Bottrop. Anwohner protestieren vor der Kokerei. Sie werfen der Betriebsleitung Gesundheitsgefährdung vor. Ratsherr greift OB Tischler scharf an.

Demonstranten im Bottroper Süden werfen den Umweltbehörden vor, dass nicht nur in ihren Gärten, sondern auch in ihren Wohnungen krebserregende Umweltgifte zu finden sind. Als Verursacherin der Schadstoffe in den Wohnungen haben sie wie auch schon bei dem Blattgemüse aus ihren Gärten die Kokerei Prosper in Verdacht.

Während einer Mahnwache mit etwa 50 Teilnehmern vor der Bottroper Kokerei an der Prosperstraße rief DKP-Ratsherr Michael Gerber die Stadtspitze dazu auf, zum Beweis jetzt auch in mehreren anderen Wohnungen im Süden der Stadt solche Messungen vornehmen zu lassen. "Diese Messungen sind notwendig, damit wir beweisen können, dass die Schadstoffe von der Kokerei kommen", sagte der Bottroper Ratsherr.

Ehepaar bezweifelte Beteuerungen der Kokerei

Ein Ingenieurbüro hatte in Staubproben aus einem Wohnhaus an der Leiblstraße in Batenbrock Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) gefunden. Die Proben hatte der Gutachter Ende Juni genommen. Nach seinen Aussagen liegen die Summenwerte der nachgewiesenen Schadstoffe weit über der sonst üblichen Hintergrundbelastung von Oberflächen wie Tischen oder anderen Möbeln in Wohnhäusern. Gutachter Andreas Mollinga macht für die Staubbelastung "Verbrennungsrückstände der Kokerei Arcelor-Mittal Bottrop verantwortlich".

Die Batenbrocker Eheleute Beate und Andreas Krzykawski hatten das Ingenierbüro auf eigene Kosten eingeschaltet, weil sie Zweifel an den Versicherungen der Kokereileitung hatten, dass bald alles besser werde. "Wir werden vergiftet, und es ist nun einmal die Kokerei", sagte Andreas Krzykawski während der Protestkundgebung vor der Kokereizufahrt. "Die Werte bei uns sind bei weitem erhöht", kritisierte der Bottroper und kündigte an: "Das lassen wir uns nicht gefallen".

Gutachter wischte den Staub vom Wohnzimmertisch

Der von ihnen beauftragte Gutachter hatte für seine Proben den Staub vom Wohnzimmertisch und von einen Giebelfenster abgewischt. Die Eheleute durften vorher in ihrer Wohnung eine Woche lang nicht Staub wischen. Nachdem er die Stäube in einem Labor untersuchen ließ, rät der Gutachter dazu, auch den Boden im Garten der Familie Krzykawski und die Raumluft in ihrem Haus untersuchen zu lassen. Sein Fazit lautet: "Auf Grund der festgestellten Laborwerte und der anhaltend langen Belastung kann von einer gesundheitlichen Beeinträchtigung für die Bewohner ausgegangen werden".

DKP-Ratsherr Michael Gerber griff während der Kundgebung daher Oberbürgermeister Bernd Tischler (SPD) scharf an. Er warf Tischler vor, die Bevölkerung im Bottroper Süden nicht genügend vor den Umweltbelastungen durch die Kokerei Prosper zu schützen. "Die Leute haben Angst, sich in ihren Gärten aufzuhalten", sagte der Bottroper. Gerber erinnerte daran, dass die Behörden den Bürgern im Süden der Stadt empfohlen haben, bestimmte Gemüsesorten aus ihren Gärten besser gar nicht oder möglichst selten zu essen. "Davon sind 16.000 Menschen betroffen. Es ist ein Skandal, dass die menschen hier nicht das essen können, was sie in ihren Gärten angebaut haben", sagte der DKP-Ratsherr.

Krebserregende Substanzen

>>> Polyzyklische aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) gelten als krebserregend. Sie entstehen bei unvollständigen Verbrennungen und fallen womöglich auch bei der Verkokung von Steinkohle an. Außer in Kokereirohgasen finden sich die gesundheitsgefährdenden Stoffe aber zum Beispiel auch in Auspuffgasen von Kraftfahrzeugen und in Rußen, aber auch in gegrilltem oder geräucherten Fleisch oder in Zigarettenrauch.