Bottrop. Das Land lässt die Stadt auf einem großen Teil der Kosten sitzen. Für abgelehnte Asylbewerber bekommt Bottrop nur drei Monate lang Geld.

Das Land lässt die Stadt nach wie vor auf einem großen Teil der Kosten für geflüchtete Menschen sitzen. Das prangert allen Ratsparteien voran jetzt die SPD einmal mehr an. Kämmerer Willi Loeven beziffert den Zuschussbedarf der Stadt bei leicht steigender Tendenz auf rund vier Millionen Euro. „Es muss da endlich eine Regelung gefunden werden“, verlangte SPD-Sprecherin Renate Palberg. Denn die Millionen fehlten der Stadt ja an anderer Stelle. „Es kann nicht sein, dass wir deshalb keine Mittel für andere Aufgaben zur Verfügung haben“, kritisierte die Vorsitzende des Bottroper Sozialausschusses.

Dabei bekommt das Land das Geld für die Unterbringung und Eingliederung geflüchteter Menschen ja vom Bund. Die Landesregierung zahle es aber nicht komplett aus, sondern behalte einen Teil der Bundesmittel für sich. Der Finanzausschuss des Bottroper Rates fordert die von CDU und FDP getragene Landesregierung daher nun in einer ohne Gegenstimmen verabschiedeten Resolution dazu auf, ihr Versprechen einzuhalten und die vom Bund an die Länder aufgezahlten Gelder für die Eingliederung von Flüchtlingen in diesem und dem kommenden Jahr in voller Höhe an die Stadt auszuzahlen.

Anzahl der neu ankommenden Flüchtlinge geht in Bottrop zurück

Renate Palberg und Thoma Göddertz fordern vom Land die komplette Erstattung der Flüchtlingskosten.
Renate Palberg und Thoma Göddertz fordern vom Land die komplette Erstattung der Flüchtlingskosten. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

SPD-Landtagsabgeordneter Thomas Göddertz rechnet in seinem Entwurf der Resolution vor, dass die Stadt pro Flüchtling, um den sie sich kümmert, rund 5.500 Euro draufzahlt. Danach bekommt die Stadt 10.400 Euro je Flüchtling im Jahr, sie hat aber Kosten von 15.900 Euro. Der Landtagsabgeordnete beruft sich dabei auf ein Gutachten zur Errechnung der Kostenpauschale für Flüchtlinge, das seit Herbst 2018 vorliegt. „Das ist wieder so ein typisches Beispiel dafür, dass die Aufgaben, die den Städten übertragen werden, nicht voll bezahlt werden“, bemängelt Renate Palberg.

Dabei steigen die Kosten für die Stadt auch noch an, obwohl die Anzahl der Flüchtlinge zurückgeht, die neu in Bottrop aufgenommen werden. „Die Zahl der neuen Flüchtlinge wird immer kleiner, doch die Zahl der geduldeten Flüchtlinge wird immer größer“, bestätigt auch Sozialdezernent Loeven. Diese Entwicklung sorgt aber dafür, dass die Zusatzkosten für die Stadt erst recht steigen. Das liegt daran, dass das Land die Kosten für geduldete Flüchtlinge nur für drei Monate nach einem abgelehnten Asylantrag übernimmt. Nach drei Monaten sind die meisten abgelehnten Asylbewerber aber längst nicht in ihre Heimatländer zurückgekehrt.

Geld gibt es nur für drei Monate nach dem abgelehnten Asylantrag

So leben in Bottrop rund 570 Asylbewerber, die Monat für Monat finanzielle Hilfen brauchen. Unter ihnen sind rund 200 Menschen, deren Asylantrag bereits abgelehnt wurde. „Sie alle sind schon über die drei Monate hinaus hier“, erklärt Sozialamtsleiterin Karen Alexius-Eifert. Demnach gibt ihnen die Stadt weiterhin Geld zum Leben, erhält es vom Land aber nicht zurück. Hinzu kommt, dass die tatsächlichen finanziellen Hilfen für alle Asylbewerber ohnehin höher sind als die Erstattungsbeträge.

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„Es ist für Kommunen nicht länger hinnehmbar, dass diese drei Monate nach dem rechtskräftigen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge mit der Finanzierung allein gelassen werden, obwohl Abschiebehindernisse von den Kommunen nicht beeinflusst werden können“, kritisiert SPD-Vertreter Thomas Göddertz in dem Resolutionsentwurf diese umstrittene Praxis. „Mit der Befristung der Zahlungen für geduldete Flüchtlinge müsse daher endlich Schluss sein, fordert auch SPD-Ratsfrau Palberg.

In diesem Jahr sind noch keine neuen Flüchtlinge nach Bottrop gekommen

Sozialamtsleiterin Karen Alexius-Eifert weist allerdings darauf hin, dass etliche geflüchtete Menschen keine Hilfen brauchen, weil sie zum Beispiel mittlerweile Arbeitsplätze haben. In den letzten drei Jahren habe die Stadt im Durchschnitt um die 200 Flüchtlinge aufgenommen, im vorigen Jahr waren es rund 170 geflüchtete Menschen. „In diesem Jahr sind noch keine Flüchtlinge gekommen. Wir haben unsere Quote zu 100 Prozent erfüllt und müssen derzeit niemanden aufnehmen“, erklärte die Sozialamtsleiterin.

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Wie die SPD verlangen durch die Bank alle Ratsparteien vom Land die komplette Erstattung der Flüchtlingskosten. „Das ist auch unsere Auffassung. Die Kosten müssen erstattet werden“, unterstreicht CDU-Fraktionsvorsitzender Hermann Hirschfelder. Über den Zeitpunkt der Bottroper Resolution sei er jedoch überrascht. „Es gibt ja keine Anhaltspunkte dafür, dass die Landesregierung das nicht noch tun wird“, hofft er und erinnerte daran, dass auch schon die frühere SPD-geführte Landesregierung die Gelder des Bundes für die Versorgung von Flüchtlingen nicht komplett an die Städte weitergegeben habe. Die CDU enthielt sich daher der Stimme.

Auch die frühere rot-grüne Regierung ließ die Städte auf Kosten sitzen

Das hatte SPD-Ratsfrau Renate Palberg allerdings auch zu Zeiten des Kabinetts von Hannelore Kraft nicht daran gehindert, so wie jetzt von der Landesregierung die Gelder für Flüchtlinge zu einfordern, die der Stadt eigentlich zustehen. Der alte SPD-Appell war allerdings vergeblich, und die Vorsitzende des Sozialausschusses teilt die Hoffnung der Bottroper CDU auf mehr Geld für Flüchtlinge auch jetzt nicht. So sagte sie: „Die Gelder für Flüchtlinge wurden von Bund zwar überwiesen, doch im Landeshaushalt sind keine Mittel dafür vorhanden“.

Kostengutachten liegt vor

Im Dezember 2015 hatten die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen sich mit den kommunalen Spitzenverbänden auf eine auskömmliche Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung verständigt. Basis war die Erhebung der tatsächlichen Kosten, die in den Kommunen für die Unterbringung und Versorgung geflüchteter Menschen anfallen.

Nach dem dazu erstellten Gutachten liegen die Kosten pro Flüchtling im Durchschnitt bei etwa 12.900 Euro im Jahr. In kreisangehörigen Gemeinden ist der finanzielle Aufwand mit rund 11.000 Euro pro Kopf geringer, in kreisfreien Städten wie Bottrop dagegen mit 15.900 Euro deutlich höher.