Bottrop. Idylle an Bottrops Grenze: Den Gasthof „Ich danke Sie!“ hat Willi Lippens nach seiner Fußballkarriere aufgebaut. Heute führt es Sohn Michael.
Der „Pott“ ist immer wieder für Überraschungen gut. Mittendrin, zwischen Karnap und Welheim, mit der Boye als Grenzfluss nach Osten und der unüberhörbaren B224, wo niemand so etwas vermutet, liegt wie eine idyllisch-grüne Insel Lippenshof. Genauer: das Restaurant „Ich danke Sie - Mitten im Pott“. Zwei Stichworte sind schon gefallen, die eingesessene „Ruhris“ in Erinnerungen schwelgen lassen. Lippens und der berühmte Spruch deutscher Fußballhistorie. Selbst wer kein Fan heutigen Hochglanz- oder Kommerz-Fußballs ist weiß, wer Willi „Ente“ Lippens ist. Ein Name, der mit Kuzorra oder Rahn in einem Atemzug genannt wird.
Als sich der gebürtige Klever mit niederländischem Vater und deutscher Mutter nach fast 250 Spielen allein in der 1. Bundesliga 1981 aus dem Profifußball zurückzieht, gehört ihm und seiner Frau Monika der alte Hof bereits seit zwei Jahren. Kurz darauf wird Lippenshof (oder Lippens Ranch), wie er bald im Volksmund heißt, der gastliche Ort, der er bis heute geblieben ist. Über eine schattige Allee am letzten Zipfel der Gungstraße kommen die Gäste auf den Hof. Das historische Wohngebäude erinnert die vorindustrielle, bäuerliche Zeit im Emscher- und Boyetal. Erbaut 1574. Eine uralte Kastanie breitet ihre riesigen Äste aus. „Die Walnussbäume oder Linden habe ich alle selbst gepflanzt, den Hof selbst gepflastert“, sagt Willi Lippens, der locker über das weitläufige Gelände führt. Vor über 40 Jahren wollen beide zunächst zurück an den Niederrhein, Richtung Kleve. „Das war uns dann doch zu einsam.“ Auf dem Weg zur Autobahn sehen sie immer den alten verfallenen Hof zwischen dem damals noch schütterem Baumbestand. Die Kaufentscheidung fällt.
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Die Grundstruktur des alten Hof-Ensembles hat Familie Lippens nicht angetastet - nur etwas erweitert. In früheren Remisen, Unterständen, Scheune oder Stallungen ist heute das Lippens-Imperium untergebracht. Restaurant, 13 Fremdenzimmer, Räume für Familien- oder Firmenfeiern und vor allem: der lauschige Gastgarten zwischen Bäumen und altem Fachwerk.
Inzwischen haben Sohn Michael Lippens und Ehefrau Nicole den „Hut auf“, schmeißen das Geschäft. „Corona hat natürlich Spuren hinterlassen, einige Aushilfen haben wir dadurch verloren, heute muss ich verstärkt mit ran“, sagt Michael Lippens. Der gelernte Koch (bei Charly Neumann in Schloss Wittringen) blickt in den sich ständig weiter füllenden Biergarten - es ist eine sonniger Spätnachmittag - und dann Richtung Küche, in die er gleich wieder verschwinden muss. Die Eltern Monika und Willi begrüßen entspannt die Besucher, herzlich - nicht nur zu Stammgästen. „Wir haben immer gerne Gäste gehabt, auch privat, und dann ist das heutige Gasthaus daraus geworden.“ Ein echter Familienbetrieb übrigens, sozusagen mit zweieinhalb Generationen. Denn manchmal helfen auch die Enkel im Service - die sind übrigens selbst aktive Fußballer bei Blau-Weiß Fuhlenbrock.
Die Karte bietet Gut-Bürgerliches. Hausgemachte Suppen, Rind, Schwein, Geflügel aber auch frischen Lachs auf Proseccoschaum, Salate, Kinderteller. „Ich bin absoluter Schnitzel-Fan“, outet sich Monika Lippens. Es gibt auch „Specials“. „Willis Zwiebelnest“ zum Beispiel. „Eines der wenigen Gerichte, die ich auch zubereiten kann, hab ich in den USA kennengelernt, der Trick ist, dass die Panade richtig hält“, lacht der Seniorchef. Den Trick verrät er natürlich nicht. Aber, dass er seinem Sohn in der Küche unbedingt vertraut. Und das tun offensichtlich auch die Gäste, die bereits zufrieden auf ihre Teller schauen.
„Können Kicker kochen?“ - das hört man heute längst nicht mehr
Die anfangs oft gestellte Frage „Können Kicker kochen?“ hören die Lippens schon lange nicht mehr. Aber dem Fußball kann sich an diesem Ort so schnell niemand entziehen. Auf dem Weg zu den gekachelten Mannschaftsräumen hängt eine Fotogalerie mit den alten Stars. Neben dem Waschbecken die Überraschung: Eine Ente mit Fußball und holländischen Holzschuhen - als Mosaik. „Das hat ein Freund aus Holland hinterlassen, der fing einfach an, die Kacheln abzuschlagen und hat dann die Enten reingesetzt“, erzählt Willi „Ente“ Lippens. Übrigens auch eine für die Damenabteilung...
Die Serie - Das Lokal
Die Serie „Ungewöhnlich essen und ausgehen in Bottrop“ nimmt Lokale in den Blick, die etwas anders sind. Sei es es durch die Küche oder - wie heute - auch durch die Lage und ungewöhnliche Geschichte.
Der Lippenhof mit dem Restaurant „Ich danke Sie!“ liegt für viele versteckt zwischen Welheim und Essen-Karnap an der Gungstraße 198 in 46238 Bottrop. Mehr Infos auf: mitten-im-pott.de.