Kirchhellen. Bürger-Forum: Es kann nicht immer nur um höhere Schutzmaßnahmen für Weidetiere gehen. Wölfe bleiben auch für Kirchhellen gefährlich.

Den berühmten einsamen Wolf gibt es hier schon längst nicht mehr. Seit die erste Wölfin auftauchte, im Amtsdeutsch GW954f, im Volksmund Gloria genannt, hat sich aus der anfänglichen Berühmtheit ganz natürlich ein Rudel entwickelt. Mit dessen Anwachsen wachsen eben auch die Konflikte. Landwirte und Tierzüchter oder -halter liegen spätestens seit den wiederholten Tierrissen (Schafe, Ponys) mit Umwelt- und Tierschützern im Clinch.

Tierhalter nicht in Gespräche einbezogen

Auch ein Austausch mit NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) und Landräten und Bürgermeistern des sogenannten „Wolfsgebietes“ Schermbeck sorgt jetzt weniger für Klarheit über den künftigen Umgang mit dem wohl wachsenden Wolfsrudel, sondern endete mit einem eiertänzerischen „sowohl als auch“, was die Schutzmaßnahmen für Weidetiere aber auch die Möglichkeit einer so genannten „Entnahme“ eines Wolfes bei wiederholten Rissen angeht. So jedenfalls heißt es beim Gahlener Bürger Forum, dem auch der Kirchhellener Landwirt Bernhard Steinmann angehört. Dort bedauert man vor allem, dass Tierhalter nicht in die Gespräche einbezogen worden sind.

Das sagt die Ministerin: „Wir werden ganz grundsätzlich lernen müssen, mit dem Wolf zu leben, denn Wölfe werden sich auch in NRW dauerhaft etablieren. Wie bereits in anderen Bundesländern wird auch bei uns nur ein ausreichender Herdenschutz unsere Weidetierhaltung dauerhaft sichern“, so Ursula Heinen-Esser. Während die Wölfe in den weiteren Wolfsgebieten von NRW aktuell kaum in Erscheinung träten, habe es seit 2018 im Wolfsgebiet Schermbeck eine etwa gleichbleibende Zahl von 18 bis 20 Übergriffen pro Jahr, weit überwiegend auf unzureichend gegen den Wolf geschützte Haus- und Nutztiere, gegeben. Die habe man mit wenigen Ausnahmen auf Gloria zuordnen können.

„Wolfsentnahme“ erst bei Häufung von Nutztierrissen

Grundlagen für diese Politikergespräche waren einmal das Wolfsmonitoring des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) und ein Gutachten der Dokumentations- und Beratungsstelle des des Bundes zum Thema Wolf, kurz DBBW. Darin heißt es, dass Gloria lediglich Nutztiere gerissen habe, bei denen sie keine oder geringe Schutzmaßnahmen überwinden musste. Aber auch, dass bei dem männlichen Wolf sowie dem Welpen das Töten von Nutztieren hinter Schutzmaßnahmen nicht nachgewiesen werden könne. Hauptnahrungsgrundlage seien Wildtiere, keine Nutztiere. Erst bei einer Häufung von Tierrissen trotz ausreichender Schutzmaßnahmen sei es „fachlich nachvollziehbar, sich dafür zu entscheiden, eine Entnahme des Tieres zu veranlassen“.

Schadenspotenzial ist viel zu hoch

Dem widerspricht das Bürger-Forum. Die Verantwortung für den Wolf werde auf den Schultern der Weidetierhalter abgelegt. Dabei habe Frau Heinen-Esser schon im Juni 2019 im WDR gesagt, dass die Wölfin, wenn sie über einen voll unter Strom stehenden Zaun mit einer Höhe von 1,20 Meter springt, als verhaltensauffällig eingestuft wird. Das hätten mehrere Studien bewiesen. Das Bürger-Forum moniert: Nun aber würden ständig die Forderungen der Herdenschutzmaßnahmen erhöht und die juristische Messlatte zum Schutz der Wölfe immer weiter nach oben gelegt. Der zwanghafte Schutz eines Einzeltieres dürfe nicht dazu führen, dass eine ganze Region umweltpolitisch zu Grunde gerichtet wird. Der durch Gloria bereits verursachte Schaden und auch das Schadenpotenzial seien nicht nur zu hoch, sondern wahrscheinlich mit über 140 durch sie getöteten Weidetieren in der Bundesrepublik einzigartig.

Niedersachsen hat schon „Entnahmen“ angeordnet

Niedersachsens SPD-Umweltminister hätte in vergleichbaren Fällen mehrfach die Entnahme angeordnet. Die Entnahmen seien auch durch die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg als rechtmäßig bestätigt worden. Die Initiative appelliert an die Ministerin: „Nur Mut Frau Heinen-Esser! Manchmal müssen Politiker auch unangenehme Entscheidungen treffen! Auch vor einer sich ankündigenden Landtagswahl!“, so das Bürger-Forum.