Bottrop. In Bottrop setzen sich Freiwillige weiter für ein gutes Miteinander ein. Geflüchtete engagieren sich mit ihnen. Doch wegen Corona fehlen Angebote
Die Corona-Pandemie bremst auch die Flüchtlingshilfe Bottrop e.V. aus: Das Café Miteinander, seit 2015 Mittwoch für Mittwoch eine Institution im Martinszentrum, ist geschlossen. Der Ort, an dem geflüchtete Menschen etwa mit Fragen zu Formularen oder bei Problemen mit dem Vermieter Kontakt zu ehrenamtlichen Helfern aufnehmen konnten, fehlt, sagt der Vorsitzende Heiner Brill.
In der Flüchtlingshilfe Bottrop engagieren sich aktuell rund 60 Aktive
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Denn auch wenn der Höhepunkt der Flüchtlingskrise abgeebbt ist, zu dem die Helfer 100 bis 120 Besucher im Café zählten: Unterstützung im Alltag wird an vielen Stellen noch gebraucht. Wie gut, dass es neben teils neu geschaffenen hauptamtlichen Strukturen auch immer noch Freiwillige gibt, die sich engagieren. Von aktuell rund 60 Aktiven berichtet die zweite Vorsitzende Dagmar Kaplan; ganz am Anfang habe es mal „ein Supertreffen mit 80 Leuten“ gegeben. „Die meisten sind Überzeugungstäter“, sagt Kaplan. Und: „Alle, die sich hier ehrenamtlich zusammenfinden, sind Bürger, die die Stadt mögen, gerne hier leben und den sozialen Frieden hier mitgestalten wollen. Bei vielen ist die übergeordnete Motivation, Hilfestellung für einen Weg in die Gesellschaft zu geben.“
Ursula Rürup, ehemalige Lehrerin und Koordinatorin des Deutschunterrichts bei der Flüchtlingshilfe, beschreibt ihre Erfahrungen so: „Ich bin dadurch auf viele Leute gekommen, die mir viel gegeben haben. Sie werden sicher für unsere Gesellschaft eine Bereicherung sein.“ Das sieht auch Sabine Brill so, die von „Einzelfällen“ unter den Ehrenamtlichen spricht, die sich desillusioniert abgewendet hätten.
Hilfe bei Spracherwerb, Wohnungssuche, Behördengängen
Hilfe beim Spracherwerb, bei der (2016 laut Flüchtlingshilfe noch einfacheren) Wohnungssuche nebst Renovierung und Einrichtung, beim Umgang mit Behörden: Von Anfang an standen die Ehrenamtlichen mit ihren jeweiligen Fähigkeiten den Geflüchteten engagiert zur Seite. Viele halten seit Jahren Kontakt zu „ihren“ Flüchtlingsfamilien. Umso mehr bedrücken sie Abschiebungsfälle. Rürup etwa fände diese erträglicher, wenn vor diesen Kontakte ins Herkunftsland geknüpft und Hilfen organisiert werden könnten.
Gleichzeitig hat in den vergangenen Jahren ein Integrationsprozess stattgefunden, der dazu geführt hat, dass Flüchtlinge sich auch selbst engagieren. So werde bei den Kulturfesten ein Miteinander deutlich, und vor allem auch in der Lotsengruppe, in der Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, aber allesamt mit einer Geschichte von Flucht und Vertreibung selbst zu kulturellen Brückenbauern und Helfenden werden. Etwa, indem sie „Botcasts“ mit Infos zum Corona-Virus in verschiedenen Sprachen mitverfassten. Kaplan erzählt auch von einem jungen Mann aus Afghanistan, der – selbst in Kurzarbeit – bei der Tafel half.
Gleichstellung ist ein Thema
Und was sind aktuell, neben der Unterstützung im Alltag, noch wichtige Aufgaben? „Jetzt geht es noch um Arbeit. Und bei Bildungsfragen um die Gleichstellung“, sagt die Vize-Vorsitzende. „In vielen Familien knistert es gerade, was die Rollenbilder angeht.“ Rürup sieht durch Corona ein neues Thema: „Ich vermisse klare Schritte, gerade diese Kinder in die Lage zu versetzen, online für die Schule mitzuarbeiten.“
Und nicht zuletzt: Der Vermittlung von Sprachkenntnissen gilt weiterhin ein Hauptaugenmerk. „Ein Thema, das dahinter steckt, ist: Die Menschen können zwar einen Kurs besuchen, haben danach aber kein Angebot, die Sprache weiter zu trainieren.“ Sobald die Corona-Krise es zulässt, soll auch das Café Miteinander wieder starten, die Lotsengruppe, die Videogruppe (mit Themen wie „Leben in der Stadt“), die Nähgruppe. „Gerade sie ist ein wichtiges Kommunikationsmittel, wo man gemeinsam etwas tut und miteinander ins Gespräch kommt“, betont Sabine Brill.
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Denn sie und ihre Mitstreiter haben die Erfahrung gemacht: „Dort, wo die Menschen persönlichen Kontakt zu Bottropern haben, klappt es besser mit der Integration.“ Sie kennen mindestens eine Flüchtlingsfamilie in der Stadt, die sich bereits um eine Einbürgerung bemüht hat – erfolgreich. Und ein Mädchen zum Beispiel gehört zu den besten Abiturienten am Vestischen Gymnasium.
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Neue Helfer sind willkommen
Der Bottroper Flüchtlingshilfe-Verein ist hervorgegangen aus einer Gruppe von Engagierten, die sich 2013 um Menschen im Kirchenasyl gekümmert hatten. Die erste Gründungsversammlung fand im März 2015 statt.
Wer sich in der Flüchtlingshilfe engagieren möchte – zum Beispiel in der Hausaufgabenhilfe oder bei der Begleitung von Flüchtlingen zu Ämtern – kann seinen zeitlichen Einsatz selbst festlegen. „Aktuell sind drei neue Leute hinzu gekommen, das hatten wir lange nicht“, erzählt Sabine Brill.
Weitere Infos gibt es online auf fluechtlingshilfe-bottrop.de, Kontakt per E-Mail an verein@fluechtlingshilfe-bottrop.de