Bottrop. Die Hochschule Ruhr West (HRW) hat Labors und Büros im Gründerzentrum Prosper III in Bottrop bezogen. Innovation steht dort im Zentrum.
Büros, Seminarräume, Werkstatthallen – die prosperierende Hochschule Ruhr West (HRW) am Standort Bottrop benötigt mehr davon und zog als ersten Schritt einer Erweiterung ins Gründerzentrum Prosper III. Vor einem Jahr übergab Oberbürgermeister Bernd Tischler der Hochschulpräsidentin Prof. Dr. Susanne Staude symbolisch den Schlüssel für rund 1500 auf zehn Jahre gemietete Quadratmeter. Seither hat sich vor Ort, wenn auch teils von Corona gebremst, einiges entwickelt. In einer Kurzserie stellen wir die Hochschul-Aktivitäten auf Prosper III vor. Los geht es mit dem Forschungsprojekt Prosperkolleg.
Prosperkolleg widmet sich in Bottrop der zirkulären Wertschöpfung
Das widmet sich grundsätzlich dem Thema zirkuläre Wertschöpfung in der Region. Dabei soll Abfall vermieden, Ressourcen geschont und die Stoffe, aus denen Produkte bestehen, im Idealfall Kreisläufen zugeführt werden. Dazu gehört laut HRW natürlich, diese Grundidee auch den Betrieben nahe zu bringen und zu schauen, inwieweit die kleinen und mittleren Unternehmen schon für zirkuläre Wertschöpfung aufgestellt ist.
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Zwei Doktoranden erforschen in diesem Zusammenhang im Labor „Circular Digital Economy Lab“ (CDEL) ganz praktische Verfahrensfragen. „Als Demonstrationslabor versuchen wir innovative Verfahren in Gang zu bringen, bei denen Informatik und Verfahrenstechnik kombiniert wird“, erklärt Professor Dr. Saulo Seabra, Leiter des CDEL. Und das sieht so aus:
Nermeen Abou Baker (34), die als Informatikerin extra für dieses Projekt nach Deutschland kam, nennt als momentanes Ziel, alte elektronische Geräte zu recyceln. „Ich konzentriere mich auf die Rolle von Künstlicher Intelligenz, um die Objekte zu erkennen.“ Denn, so ergänzt Professor Dr. Uwe Handmann, Dekan am HRW-Campus Bottrop und Verantwortlicher CDEL Digitalisierung: „In den Geräten stecken unterschiedliche Komponenten. Nun will man wissen, wo genau diese sich befinden, damit man den folgenden Zerlegeprozess strukturieren kann.“ Automatisch erkannt, optimal in Reststoffe zerlegt (ohne dass zum Beispiel der Akku aus Versehen zerschnitten wird), kann das alte Gerät neuen Zwecken dienen.
Im Labor in Bottrop werden Elektrogeräte erst klassifiziert, dann zerlegt
Beispiel Handy: Da gilt es automatisch zu erkennen, was genau es für ein Gerät und Produkttyp ist. Dazu gehören mehrere Kameras und Sensoren, aber auch ein künstliches Gehirn. Nermeen Abou Baker beschreibt das so: „Das ist ein Blackboxsystem, wie ein Gehirn, mit neuronalen Netzen.“ Sie zeigt eine Art Kiste, in die Elektroteile gelegt und zunächst aufgenommen werden. Daneben steht ihr Computer. Mit Hilfe der künstlichen Intelligenz (KI) wird das Elektroteil genau klassifiziert. Dazu muss die KI lernen und trainieren, erklärt Handmann.
Mit der automatischen Erkennung soll die in der Entwicklung befindliche Verwertungsstraße beginnen. Dann kommt die Zerlegung. Mike Duddek (29), Maschinenbauer und Verfahrenstechniker, erklärt die Idee: „Wir bauen schon alle Produkte mit Robotern zusammen. Also ist unser Ansatz, sie mit Robotern wieder auseinander zu bauen. Wir werden mit Robotern die Produkte so intelligent vorzerlegen, dass wir am Ende keine Vermischung von enthaltenen Materialien haben.“ Dabei dient der Einsatz von Robotern auch der Wirtschaftlichkeit.
Bottroper Forscher: Recycling von Elektroschrott ist aktuell nicht sehr effektiv
Aktuell sehe Recycling von Elektroschrott nicht sehr effektiv aus, oft würden nur die Rosinen rausgenommen (Akkus, Elektronikteile), der Rest geschrottet. „Lithium liegt bei einer Recyclingquote von einem Prozent“, nennt Duddek ein Beispiel aus der EU.
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Am Ende der hier gewonnenen Erkenntnisse, betont CDEL-Leiter Seabra, steht das Neudenken von Produktdesigns, bei denen die Weiterverarbeitung schon mitentworfen wird.
Insgesamt soll aus der zirkuläre Wertschöpfung ein wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Nutzen erfolgen. Handmann: „Auf die Stellen in diesem Bereich haben wir viele Bewerbungen. Oft wird als Motivation genannt: Ich will dazu beitragen, dass die Welt besser wird.“
Eine Verbesserung schon im Kleinen, nämlich eine Aufwertung des Standortes, bewirkt das Prosperkolleg, das mit seinen diversen Aktivitäten laut Handmann die „Stakeholder der zirkulären Wertschöpfung in Deutschland“ vernetzt, an der Kardinal-Hengsbach-Straße. Der Einzug der Hochschule auf Prosper III verleiht dem zuletzt immer wieder in die Kritik geratenen Gründerzentrum neuen Glanz.
Weitere Infos zum Projekt rund um die zirkuläre Wertschöpfung gibt es auf www.prosperkolleg.de
Was nach der Zeche kam
Auf dem Zechengelände von Prosper III wurde mehr als 100 Jahre lang Kohle gefördert, bevor die Zeche 1986 geschlossen wurde.
Anfang der 1990er-Jahre wurde das Gebiet als IBA-Standort neu genutzt. IBA steht für Internationale Bauausstellung; diese sollte dem Ruhrgebiet Impulse für einen Strukturwandel geben.
Neben der Erweiterung der HRW stehen die Räumlichkeiten des Gründerzentrums heute auch für Dienstleistungsunternehmen und Handwerksbetriebe offen. Infos: www.bottrop.de
Von außen erkennt man derzeit noch nicht auf den ersten Blick, dass die Hochschule nun Teil des Prosperviertels ist. Doch künftig soll rund um den „Roten Platz“ noch viel mehr studentisches Leben einkehren.
Die Zusammenarbeit mit dem ebenfalls hier ansässigen Quartiersbüro Prosper III bietet sich an, um für alle Bewohner im Viertel die Lebens- und Aufenthaltsqualität zu verbessern.