Bottrop. Bottrops Gastronomen fehlen Köche und Servicepersonal. Auszubildende sind nicht in Sicht. Nun müssen manche ihre Öffnungszeiten reduzieren.
Der Personalmangel in der Gastronomie bereitet den Bottroper Wirtinnen und Wirten seit einiger Zeit Kopfzerbrechen. Im Zuge der Corona-Pandemie hat sich diese Tendenz eklatant verstärkt und mittlerweile müssen Restaurantbetreiber zu Maßnahmen greifen, die man vor zwei, drei Jahren nicht für möglich gehalten hätte. Das alte rheinische Motto „Et hätt noch emmer joot jejange“ scheint in diesem Wirtschaftsbereich weder dort noch hier in Westfalen zu gelten. Mehr Schließtage, reduzierte Speisekarten, manchmal sogar schweren Herzens das Vertrösten der Gäste auf andere Tage sind keine Ausnahme mehr.
Im Schnitt haben Betrieben 20 Prozent ihrer Mitarbeiter verloren
„Im Durchschnitt haben die Betriebe 20 Prozent ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren“, sagt Tina Große-Wilde. Sie betreibt nicht nur das gleichnamige Hotel und Restaurant auf dem Eigen, sondern gehört auch dem Präsidium des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) an. Corona habe die Betriebe doppelt getroffen. Einmal die verordneten Schließungen in der Pandemie, das trotz aller Staatshilfen zum gravierenden Umsatzeinbußen geführt habe.
Personal wechselte in andere Branchen oder wurde aktiv abgeworben
Zum Teil haben sich Mitarbeiter dann nach anderen Jobs umgesehen, als sie merkten, dass es in der Gastronomie zunächst nicht weiterging. „Dann hat es aber aktive Abwerbungen gegeben, durch den Einzelhandel, aber auch seitens der Krankenhäuser oder Senioreneinrichtungen“, weiß Tina Große-Wilde.
Und einen Fachkräftemangel habe ihre Branche auch ohne Corona bereits zu spüren bekommen. „Es geht quer durch die Bereiche, vor allem die Küche aber auch der Service sind betroffen“, weiß sie aus dem Verband und direktem Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen. „Wenn in zwei Jahren auf ganz Deutschland bezogen gut 160.000 versicherungspflichtige Jobs weniger gezählt werden als vor Corona, von Minijobs ganz zu schweigen, muss sich das einfach auswirken“, so die Verbandsfrau. Und der Ausbildungsmarkt sei leer gefegt. „Wir hatten bei uns im Betrieb nicht eine Aktivbewerbung in diesem Jahr, das gab es noch nie.“ Früher hatten wir ein, zwei Auszubildende, jetzt keinen, so siehts aus.“
Auch politisch müsse sich etwas ändern. „Eine Fachkräfteeinwanderung sollte auf jeden Fall unterstützt werden, berufliche Ausbildung aus den Heimatländern einfacher anerkannt aber auch die 450-Euro-Grenze bei Minijobs angehoben werden, da ja auch der Mindestlohn gestiegen ist. Dieser Betrag ist aber seit vielen Jahren gleich geblieben, also arbeiten Minijobber kürzer als sie könnten oder wollten.“
Bottroper Gastronomen: Weniger Öffnungstage in der Woche
„Wir mussten bereits unsere Öffnungstage reduzieren, weil wir echten Personalmangel haben, wo sonst sechs Leute in der Küche stehen, sind es momentan oft nicht mal die Hälfte, manchmal weniger“, sagt Stefan Bertelwick vom Gasthof Berger in Feldhausen. Jetzt steht er fast täglich wieder selbst am Herd und: Manchmal gibt er auch potenziellen Besuchern Tipps, sich gastronomisch im Umland umzusehen.
Der Andrang der Gäste sei so groß, dass man inzwischen keinen Unterschied mehr spüre zwischen Wochenende und Wochentagen. Dazu kämen steigende Preise für einige Lebensmittel sowie teilweise Lieferschwierigkeiten. Sein Fazit: „Dass zu viele Gäste einmal ein Problem sein könnten – bitte verstehen Sie das richtig, wir freuen uns über alle, die zu uns kommen – hat es in diesem Umfang in meiner Zeit als Koch und Wirt noch nie gegeben“, so der Gastronom, der auch über Bottrops Stadtgrenzen hinaus bekannt ist.
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Forsthaus Specht: Keine Auszubildenden seit 2017
Bei Christoph und Claudia Lenko vom Forsthaus Specht schlägt der Personalmangel im Servicebereich gerade durch. „Wir könnten unser Haus zurzeit zwei Mal am Tag voll besetzen, die Leute wollen kommen und essen, feiern, aber es fehlen Kellnerinnen und Kellner“, sagt Christoph Lenko, dessen Familie das Bottroper Traditionshaus nun in zweiter Generation betreibt. „Wir suchen seit zweieinhalb Monaten intensivst und finden niemanden.“
3G-Regeln ab Freitag
Der Gasthof Berger schließt aktuell montags und dienstags, das Forsthaus Specht ab September zusätzlich zum Mittwoch auch dienstags.
Ab Freitag gilt in NRW die neue Coronaschutzverordnung. Weil die Landesinzidenz bereits seit dem 7. August über 35 liegt, müssen Besucher der Innengastronomie geimpft, getestet oder genesen sein. Für die Außenbereiche gilt das nicht.
Stattdessen muss er Gäste zum Teil vertrösten und führt ab September einen zweiten Schließtag pro Woche ein. Einmal wollen Lenkos das verbleibende und gute Personal nicht überstrapazieren, dann aber auch keine Abstriche bei der Qualität machen. Auszubildende? Fehlanzeige. Zwei Bewerber habe es 2020 gegeben, die seien aber noch nicht einmal zum Gesprächstermin erschienen. Die letztes Azubis habe es im Forsthaus 2016/17 gegeben.
Und dabei würden sie im Forsthaus Specht, wie die anderen Gastronomen auch, nach den Coronaeinbrüchen (Lenko beziffert sein Umsatzminus durch die Lockdowns auf 50 Prozent) gerne wieder voll durchstarten.