Bürger verlangen wegen der Schadstoffe und Verschmutzung Schadensersatz. Ihr Anwalt wirft dem Unternehmen und den Behörden Verharmlosung vor.

Im Streit um mögliche Umweltbelastungen und Verschmutzungen durch die Bottroper Kokerei Prosper bahnen sich gerichtliche Auseinandersetzungen an. Anwohner aus dem Bottroper Süden und Juristen kündigten Schadenersatzklagen gegen das Unternehmen an. „Jetzt ist es Zeit, andere Bandagen aufzuziehen“, sagte Rechtsanwalt Daniel Kuhlmann in einer Videobotschaft über das soziale Netzwerk Facebook. Auch Anwohner-Sprecher Andreas Krzykawski aus Batenbrock sagte, dass er die Kokerei wegen der Verschmutzung seines Hauses und Grundstückes verklagen werde.

Gemeinsam mit seinem Rechtsbeistand wolle er noch ein Gespräch mit Verantwortlichen des Unternehmens führen. „Wenn das nichts bringt, geht es vor Gericht“, sagte Andreas Krzykawski. Der Bottroper berichtete, dass sich nach der Informationsveranstaltung der Kanzlei Kuhlmann weitere Bürger gemeldet hätten, die ebenfalls juristisch gegen die Kokerei-Verantwortlichen vorgehen wollten. Die Kanzlei ist von der Bürgerinitiative „Saubere Luft für alle“ beauftragt worden.

Jetzt werden die Schadstoff-Zielwerte wieder erreicht

„Wir sind sehr empört. Denn der Dreck ist nicht weniger geworden, obwohl die Verantwortlichen ja sagen, dass die Werte jetzt im grünen Bereich seien“, beklagt sich Andreas Krzykawski. In einer ersten Reaktion auf die Bürgerveranstaltung im Bottroper Süden hatte Arcelor-Mittal-Sprecher Arne Langner darauf hingewiesen, dass beim Ausstoß von Benzo(a)pyren der Zielwert von 1,0 Nanogramm pro Kubikmeter Luft in diesem Jahr bis Ende August wieder erreicht worden sei. Außerdem erklärte der Unternehmenssprecher: „Die Grenzwerte für Grobstaub werden bei Koks- und Kohlestaub der Kokerei seit Jahren eingehalten“. Beide Aussagen decken sich mit Darstellungen des Landesumweltamtes und Aussagen der Bezirksregierung Münster, die die Aufsicht über die Bottroper Kokerei führt.

„Wir begrüßen das natürlich, aber dann dürfte hier ja kein Dreck ankommen“, sagte Andreas Krzykawski. Rechtsanwalt Kuhlmann wirft Behördenvertretern wie Kokereileitung auch Verharmlosung vor. „Diese Schönrederei wird mit uns nicht möglich sein“, betonte er. Denn dass die Richtwerte und Vorgaben zur Zeit eingehalten werden, bedeute nicht viel. „Zum einen wird das wohl daran liegen, dass die Produktion ja corona-bedingt gar nicht richtig läuft, weil kaum Stahl nachgefragt wird und deshalb auch kein Koks benötigt wird“, sagte Kuhlmann. Außerdem sei der Schadstoffausstoß wegen abweichender Windrichtungen womöglich an der Mess-Station in Welheim nicht richtig erfasst worden.

Der Dreck ist doch trotzdem überall in den Wohnungen

Andreas Krzykawski spricht auf einer der ersten Versammlungen über die Umweltverschmutzung durch die Kokerei mit Anwohnern.
Andreas Krzykawski spricht auf einer der ersten Versammlungen über die Umweltverschmutzung durch die Kokerei mit Anwohnern. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Die Kokerei hätte den Schadstoffausstoß und die Verschmutzungen durch den groben Staub auch in den Jahren vorher besser verhindern müssen, meint der Jurist. „Selbst wenn jetzt kein Dreck mehr emittiert wird, der Dreck ist doch trotzdem in den Wohnungen, in Betten, im Schlafzimmer, im Wohnzimmer, hinter der Tapete, hinter den Fensterleisten, überall“, sagte Kuhlmann. Der Jurist geht deshalb von einem massiven Wertverlust der betroffenen Häuser und Grundstücke aus. „Auch in den Grundstücken sind doch die Belastungen drin, die zu den drastischen Wertverlusten führen können“, meint Kuhlmann.

Der Jurist hielt fest, dass die Kokerei schon viel früher mehr Geld für Umweltschutzmaßnahmen hätte ausgeben müssen. Unternehmenssprecher Arne Langer hatte zuvor erklärt, dass das Unternehmen in den zurückliegenden fünf Jahren mehr als 35 Millionen Euro für Sicherheit und Gesundheit, Umweltschutz und Anlagentechnik ausgegeben habe. Darauf erwidert der Rechtsvertreter der Bürger im Bottroper Süden: „Wäre regelmäßig investiert worden, wäre es zu diesen Problemen wahrscheinlich gar nicht erst gekommen, da diese ja erst seit den letzten Jahren auftreten“.

Anwalt fordert Angebote von der Kokerei an die Bürger

Seine Kanzlei habe nach der Informationsveranstaltung im Bottroper Süden zahlreiche weitere Aufträge bekommen, werde die Ansprüche der Mandaten konkret geltend machen und die Klagen gegen die Kokerei vorbereiten, erklärte der Rechtsanwalt. Kuhlmann: „Wir stehen für Vergleiche zwar noch zur Verfügung, aber nur, wenn auch zielführende Angebote der Kokerei kommen“.