Wer ist der Gladbecker, der dem Bottroper Michael Gerdes bei der Aufstellung zum SPD-Bundestagskandidaten Konkurrenz macht? Eine Annäherung.

Großvater Paul hat Michael Hübner Horizonte eröffnet. Er war ein Gewerkschaftler vom alten Schlag. Der Bergmann lebte dem Enkel vor, sich zu engagieren und politisch zu denken. „In der SPD war er gar nicht, aber in der IG BCE“, erzählt der gebürtige Kirchhellener. Beim Großvater in der Gladbecker Moltke-Siedlung wuchs Michael Hübner fast wie ein Sohn auf. „Er hat mir klar gemacht, wie wichtig das ist, wie toll Demokratie ist“, sagt der 47-Jährige. Heute gehört Michael Hübner als einer der stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag zu den profilierteren Köpfen der NRW-SPD.

Doch bald will der gebürtige Kirchhellener in den Bundestag. Bei der Kandidatenwahl für den Wahlkreis in Bottrop, Gladbeck und Dorsten tritt er gegen den amtierenden SPD-Bundestagsabgeordneten Michael Gerdes (60) aus Bottrop an. „Demokratie lebt vom Wechsel, auch vom personellen Wechsel“, begründet der 47-Jährige seine Kandidatur und macht entschieden klar, dass das für ihn eben keine bloße Politikfloskel ist. Hübner ist es ernst damit, dass das selbstverständlich auch innerhalb der eigenen Partei so sein müsse.

Michael Hübner streitet für eine gerechte Gemeindefinanzierung

„Ich brenne für Politik“, sagt Michael Hübner. Landtagsabgeordneter sei jetzt sein Beruf. Der berufliche Wechsel in den Bundestag sei auch deshalb ein Ziel, weil sein Gladbecker Landtagswahlkreis bald voraussichtlich aufgeteilt wird. „Ich müsste also so oder so gegen jemanden kandidieren, weil ich weiter Politik machen will“, sagt der Gladbecker, auf Landtagsebene zum Beispiel auch gegen den Bottroper Thomas Göddertz. Dass Hübner entschied, um einen Sitz im Bundestag ins Rennen zu gehen, hat damit zu tun, dass dort sehr wichtige Entscheidungen mit Auswirkungen auf die Städte fallen.

Der SPD-Abgeordnete streitet für die gerechte Finanzierung der Gemeinden. „Darüber wird ganz wesentlich in Berlin entschieden. Die gerade jetzt so wichtigen Corona-Hilfen werden dort beschlossen . Auch die Frage der Altschulden unserer Städte muss dort endlich gelöst werden, weil das wirtschaftlich absolut sinnvoll ist“, sagt der 47-Jährige, der sein Fach Politik von der Pike auf als ehrenamtlicher Ratsherr in Gladbeck lernte. Auch als Sachkundiger Bürger leistete er zunächst fünf Jahre lang Basisarbeit pur, bevor er damit ab 2004 als Ratsmitglied weitermachte. Seit 2010 gehört er dem Landtag an.

Er war einer der jüngsten SPD-Fraktionschefs im Ruhrgebiet

Vorher war Hübner einer der jüngsten Fraktionschefs in den Revierkommunen und er erinnert sich, dass bei seinem ersten Besuch in der Revier-Runde der Fraktionsvorsitzenden einer der altgedienten SPD-Silberrücken freundlich, aber bestimmt darauf hinwies, dass sich der junge Mann ja wohl in der Tür geirrt haben müsse. Solche Zeiten seien in der SPD aber längst vorbei, meint der Gladbecker, auch wenn in der Bottroper SPD zum Beispiel ein ehrgeiziger Juso vor nicht allzu langer Zeit noch den Satz hörte: Lern du erst mal Plakate zu kleben.

Hübner hat zwar an der Mercator-Universität in Duisburg auch Politikwissenschaft studiert, mit seinem späteren politischen Berufseinstieg hat das aber weniger zu tun. Nach seinem Studienabschluss als Diplomsozialwissenschaftler war der gebürtige Kirchhellener zunächst als Berater und Kaufmann in der Gesundheitsbranche tätig, zuletzt als Leiter eines Pharmazie-Betriebes in Castrop-Rauxel . „Ich habe da eigentlich einen ganz netten Geschäftsführer-Job gehabt“, sagt Michael Hübner. Dass man in dieser Branche so sein Auskommen habe, lässt der 47-Jährige nicht zufällig durchblicken. Da muss dann also schon mehr sein bei einem Berufswechsel in die Politik. „Es ist wichtig, dass man einen anderen Beruf hatte, bevor man in die Politik geht“, ist Hübner überzeugt.

Vom Flugplatz Schwarze Heide mit dem Meerexpress nach Juist

Der Moltke-Siedlung in Gladbeck ist Michael Hübner mit seiner Familie bis heute treu geblieben. Mit Ehefrau Jessica hat er einen neunjährigen Sohn und die dreijährige Tochter Malu. „Wir leben gern da“, sagt der Abgeordnete. Auch in Kirchhellen, wo er ja immer wieder einmal bei der SPD zu Gast war, wird sich der 47-Jährige womöglich bald öfter blicken lassen. „Mein Sohn ist totaler Juist-Fan“, verrät der SPD-Abgeordnete. Gut möglich also, dass seine Familie an Bord ist, wenn am Flugplatz Schwarze Heide bald einer der neuen Meerexpress-Flieger in Richtung der Nordseeinsel abhebt.

Auch die USA interessieren den Junior. „Es ist Joe Biden“, rief ihm der Neunjährige vor kurzem im Getümmel um die Wahl des US-Präsidenten zu und erklärte dem staunenden Vater so nebenbei was das mit den Wahlmännern in den USA so auf sich hat. Hübners Sohn heißt übrigens wie der Großvater Paul.

>>> Literatur und Schalke 04

Michael Hübner ist auch ein Literaturfreund. So ist der 47-Jährige Mitglied im Vorstand des Literaturbüros Ruhr, das seinen Sitz in Gladbeck hat. Das Büro vergibt den Literaturpreis Ruhr. Dass der Kabarettist Fritz Eckenga den Preis schon vor Jahren erhielt, freut Michael Hübner besonders. „Ich lese - in der Tat“, sagt der SPD-Abgeordnete. Zurzeit interessieren ihn die Bücher des US-amerikanischen Schriftstellers Paul Auster.

Fußball-Fan ist der Gladbecker auch. „In unserer Straße gibt es nur eine einzige Fehlfarbe“, scherzt er. Ein Nachbar sei doch tatsächlich Fan von Bayern München. Alle anderen leiden wir er mit dem momentanen Krisenverein FC Schalke 04.