Bottrop. Der Bottroper Architekt Ricardo Langer hat viel Erfahrung beim Bauen. Nun verrät er seinem Nachfolger, wie ein Kreis guter Handwerker dabei hilft
Ricardo Langer ist Architekt aus Leidenschaft und das hat zwei Gründe. „Wenn ich durch meine Stadt fahre, sehe ich, was ich gebaut habe“, sagt er. Sein Bürogebäude am Lamperfeld 8 zum Beispiel gehört zweifellos zu jenen Bauten, die sofort ins Auge fallen. Diesem ist anzusehen, dass der gebürtige Bottroper ein großer Fan des Oeuvres von Josef Albers ist. Auch von Ricardo Langer geplante Wohnhäuser etwa an der Birkenstraße oder der Lindhorststraße fallen durch ihre farblich abgesetzten Treppenhäuser aus der Reihe. Der Mann hat es eben mit Farben.
„Außerdem macht es mir Spaß, Menschen zu helfen“, sagt er. Nach 40 Jahren Tätigkeit als selbstständiger Architekt kann es nun durchaus etwas ruhiger zugehen, meint Langer. Aus diesem Grund hat der Bottroper in den letzten Monaten darauf hingearbeitet, sein Büro für die Zukunft aufzustellen. Mit Lukas Banner fand er einen Nachfolger. Der 29-Jährige Architekt kommt ebenfalls aus Bottrop. Er ist Sohn des früheren Bottroper Feuerwehrchefs Heinz-Jürgen Banner und freut sich über die anstehenden Herausforderungen: „Ich bin sicher, dass ich von Ricardo Langer jede Menge lernen kann, möchte aber auch mit eigenen Ideen für frischen Wind sorgen.“
Hypothekenzinsen sind noch verlockend tief im Keller
Ricardo Langer ist es wichtig, weiterhin Kontakt zu den Kunden zu behalten und seinem motivierten Nachfolger beratend zur Seite zu stehen. Gerade jetzt, da die Hypothekenzinsen noch verlockend tief im Keller seien und die Corona-Krise noch immer die Sehnsucht nach Geborgenheit, nach den eigenen vier Wänden schüre, sei der Rat eines Experten gefragter denn je. „Die Anschaffungskosten für ein Haus oder eine Eigentumswohnung sind immens gestiegen. Umso wichtiger ist, dass Käufer in ihrer Euphorie die Ausgaben für Umbau, Renovierung oder Extrawünsche nicht unterschätzen.“ Der Architekt rät, auf jeden Fall zu bauen. „Wer ein Grundstück hat, sollte das jetzt tun“, sagt der Bottroper. Die durch die Coronakrise künstlich in die Höhe getriebenen Materialpreise würde sich bald wieder legen, hofft er.
Ricardo Langer profitiert von seiner 40-jährigen Erfahrung. Er gehört dem Bottroper Gutachterausschuss für Grundstückspreise seit drei Jahrzehnten an und ist damit eines der dienstältesten Mitglieder. Nach dem Studium in Essen arbeitete Langer mehr als zweieinhalb Jahre als Angestellter in einem Architektur-Büro in der Nachbarstadt und lernte von seinem damaligen Chef den Blick fürs Detail. „Wir mussten jedes Anschlussdetail frei Hand skizzieren, um zu überprüfen, ob wir alles richtig geplant und kein Problem übersehen hatten.“ Noch heute beherzigt er, was ihm der ehemalige Chef vorlebte.
Die Auftragsbücher der guten Bottroper Handwerker sind voll
„Mein Anspruch ist es, mindestens einmal am Tag auf der Baustelle zu sein.“ Für ihn und seinen Nachfolger gilt: „Man kann noch so viel planen. Entscheidend ist auf der Baustelle.“ Ob es sich dabei um einen Neubau, um kleinere Renovierungsarbeiten oder nur den Bau einer Garage handelt, spielt für den 65-Jährigen keine Rolle. Nur wer die Nähe zum Kunden suche und ihn aufrichtig berate, gewinne sein Vertrauen, hebt er hervor. „Das zahlt sich langfristig aus.“
Ricardo Langer hat schon Zeiten erlebt, da zahlten Käufer acht bis zehn Prozent Hypothekenzinsen, „im Gegenzug waren Immobilien wesentlich günstiger zu bauen und zu erwerben als heute“. Nun käme noch ein weiteres Problem hinzu: „Die Auftragsbücher gerade der guten Handwerker sind voll. Zudem klagen viele von ihnen über Lieferschwierigkeiten von Baumaterial.“ Der Bottroper kennt diese Probleme nicht. „Wer wie ich so lange im Geschäft ist, baut sich einen Kreis von Handwerkern auf, denen er vertraut und die er seinen Auftraggebern empfiehlt. Diese Handwerker werden alles darangeben, meine Bauherren und mich nicht zu enttäuschen.“
Beim Traum vom Eigenheim in Bottrop hilft ein dicker Bleistift
Damit der Traum vom Eigenheim in Erfüllung geht, überlässt Langer nichts dem Zufall. Mit einem dicken Bleistift zeichnet er auf nackten Mauern und auf Fundamenten die Absprachen mit Bauherren und Handwerkern auf, markiert beispielsweise, wo Schalter und Leitungen platziert werden müssen. „Die Zeiten werden immer hektischer. Da erinnert sich schon einige Tage später keiner mehr, was wir abgesprochen haben.“ Sein Motto: Helfen und beraten ja, aber nicht überreden oder gar manipulieren. „Letztendlich hat jeder Kunde seinen eigenen Geschmack und muss selbst entscheiden.“ Doch eins ist Ricardo Langer wichtig: „Schön aussehen reicht nicht. Es muss auch funktionieren.“
Auch seine eigene Zukunft hat Ricardo Langer daher rechtzeitig und verantwortungsbewusst geplant. Neuer Partner im Architektenbüro am Lamperfeld ist jetzt Lukas Banner. Die beiden kennen sich schon aus Handballzeiten. Ricardo Langer saß häufig auf der Tribüne, wenn sein Sohn Sandro gemeinsam mit Lukas Banner für DJK Adler 07 spielte. Lukas Banner, den schon als kleiner Junge Baustellen faszinierten, hat nach seinem Studium als Angestellter Erfahrungen gesammelt und unter anderem auch den Bau des neuen Kinder- und Jugendkulturhauses „Das F“ in Kirchhellen mitbetreut.
Das gemeinsame Firmenschild ist am Bottroper Büro angebracht
Ricardo Langer: „Die Gespräche mit Lukas haben mich restlos überzeugt. Mir imponieren sein Ehrgeiz und seine Begeisterung, gepaart mit sympathischer Bodenständigkeit. Auch wegen seiner Korrektheit und Kreativität hätte ich keinen besseren Nachfolger finden können.“ Lukas Banner wiederum freut sich, noch einige Zeit von dem erfahrenen Architekten zu lernen. Das gemeinsame Firmenschild ist angebracht, ein zweiter Schreibtisch steht längst im Büro, und natürlich hat Ricardo Langer seinem Gegenüber schon einen dicken Bleistift geschenkt. Es ist mehr als ein Arbeitsmittel, es ist ein Symbol, dass nach einer Übergangszeit alles so bewährt und erfolgreich weitergeht wie bisher.