Bottrop-Kirchhellen. Kirchhellen ist Teil des Wolfsgebiets Niederrhein. Auch hier wurden Tiere gerissen. So wurde bei einer Versammlung der Weseler Grünen diskutiert.
Beim Stichwort „Wolf“ scheiden sich die Geister: Die einen begrüßen die Wiederansiedlung der Raubtiere, die anderen fürchten die Gefahr für ihre Haus- und Nutztiere. Schließlich haben einige Kirchhellener Bürgerinnen und Bürger schon leidvolle Erfahrungen mit Wölfin Gloria gemacht, die etliche Schafe und ein Pony gerissen hat.
Auch im Kreis Wesel, in dem Gloria, inzwischen wohl im Rudel mit Partner und Nachwuchs lebt, wird das Thema kontrovers diskutiert. Der dortige Kreisverband der Partei Die Grünen veranstaltete am Samstagabend eine Podiumsdiskussion zum Thema „Der Wolf am Niederrhein“, in diesen Zeiten selbstverständlich digital. Eine bunt gemischte virtuelle Expertengruppe diskutierte das Thema aus den unterschiedlichen Perspektiven und forderte ebenso konsequenten Schutz wie notwendigen Abschuss.
Drei Wölfe sind bisher im Bereich Schermbeck erfasst
Dr. Matthias Kaiser ist beim LANUV (Landesamt für Natur,Umwelt und Verbraucherschutz) zuständig für die Beobachtung und Erfassung wildlebender Wölfe, das sog. Wolfsmonitoring. Kaiser bestätigte , dass es zur Zeit zehn Wölfe in NRW gebe, davon seien 3 im Bereich Schermbeck erfasst. Nach seiner Auffassung habe Gloria das Gebiet bewusst gewählt, da es dort genug Wildnahrung gebe, man müsse „sich den Lebensraum teilen“. Aber „wenn ein Wolf dokumentiert mehrfach den Herdenschutz überwindet, sind wir auch bei Thema Abschuss des Wolfes“, betont Kaiser.
Günter Rinke vom BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz) bestreitet nicht, dass es Probleme mit Wölfen gibt, aber sieht kein ungewöhnliches Verhalten bei Gloria, die überwiegend Wildtiere angreife, die Nutztiere seien oft unzureichend geschützt. Die Gesellschaft müsse den Tierhaltern finanziell helfen.
Unterschiedliche Auffassungen zum Thema Herdenschutz und dessen Wirksamkeit
Bei den diskutierten Schutzmaßnahmen ging es insbesondere um Zäune, deren Wirksamkeit mehrfach bezweifelt wurde. Sven Zwirner ist als Experte für Sicherungsmaßnahmen und Wolfsabwehr einer niedersächsischen Firma überzeugt, dass der Herdenschutz durch Elektrozäune funktioniert, aber es gebe dabei keine Pauschallösungen, jeder Tierhalter müsse sich individuell von Fachfirmen beraten lassen. Auch „Wolfsflüsterer“ Jos de Bruin aus Sonsbeck, der eine Wolfsauffangstation eingerichtet hat, ist von der Wirksamkeit des Herdenschutzes überzeugt, da dieser auch in fast ganz Europa wirksam sei.
Dr. Viola Heberer widersprach dabei energisch und bezweifelte, dass die Schutzmaßnahmen ausreichend und sicher seien. Zwar seien die meisten Wölfe problemfrei und lassen sich durch Schutzmaßnahmen abhalten, aber es gebe auch eine Handvoll Wölfe, die fachgerechte Einzäunungen überwinden könnten, diese Tiere sollten dann jagdrechtlich „entnommen“ werden.
Auch Pferdebesitzer in der Region sind verunsichert
Berufsschäfer Maik Dünow aus Voerde hat schlechte Erfahrungen mit Wölfen gemacht, die seine Herde dezimiert haben. Der Herdenschutz sei sehr teuer, aber „wir müssen unsere Tiere schützen.“ Inzwischen hat er die Anzahl seiner Herdenschutzhunde von 2 auf 20 drastisch erhöht, aber das sei für Besitzer kleiner Herden kaum finanzierbar. Auch er fordert, dass Wölfe, die gelernt haben den Herdenschutz zu überwinden, „entnommen werden.“
400 Zuschauer diskutieren mit
Im Chat auf Youtube diskutierten rund 400 Interessierte ebenso kontrovers und emotional mit. Zwar sei es keine Lösung, den Wolf wieder auszurotten, aber der jetzige Zustand sei auch nicht befriedigend. Auch könne man dem Wolf nicht den Vorwurf machen, mit wenig Aufwand zur Beute zu gelangen.
Die Kosten seien enorm, dabei gebe es aber auch noch viele andere gefährdete Tierarten, um die sich gekümmert werden müsse, hieß es im Netz.
Die gesamte Diskussion ist auch als Aufzeichnung bei Youtube abrufbar unter dem Stichwort „Wolf am Niederrhein“.
Landwirt und Deichgräf Ingo Hülser sieht durch die Wolfsgefahr die Deichpflege durch Schafe am Niederrhein gefährdet, viele Gebiete seien nicht abzuzäunen. Hülser ist der Meinung , dass der Wolf nicht an den Niederrhein gehöre, da dieser zu dicht besiedelt sei: „Wölfe und Schafe passen nicht zusammen.“Auch Pferdebesitzer sind verunsichert und „tun sich schwer, den Wolf zu akzeptieren“. Sie forderten mehr Unterstützung für die Wolfsabwehr.