Ruhrgebiet. Gut sieben Prozent der Menschen sind bereits vollständig geimpft. Für sie gibt es ab heute erste Erleichterungen von den Corona-Beschränkungen.

  • Ab Montag gelten in NRW erste Erleichterungen für Menschen, die vollständig gegen das Coronavirus geimpft sind oder von einer Corona-Erkrankung genesen sind.
  • Für sie entfällt zum Beispiel die Testpflicht beim Einkaufen, Zoobesuch oder Friseurtermin. Außerdem können sie ohne Quarantäne aus Corona-Risikogebieten nach NRW einreisen.
  • In NRW sind mittlerweile über fünf Millionen Menschen erstgeimpft. Im Mai soll die Priorisierungsgruppe 3 für Impfungen zugelassen werden.

Ohne Corona-Schnelltest zum Shoppen oder zum Frisör: Wer vollständig gegen das Coronavirus geimpft ist oder bereits erkrankt war, profitiert von diesem Montag (3. Mai) an in Nordrhein-Westfalen von ersten Erleichterungen. Wer geimpft oder bereits mit dem Virus infiziert gewesen sei, müsse dann etwa im Einzelhandel keinen negativen Schnelltest mehr vorweisen, teilte die Landesregierung am Samstag mit.

Auch die Quarantäne für Reisende, die aus Corona-Risikogebieten nach NRW kommen, kann demnach für Geimpfte und bereits Infizierte entfallen.

Vorteile haben Geimpfte und Genesene etwa beim „Click and Meet“ im Einzelhandel, bei Besuchen in Zoos und Botanischen Gärten oder etwa bei Friseurbesuch. Dort bekommen Kunden im Moment eigentlich nur Zutritt, wenn sie einen höchsten 24 Stunden alten negativen Corona-Test vorweisen können.

Keine Testpflicht mehr für Geimpfte und Genesene

Diese Testpflicht entfällt nun ab Montag für diejenigen, die seit 14 Tagen einen vollständigen Impfschutz haben oder durch einen mindestens 28 Tage alten positiven PCR-Test nachweisen können, dass sie bereits eine Corona-Infektion überstanden haben. Auch die Testpflicht in Schulen entfällt für diese Personengruppe - allerdings werden Schüler bislang kaum geimpft.

Die Immunisierung und somit Befreiung von der Testpflicht kann nach Angaben des Landes NRW nachgewiesen werden durch:

  1. den Nachweis einer vor mindestens 14 Tagen abgeschlossenen vollständigen Impfung gegen COVID-19 mit einem in der Europäischen Union zugelassenen Impfstoff,
  2. den Nachweis eines positiven Testergebnisses, das auf einer Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis (PCR, PoC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik) beruht und mindestens 28 Tage sowie maximal sechs Monate zurückliegt, oder
  3. den Nachweis eines positiven Testergebnisses nach Nummer 2 in Verbindung mit dem Nachweis der mindestens 14 Tage zurückliegenden Verabreichung mindestens einer Impfstoffdosis gegen COVID-19 mit einem in der Europäischen Union zugelassenen Impfstoff.

„Es ist ein erster Schritt, Geimpfte und Genesene mit negativ Getesteten gleichzustellen“, sagte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). „Die Beschränkungen galten und gelten der Gefahrenabwehr. Von geimpften und genesenen Menschen geht keine größere Gefahr aus als von negativ getesteten Personen. Deshalb nehmen wir für diese Personengruppe Grundrechtseingriffe insoweit wieder zurück.“

In Nordrhein-Westfalen gelten somit ab Montag ähnlich wie in zahlreichen anderen Bundesländern schon Erleichterungen, noch bevor über die bundeseinheitliche Regelung für die Rechte von Geimpften entschieden ist. Weitergehende Erleichterungen für Geimpfte müssten nun aber „im Geleit mit dem Bund und den anderen Ländern“ erfolgen, betonte Laschet.

Der Entwurf von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sieht neben den in NRW nun vorweggenommenen Regelungen unter anderem vor, dass Geimpfte und Genesene sich nicht an Ausgangsbeschränkungen halten müssen und mehr Freiheiten für private Treffen mit Personen aus anderen Haushalten bekommen.

Mehr fünf Millionen Patienten in NRW erstgeimpft

Der vergangene Mittwoch war ein neuer Rekordtag: Insgesamt wurden allein in NRW mehr als 230.000 Menschen geimpft. Eine „Welle der Begeisterung“ hat nicht nur die Impflinge, sondern auch die Kassenärztlichen Vereinigungen erreicht: Wenn das Tempo so anhält, hieß es am Donnerstag, dann könnten schon Ende Juni alle Menschen geimpft sein, die das wollen.

Ein ehrgeiziges Szenario, das weiß die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) selbst, die das fürs ganze Land ausgerechnet hat. Alle Nordrhein-Westfalen addiert, die älter sind als 18 Jahre minus 20 Prozent, die eine Impfung nach letzten Umfragen ablehnen: Macht zwölf Millionen Menschen, die bis Ende Juni zumindest ihre erste Spritze erhalten haben könnten. Wenn, ja, wenn der Impfstoff kommt. Sonst wird es wohl August. „Es hängt alles an der Menge“, das sagen sie auch bei den Kollegen der KV Westfalen-Lippe (KVWL).

Hausärzte impfen zwei Drittel der NRW-Bürger

„Der Impfturbo hat gezündet“, finden die Kassenärzte in NRW.
„Der Impfturbo hat gezündet“, finden die Kassenärzte in NRW. © dpa | Sebastian Gollnow

Die Zahl der Erst-Impfungen knackte Freitag die Fünf-Millionen-Marke. Allein eine knappe Million der Spritzen haben die niedergelassenen Ärzte vergeben, die erst seit gut drei Wochen in die Impfkampagne einbezogen sind. Seither haben sie jede Woche zwei Drittel der Impfungen übernommen, auf die Impfzentren entfällt ein Drittel. Dort werden täglich allein im Bereich der KVWL bis zu 35.000 Patienten geimpft.

Kassenärzte: „Der Impfturbo hat gezündet“

„Der Impfturbo hat gezündet“, erklärt am Donnerstag der Chef der KVNO, Dr. Frank Bergmann. Das derzeitige Tempo sei „hervorragend“, man könne schon „sehr bald eine hohe Durchimpfungsquote“ erreichen. Das Impfen, bestätigt auch sein Kollege von der KVWL, Dr. Dirk Spelmeyer, habe „deutlich an Fahrt aufgenommen“. Fast 90 Prozent der Über-80-Jährigen seien inzwischen versorgt, bei den Über-70-Jährigen, die sich derzeit bei den Buchungsportalen anmelden können, habe mehr als die Hälfte einen Termin oder sei bereits geimpft. Für Bergmann befindet sich die Organisation in einer „Übergangsphase“: Noch seien alle Kräfte gefragt, um in den nächsten beiden Monaten „alle zu impfen“, bis zum Sommer aber könne man die Impfzentren „ausschleichen“.

Chronisch Kranke aus Priogruppe 2 können Termine buchen

Das aber wird wohl nur gehen, wenn bis dahin alle mit einer „hohen“ oder „erhöhten“ Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs bei Covid-19 geimpft sind. Und hier hakt es noch. Seit Freitag, 30. April, ist zunächst die Prioritätsgruppe 2 aufgerufen, sich um einen Termin zu bemühen. So viele Menschen mit Organ-, Demenz- oder Krebserkrankungen sind noch nicht versorgt, dass das Land kurzfristig die Impfzentren für sie öffnet. „Niemand weiß ja tatsächlich“, sagt eine Sprecherin der KVWL, „wie viele Chroniker wir haben und wie viele bereits einen Termin bekommen konnten.“

Bei der Corona-Impfkampagne in Nordrhein-Westfalen soll noch im Mai die Priorisierungsgruppe 3 umfassend mit einbezogen werden. „Voraussichtlich in der ersten Maihälfte kann damit begonnen werden, ersten Personengruppen der Priorität 3 regelhaft ein Impfangebot zu machen“, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums der Düsseldorfer „Rheinischen Post“.

Diese Personen zählen zur Priogruppe 3

Zu dieser Gruppe zählen unter anderem 60- bis 69-Jährige, Polizisten, Feuerwehrleute, Wahlhelfer sowie Menschen mit bestimmten schweren Erkrankungen wie Diabetes, Asthma oder Herzinsuffizienz. Es könne vorkommen, dass bereits jetzt Personen aus der Gruppe 3 in einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten ein Impfangebot erhielten, so die Sprecherin.

Sollten kleinere Mengen an Impfstoff am Ende einer Impfaktion übrig bleiben, seien die Impf-Teams angehalten, diese für Personen mit höchster oder hoher Impfpriorität zu verwenden - also Priorität 1 oder 2. „Sollte auch nach Ausschöpfung dieser Vorgehensweise die Gefahr des Verfalls bestehen, entscheidet die koordinierende Einheit der Impfzentren vor Ort über die weitere Verwendung.“ Personen aus der Priorität 3 dürften dann geimpft werden.

116.000 Dosen sind in Impfzentren liegengeblieben

Dr. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein, möchte die Impfpriorisierung aufheben.
Dr. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein, möchte die Impfpriorisierung aufheben. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Auf jeden Fall aber sollen chronisch erkrankte Menschen, sagt das Gesundheitsministerium, „möglichst vor Aufhebung der Priorisierung ein Impfangebot erhalten“. Diese Priorisierung nennt KVNO-Chef Bergmann einen „Hemmschuh“, der „die Dynamik behindert“: In den Impfzentren, rechnete er am Donnerstag vor, seien inzwischen mehr als 116.000 Dosen liegengeblieben, davon fast die Hälfte von Astrazeneca. Bei den Hausärzten hingegen werde alles verimpft – die aber führen zum Teil lange Wartelisten. Das Ministerium aber hält eine Aufhebung der Priorisierung für „zum jetzigen Zeitpunkt noch zu früh“. Mindestens den Mai hindurch werde man daran festhalten.

Fest steht aber schon jetzt: Partnerbuchungen unabhängig vom Lebensalter sind seit Freitag nicht mehr möglich, es sei denn, auch der Lebenspartner ist beim Impfen priorisiert. Angeblich hat das technische Gründe, dürfte aber tatsächlich auch wieder an den Impfstoffmengen liegen. Der Engpass der vergangenen Monate, sagt die KVWL, sei „noch nicht gänzlich überwunden“. Deshalb appelliert der KVWL-Vorstand, Impftermine wie vereinbart wahrzunehmen oder, wenn nötig, zu stornieren: Dass nun immer mehr Bürger von ihren Ärzten in der Praxis geimpft würden, dürfe nicht dazu führen, „dass Kapazitäten unnötig blockiert werden“. Das sei „nicht nur unsolidarisch, sondern bringt die Abläufe durcheinander und schadet dem Impffortschritt“. (mit dpa)

>> INFO: WER JETZT IM IMPFZENTRUM EINEN IMPFTERMIN BEKOMMT

Seit Freitag, 30. April können sich Vorerkrankte der Prioritätsgruppe 2 um einen Impftermin im zuständigen Impfzentrum bemühen. Wichtig: Vor Ort brauchen sie ein ärztliches Attest, das die Vorerkrankung bestätigt. Wer einen Impftermin bucht, aber keine Bescheinigung vorweist, kann nicht geimpft werden.

Darüber hinaus können unverändert Menschen, die 1951 oder früher geboren sind, weiterhin Termine für eine Impfung im Impfzentrum ausmachen. Allerdings: Partnerbuchungen sind ab Freitag nicht mehr möglich.

Termine können online unter www.116117.de gebucht werden oder telefonisch: bei der KVWL unter 0800 116 117 02, bei der KVNO unter 0800 116 117 01.