Bottrop. Die Villa Körner in Kirchhellen wird verkauft. Doch Interessenten müssen tief in die Tasche greifen und Auflagen erfüllen. Es gibt auch Kritik.

Jugendtreff, zuletzt sogar Kita – die Villa Körner gehört sicher zu den bekannten Gebäuden in Kirchhellen und viele im Dorf verbinden womöglich auch persönliche Erinnerungen mit dem alten Gemäuer. Nun steht die Villa Körner zum Verkauf.

Seit rund einer Woche bietet die Stadt Bottrop das Haus auf Immobilienportalen im Internet an. Wer Interesse hat, muss mindestens 490.000 Euro zahlen. Wahrscheinlich aber wird das nicht reichen. Denn die Stadt verkauft die Villa mit dem 2200-Quadratmeter-Grundstück an der Horsthofstraße im Bieterverfahren, bis zum 13. August können Gebote abgeben werden. Die rund 500.000 Euro sind dabei nur das Mindestgebot. Gut möglich also, dass der tatsächliche Preis am Ende um einiges höher liegen wird.

Die Kirchhellener Villa ist laut Exposé „sanierungsbedürftig“

Dafür erhält der Käufer dann ein sanierungsbedürftiges Objekt. Im Exposé liest es sich so: „Dieses gute Stück ist allerdings in die Jahre gekommen und sehnt sich nach einem neuen Eigentümer, der es durch eine grundlegende Sanierung in neuem Glanz erstrahlen lässt.“ Zuletzt wurden 1984 umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt.

Der Treff für Kinder und Jugendliche ist inzwischen umgezogen in den ehemaligen Spargelhof an der Hackfurthstraße.
Der Treff für Kinder und Jugendliche ist inzwischen umgezogen in den ehemaligen Spargelhof an der Hackfurthstraße. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Abreißen darf der neue Besitzer die alte Villa jedoch nicht. Zwar steht der Bau nicht unter Denkmalschutz doch es gilt laut Exposé: „Das Bauwerk muss erhalten bleiben. Ein Abbruch und Neubau ist nicht zulässig.“ Das hat auch planungsrechtliche Gründe, erläutert Angela Nohner vom Planungsamt. Denn die Villa liegt im Außenbereich, so will man sicherstellen, dass nun ein Bauträger womöglich auf die Idee käme, das Haus abzureißen und durch ein Mehrfamilienhaus zu ersetzen.

Trotz hoher Investitionen gibt es schon zahlreiche Interessenten

Welche Sanierungsarbeiten anstehen, darüber informiert die Stadt die Interessenten auch sofort. Rund 50.000 Euro würden fällig für ein neues Dach. Der Dachstuhl ist von Fäulnis befallen und muss erneuert werden. Außerdem existiert bisher kein Anschluss an eine Kanalisation. Auch die muss ein neuer Eigentümer herstellen. Die Kosten dafür schätzt ein Tiefbauunternehmen auf rund 30.000 Euro. Immerhin betrüge die Kanallänge rund 70 Meter in einer Tiefe von etwa drei Metern.

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Das alles schreckt Interessenten aber nicht ab, sagt Natascha Bettermann von der städtischen Immobilienwirtschaft. Sie verantwortet den Verkaufsprozess und habe schon einigen Interessenten die Immobilie gezeigt. „Darunter auch welche, die nach wie vor Interesse haben.“ Sie rechnet vor, dass wenn jemand 600.000 Euro für die Villa zahlt, noch einmal 400.000 investiert, er für rund eine Million ein Anwesen habe, was es so vergleichbar in Bottrop nicht gebe. Tatsächlich gibt es in Kirchhellen derzeit Häuser, die für mehr als eine Million Euro angeboten werden, denen fehlt aber das historische Flair.

Diese Nutzungsmöglichkeiten sind in der Bottroper Villa erlaubt

Und im Haus gebe es immer noch genügend schöne und erhaltenswerte Bereiche. Dazu zählen laut Beschreibung der Villa die historische Holztreppe, die teilweise mit Stuck verzierten Decken und ein ansprechender Erkerbalkon mit einem Jugendstilgeländer.

Derzeit steht das Gebäude leer, ein neuer Eiegntümer könnte sofort loslegen.
Derzeit steht das Gebäude leer, ein neuer Eiegntümer könnte sofort loslegen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Doch was kann man bei all den Auflagen eigentlich mit der Villa machen? Völlig unkompliziert ist beispielsweise eine Nutzung als Wohnhaus, möglicherweise auch als Mehrgenerationenhaus. Auch die Verbindung von Wohnen und Gewerbe sei problemlos möglich, sagt Natascha Bettermann. Ein Klassiker in solchen Fällen ist die Nutzung durch Steuerberater, Anwälte, Ärzte oder auch Architekten. Und tatsächlich, so Natascha Bettermann, gebe es auch einen Architekten unter den Interessenten.

Kirchhellens Bezirksbürgermeister hätte sich weiterhin eine soziale Nutzung gewünscht

Eine rein gewerbliche Nutzung ist allerdings ausgeschlossen. Jedoch sei auch eine soziale Nutzung denkbar, etwa wenn dort eine Kita integriert würde, sagt Angela Nohner. Wer so etwas vorhat, hat womöglich sogar einen Vorteil: Gibt es mehrere gleichlautende Höchstgebote, habe eine soziale Nutzung Vorrang, heißt es im Angebot. Grundsätzlich lautet der Tipp jedoch, dass sich Interessenten im Zweifel vorher beim Planungsamt informieren sollten, ob sie ihre Ideen an der Stelle tatsächlich umsetzen können.

Kirchhellens Bezirksbürgermeister Ludger Schnieder sieht den Verkauf der Villa in dieser Form skeptisch. Die Bezirksvertretung ist damit nicht befasst, der Vorgang gilt als „laufendes Geschäft der Verwaltung“. Trotzdem hätte sich Schnieder gewünscht, dass eine weitere soziale Nutzung stärker im Vordergrund gestanden hätte. Dafür hätte man möglicherweise Abstriche beim Verkaufspreis machen können oder aber die Villa auch im städtischen Besitz halten können. Mit einem Nutzer hätte man sich dann vielleicht einigen können, was Mietzahlungen und Kostenübernahmen für Sanierungen angeht. Er hofft, dass man hier noch Einfluss nehmen könne.

Kein Denkmal

Anders als mancher annehmen mag steht die Villa Körner nicht unter Denkmalschutz. Der Grund: In der Vergangenheit wurde schon zu viel an dem Gebäude renoviert und saniert, so dass nicht mehr genug von der ursprünglichen Substanz übrig sei, was eine Einstufung als Denkmal rechtfertige. Das habe die obere Denkmalbehörde schon vor einigen Jahren bei einer Prüfung entschieden, berichtet Angela Nohner. Das Baujahr der Villa ist übrigens unbekannt. Zuletzt wurde das Haus übergangsweise von der evangelischen Kirche als Kita genutzt, bis der Neubau an der Horsthofstraße fertig war. Davor betrieben die Falken die Villa Körner über Jahrzehnte als Treff für Kinder und Jugendliche. Der befindet sich inzwischen im ehemaligen Spargelhof an der Hackfurthstraße. Vom Verkauf nicht betroffen ist der öffentliche Fußweg. Er bleibt erhalten.