Bottrop. Bürger im Bottroper Süden wollen schon länger, dass weniger Koks drückt wird. Ihre Forderung wird jetzt erfüllt - doch aus ganz anderen Gründen.
Die Kokerei Prosper wird ihre Produktion stark verringern. Das teilte der Konzern Arcelor-Mittal mit. Die Produktionseinschränkung ist eine Folge der Stahlkrise. Denn das Bremer Stahlwerk von Arcelor-Mittal, für das das Bottroper Werk Koks drückt, wird wegen der schwachen Stahlnachfrage seine Produktion erneut deutlich reduzieren. Auch die Beschäftigten der Kokerei Prosper müssen sich daher voraussichtlich auf Kurzarbeit im kommenden Jahr einstellen.
Zum Ausmaß der Produktionseinschränkung in Bottrop äußert sich Unternehmenssprecherin Marion Müller-Achterberg nicht konkret. Doch schon am kommenden Montag soll in Bremen ein Hochofen bis auf weiteres stillgelegt werden. „Der Hochofen 3 wird am 21. Oktober aufgrund einer geplanten Stichlochreparatur heruntergefahren und bis auf weiteres aus der Produktion genommen. Dementsprechend wir die Produktion von Koks an unserem Standort in Bottrop dem Bedarf angepasst“, kündigte Unternehmenssprecherin an. Zurzeit werden in der Kokerei an der Prosperstraße rund 1,8 Millionen Tonnen Koks pro Jahr hergestellt. Die Bremer IG Metall geht davon aus, dass die Stahlproduktion um gut ein Drittel sinken wird, wenn der Hochofen nicht mehr hochgefahren wird. Normalerweise werden in dem Bremer Werk 3,5 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr hergestellt.
Sparmaßnahmen aus dem Mai reichen nicht mehr aus
Die Unternehmensleitung sieht nun vor, zunächst einmal für die ersten drei Monate des kommenden Jahres Kurzarbeit anzumelden. „Notwendige Maßnahmen, wie zum Beispiel Kurzarbeit ab dem 1. Januar 2020 für die Standorte Bremen und Bottrop, werden aktuell mit dem Betriebsrat im Rahmen der Mitbestimmung verhandelt“, teilte die Unternehmenssprecherin mit. Arcelor Mittal hatte schon im Mai wegen der Stahlüberkapazitäten Sparmaßnahmen eingeleitet. So hatte die Bremer Belegschaft ab Juli freiwillig auf Lohn verzichtet und ihre Arbeitszeit um vier Prozent verkürzt.
Das reicht offensichtlich aber nicht mehr aus. „Es zeichnen sich keine Verbesserungen ab – aus diesem Grund wird in Bremen die Produktion erneut nach unten angepasst“, berichtet Marion Müller-Achterberg. Das Unternehmen klagt über „hohe Importmengen zu niedrigen Preisen als Ergebnis von Handelsumleitungen nach Europa“. Gemeint sind damit die Billig-Importe aus China und der Türkei. „Es gibt bis heute keine wirksamen Handelsschutzmaßnahmen gegen die Stahleinfuhren aus Ländern außerhalb der EU“, bedauert die Unternehmenssprecherin. Arcelor-Mittal fordert auf die Importe außerdem eine Klimaschutzabgabe, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten.
Anwohner im Bottroper Süden sorgen sich um ihre Gesundheit
Forderungen nach einer Produktionseinschränkung der Kokerei Prosper erheben Anwohner und Initiativen im Bottroper Süden schon seit geraumer Zeit - allerdings aus Umweltschutzgründen. Zuletzt hat der Welheimer SPD-Ratsherr Werner Kamratowski ein Zurückfahren der Koksproduktion verlangt, weil im Bottroper Süden erneut erhöhte Werte des krebsverursachenden Schadstoffes Benzo(a)pyren gemessen wurden. So hatte SPD-Ratsfrau Renate Palberg als Vorsitzende des Bottroper Gesundheitsausschusses in einem Schreiben an NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) darauf hingewiesen, dass die Schadstoffwerte auch im ersten Halbjahr 2019 über dem Zielwert lagen und teils sehr hohe Tagesspitzen erreichten. „Die Produktion sollte so lange eingeschränkt werden, bis die Zielwerte eingehalten werden“, sagte SPD-Ratsherr Kamratowski.
Hochfackel brennt bis November
Die Kokerei verbrennt ihr überschüssiges Gas weiter über die Hochfackel. Dies sei wegen der Sanierung des abgebrannten Kühlturms erforderlich, teilt Arcelor Mittal mit. „Während der Reparaturarbeiten ist ein Betrieb der Bodenfackel wegen Kranarbeiten in unmittelbarer Nähe aus Sicherheitsgründen zeitweise nicht möglich“, begründet Sprecherin Marion Müller-Achterberg. Die Hochfackel werde voraussichtlich bis zur 47. Kalenderwoche in Betrieb bleiben.
Die Kokerei setzt seit gut zwei Jahren vorrangig eine Bodenfackel ein, um einen Teil des gereinigten Kokereigases zu verbrennen. Die Hochfackel dient als Ersatz. Das Kokereigas entsteht beim Verkokungsprozess. Es wird fast zur Hälfte in den Koksöfen und zur Dampferzeugung eingesetzt. Das überschüssige Gas wird über eine Pipeline an Industriebetriebe in Gelsenkirchen, Herne und Dortmund geleitet. Nehmen die Kunden weniger Gas ab, muss es abgefackelt werden.