Bottrop. Es gibt kaum noch Gäste. Bottroper Hoteliers überlegen, wie die Zimmer dennoch genutzt werden können. Nicht immer geht es um den Verdienst.
Keine privaten Übernachtungen mehr, kaum noch Geschäftsleute auf Dienstreise: Die Corona-Pandemie trifft die Hotelbranche hart. Dorothee Brinkert vom Hotel Jandewerth-Bayer hat eine Idee, wie die Zimmer dennoch genutzt werden können.
Hotelzimmer als Homeoffice-Arbeitszimmer
Sie möchte Hotelzimmer tagsüber für Homeoffice-Arbeiter anbieten - und zwar zunächst kostenlos. "Ich möchte Hilfe leisten", sagt die Kirchhellenerin und denkt dabei zum Beispiel an den Familienvater mit drei Kindern, der sonst eigentlich keine Möglichkeit hat, kein eigenes Arbeitszimmer daheim, keine Ruhe. Die Hotelchefin kann sich auch vorstellen, künftig Krankenhausmitarbeiter unterzubringen, die eine weitere Anreise haben.
Sollte die Nachfrage zu groß werden, wird Brinkert dann doch einen Obulus für Homeoffice-Zimmer nehmen müssen. Und wenn große Firmen sowieso von sich aus eine Entschädigung anbieten, wird die Hotelchefin sicher nicht Nein sagen. "Es entstehen ja auch Kosten, etwa für Strom. Und mir geht es im Moment wirtschaftlich ja auch nicht gut." Zehn Prozent der sonst üblichen Gästezahl sei noch da, "wenn überhaupt", alles Geschäftsleute mit dringenden beruflichen Angelegenheiten. Andere Gäste dürfen nicht mehr beherbergt werden. Mit ihren Mitarbeitern hat sie bereits gesprochen, es handele sich um Geringverdiener, der aktuelle Arbeitsausfall lasse sich erstmal mit Urlaub kompensieren.
Platz für provisorische Pflegeeinrichtung
Vier Mitarbeiter in Kurzarbeit mit null Stunden, fünf beschäftigungslose Mini-Jobber, Antrag auf Soforthilfe für Kleinunternehmen bei gerade mal einer Handvoll Gästen im Haus: Auch Susanne Timm, Geschäftsführerin vom Hotel Chillten, überlegt, wie es weitergehen soll, was sie noch anbieten kann. So habe sie sich bei der Feuerwehr gemeldet, die die Einrichtung von provisorischen Kranken- und Pflegeeinrichtungen vorbereitet, um in der Corona-Krise für extreme Notlagen gerüstet zu sein.
Einige Hoteliers in der Region nutzen die Homeoffice-Idee, um mit vergünstigten Zimmerpreisen Geld in die Kasse zu bekommen. Für Timm eine Überlegung wert, indes: "Wir sind nicht ans Glasfasernetz angeschlossen. Wir haben zwar Internet im Hotel, aber das könnte trotzdem ein Problem sein."
2000 Stornierungen innerhalb von drei Wochen
Erwin Knabe hingegen, Gesellschafter und Geschäftsführer vom Hotel Rhein-Ruhr, sieht derzeit gar keinen Bedarf für Homeoffice-Angebote. "Die Firmen, mit denen wir zusammenarbeiten, haben vorläufig kein Interesse signalisiert. Die meisten sind wirklich zu Hause, es könnten Einzelfälle sein, für die das in Frage kommt." Wer aber Bedarf für ein Homeoffice-Zimmer hat, könne sich natürlich melden - "der Zimmerpreis ist dann Verhandlungsbasis, aber wir würden da human rangehen", meint Knabe. Und er würde eine Bestätigung des Arbeitgebers verlangen.
Insgesamt beschreibt auch Knabe die aktuelle Situation als dramatisch. "Zu unseren Gästen zählen natürlich Geschäftsreisende, aber die meisten haben ihre Aktivitäten eingestellt." In den letzten drei Wochen hätten rund 2000 Stornierungen eingeben werden müssen. Kurzarbeitergeld ist beantragt, zehn Mitarbeiter sind betroffen. Er hofft, Anfang Mai wieder in den Normalbetrieb gehen zu können. "Mehrere Monate sind so nicht durchzuhalten."
Hotelchefin: "Das ist ein Rennen gegen die Zeit"
"Das ist ein Rennen gegen die Zeit", bestätigt Tina Große-Wilde, Hotel- und Restaurantchefin sowie Mitglied im Präsidium des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga in Westfalen. Ihr ist aktuell das Übernachtungsgeschäft deutlich ein- und das Gaststättengeschäft inklusive Banketten komplett weggebrochen. "Das ist auch nicht mehr aufzuholen." Was das Hotel angeht, zögen sich die Stornierungen bis in den Mai hinein. "Die Maßnahmen in der Corona-Krise sind ja verständlich. Aber es ist wirtschaftlich an der Grenze zu katastrophal."
Die Homeoffice-Alternative sieht sie für ihr kleines Haus (15 Zimmer) von der Ausstattung her nicht. Sie hat aber bei kooperierenden Firmen extra angezeigt, dass ihr Hotel inklusive Frühstücksverpflegung noch in Betrieb ist und dort aktuell mehr Platz als sonst zur Verfügung steht. "Das hat in einem Fall auch geklappt."
Die Sache mit dem Kurzarbeitergeld laufe zögerlicher, aber für die Soforthilfe habe sie rasch eine Zusage erhalten. "Dieser Zuschuss stärkt moralisch und wirtschaftlich. Aber er ist keine Lösung, bei der ich mich entspannt zurücklehne."
Maßnahmen treffen auch Aushilfen und Zulieferer
Tina Große-Wilde weist darauf hin, dass viele von den Einschränkungen im Hotel- und Gastrogewerbe getroffen sind. "Ich habe auch Mitarbeiter, die studieren und von ihrem Lohn leben." Diese geringfügig Beschäftigten habe sie abmelden müssen, "mit dem Versprechen auf Wiedereinstellung, sobald es geht".
Daneben hätten es auch die Zulieferer schwer, zum Beispiel im Getränke-Bereich oder bei der Wäscherei, die sich auf Hotels spezialisiert hat. "So kommt eins zum anderen."