfalls schon Anwohner protestiert hatten. Dem Ratsbeschluss waren weitere einstimmiger Beschlüsse voraus gegangen: im Mai 1991 im Ratsausschuss für Stadtplanung und Umweltschutz und im Juni 1991 im Hauptausschuss. Auch die Bezirksvertretung Süd wurde informiert, bevor der Stadtrat Anfang November 1991 schließlich einstimmig beschloss, den Bebauungsplan Nr. 7.12/7 „Kraneburgstraße“ aufzustellen.
Laut Protokoll der Bezirksvertretung Süd erklärten Verwaltungsmitarbeiter, dass sie zunächst noch im Glauben waren, das unerwünschte Bauen im Innenbereich auch auf der Basis des Paragrafen 34 im Baugesetzbuch verhindern zu können. Diese Überlegungen seien angesichts der Rechtslage aber nicht länger zu halten, hieß es schon in den 1990er Jahren. Auch Planungsamtsleiterin Christina Kleinheins hat den Anwohnern in einem aktuellen Schreiben erklärt, dass die Stadt wegen dieses Gesetzespassus’ das Bauen hinter der Kraneburgstraße prinzipiell erlauben müsse.
Parzellen an der Kraneburgstraße für Bebauung ausgeschlossen
Fehlentwicklung
In der Drucksache 293/91 der Stat heißt es dazu: Die zukünftige und noch mögliche bauliche Nutzung des Bereiches soll auf der Rechtsgrundlage eines Bebauungsplanes geregelt werden. Dieser Regelungsbedarf ist gegeben, um einer städtebaulichen Fehlentwicklung in diesem Gebiet entgegenzuwirken.
In dem Protokoll der Bezirksvertretung Süd ist dazu wiederum vermerkt, dass Verwaltungsvertreter vor 30 Jahren als „städtebauliche Fehlentwicklung“ das Bauen in zweiter Reihe ansahen.
Um Bebauungen in der zweiten Reihe dennoch verhindern zu können, wollten die Bezirksvertreter und schließlich auch der gesamte Stadtrat auf Anraten der Verwaltung aber schon vor 30 Jahren, dass ein Bebauungsplan für den auch für die heutigen Baupläne vorgesehenen Bereich an der Kraneburgstraße aufgestellt wird. In den damaligen Beschlussentwürfen waren die rückwärtigen Parzellen auf der Nordseite der Kraneburgstraße ausdrücklich genannt.
Der Boyer SPD-Ratsvertreter Matthias Buschfeld stellte neulich allerdings auf Nachfragen bei der Verwaltung fest, dass es den damals beschlossenen Bebauungsplan „Kraneburgstraße“ gar nicht gebe.