Bottrop. Ludger Köller gilt als möglicher Kandidat. Mitglieder müssen den Dirigenten wählen. Chor konnte coronabedingt seit März nicht mehr arbeiten.
Dirigentenwechsel in Coronazeiten: So hatte sich die Mitglieder des städtischen Musikvereins den Übergang von der Ära Friedrich Storfinger, die immerhin 30 Jahre erfolgreich währte, sicher nicht vorgestellt. Länger hatte übrigens nur der legendäre Franz Switing am Pult gestanden, nämlich für heute fast schon unglaubliche 42 Jahre.
Keine Proben mehr seit März
Schon das letzte große Konzert am 8. März hatte nur mit Glück vor der angeordneten Absage aller Kulturveranstaltungen stattgefunden. Seither liegt nicht nur das Musikleben, sondern - für Chöre und Orchester mindestens genauso wichtig - auch die Probenarbeit am Boden. Auch Storfingers Verabschiedung mit Chorgesang war nicht mehr möglich. Dennoch beschäftigt sich nicht nur der Musikverein bereits länger mit der Suche nach einem Nachfolger, sondern auch das Kulturamt.
Denn die Stadt kommt für das vertraglich festgelegte Dirigentenhonorar ebenso auf, wie für die Kosten der beiden großen Chor- und Orchesterkonzerte, die übrigens auch in der kommenden städtischen Theater- und Konzertsaison, die Ende August beginnt, stattfinden sollen. Die städtischen Aufwendungen liegen dabei um 50.000 Euro pro Jahr, wobei Orchester und die für die Konzerte benötigten Solisten den Löwenanteil dieses Budgets ausmachen.
Köller scheint der Favorit
Wie noch der frühere, im April verstorbene, Kulturamtsleiter Andreas Kind angedeutet hat, habe man schon einen geeigneten Kandidaten für die Nachfolge Friedrich Storfingers in Betracht gezogen. Dabei soll es sich um den in Bottrop bekannten Ludger Köller handeln. Der hatte unter anderem den Projektchor bei musikalischen Großveranstaltungen auf der Halde Haniel betreut - und stünde auch zur Verfügung. Das bestätigte auch Rainer Neuwirth noch einmal auf Anfrage.
Aber natürlich hatte man auch weitere Ideen für einen neuen Chorleiter, der ja immer auch Dirigentenerfahrung haben sollte. Neuwirth selbst hatte beispielsweise Kontakt zu Hermann Kruse aufgenommen. Der umtriebige Musiker hat zum Beispiel aus dem Chor der Uni Duisburg-Essen einen exzellenten Klangkörper geformt, war Chordirektor der Jenaer Philharmonie aber auch Dozent für Chorleitung an der Uni Dortmund. Kruse hat aber schon abgewunken - keine zeitlichen Kapazitäten mehr.
Mögliche weitere Kandidaten gäbe es
Empfehlungen gibt es dennoch einige. Zum Beispiel den 40-jährigen Stephan Hensen, der u.a. kommissarisch die bekannte Wuppertaler Kurrende leitete, in der er selbst als Kind sang, und derzeit u.a. den traditionsreichen Essen-Steeler-Kinderchor leitet. Dann fällt aber auch der Name Christian Braumann (55) aus dem benachbarten Voerde, ein Pianist und Dirigent, der u.a. an der Kammeroper Wien oder als Solorepetitor und Kapellmeister in Leipzig oder Klagenfurt arbeitete. Einen Schwerpunkt als Solist an Cembalo, Hammerklavier oder Orgel legt er dabei auf die Alte Musik.
Es wird spannend sein, wie der Musikverein sich entscheiden wird. Denn laut Satzung wählen die Mitglieder ihren Dirigenten selbst. Die üblichen Probedirigate, bei denen sich die gut 50 Sängerinnen und Sänger ihr Bild von den Kandidaten machen können, haben coronabedingt nicht stattfinden können.
Sängerinnen und Sänger wählen Dirigenten
Sobald es die Situation zulässt, soll Ludger Köller dem Chor einen Besuch abstatten. Rainer Neuwirth hofft, dass es im September soweit sein könnte. Für die möglichen anderen Kandidaten sei jedenfalls kein Vordirigieren geplant, so Neuwirth. Ob es zu Treffen mit möglichen weiteren Kandidaten komme, stehe noch nicht fest. Da wird es mit der Möglichkeit eines persönlichen Eindrucks vor der Wahl schwierig.
Zusammenarbeit mit Folkwang Kammerorchester soll bestehen bleiben
Traditionell gibt der städtische Musikverein zwei große Chor- und Orchesterkonzerte pro Saison. Dies soll auch in der neuen Spielzeit so sein, auch wenn die Termine bislang ebensowenig feststehen, wie der neue Dirigent. Als Gastorchester wird, wie schon in den vergangenen Jahren, das Folkwang Kammerorchester verpflichtet, wie der Chorvorstand mitteilte. Ob, wie einmal angedacht, Brahms’ „Deutsches Requiem“ in dieser Spielzeit aufgeführt wird, steht ebenfalls noch nicht fest.