Bottrop/Essen. Im Prozess gegen den Bottroper Apotheker hat der Staatsanwalt harte Strafen gefordert. Der Angeklagte habe sich zu Lasten der Kranken bereichert.

Der Bottroper Apotheker Peter Stadtmann (47) soll wegen gepanschter Krebsmedikamente lange Zeit ins Gefängnis und nie mehr eine Apotheke führen dürfen. Am 42. Verhandlungstag beantragte Staatsanwalt Rudolf Jakubowski gegen den Pharmazeuten 13 Jahre und sechs Monate Haft, außerdem ein lebenslanges Berufsverbot.

Der Angeklagte habe sich zu Lasten krebskranker Menschen bereichert, die um ihr Leben kämpfen. Er habe durch mangelnde Hygienemaßnahmen gegen das Arzneimittelrecht verstoßen, außerdem in 59 „besonders schweren Fällen“ die Krankenkassen betrogen, weil er die teuren Wirkstoffe zwar berechnet, nicht aber verbraucht hatte.

Der Angeklagte zeigte sich unbeeindruckt

Sein illegal erzielter Gewinn von 53 Millionen Euro soll zudem vom Staat eingezogen werden, sagte der Ankläger. Stadtmann selbst reagierte äußerlich unbeeindruckt.

Der Angeklagte soll Krebsmedikamente gepanscht haben.
Der Angeklagte soll Krebsmedikamente gepanscht haben.

Zu Beginn des Verhandlungstages wies die XXI. Essener Strafkammer noch Anträge von Nebenklage und Verteidigung zurück. Jakubowski verzichtete auf längere juristische Ausführungen und plädierte knapp in 35 Minuten. Die Beweisaufnahme habe zwar nicht alle Vorwürfe der Anklage bestätigt, im Kern aber schon. Stadtmann habe sich „in beispielloser Weise schuldig gemacht“.

Die Versuche der Verteidigung, den Angeklagten wegen eines früheren Schädelbruchs als schuldunfähig darzustellen, wies Jakubowski zurück: „Er hat im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte“ durch seine Taten mehr Geld eingenommen, als es sowieso bei Apotheken üblich sei. Er habe davon profitiert, dass unterdosierte Chemotherapien äußerlich nicht ohne weiteres auffallen.

Mitarbeiter verweigerten die Aussage

Ihm allein könne nicht jede Fehlleistung zugeordnet werden, weil auch Mitarbeiter die Präparate herstellten. Er sei aber als Inhaber der Apotheke verantwortlich für die unterdosierten Medikamente. Dass die Mitarbeiter im Prozess zum Großteil die Aussage verweigert hatten, um sich nicht selbst zu belasten, hob er als bemerkenswert hervor. Er glaube aber nicht, dass diese von Stadtmann ebenfalls zu den Taten angewiesen worden seien.

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Jakubowski nannte die Berufsausübung von Peter Stadtmann eine „Geldmaschine“ und erinnerte an die teure Villa mit der Wasserrutsche. Charakterlich sparte der Ankläger nicht mit Kritik: „Er hat sich zu Lasten krebskranker Menschen bereichert und dann ironischerweise in Bottrop finanziell ein Hospiz gefördert.“

Ein Tötungsdelikt, wie im Vorfeld von der Nebenklage gefordert, liege nicht vor, sagte der Staatsanwalt. Denn der Prozess habe nicht ergeben, wie sich eine solche Unterdosierung bei einem einzelnen Patienten ausgewirkt habe. Zudem müsste ihm nachgewiesen werden, dass er sich Gedanken über das Schicksal der Patienten gemacht habe. Jakubowski: „Ich glaube, er hat sich darüber gar keine Gedanken gemacht.“

Forderung: Er soll nie wieder als Apotheker arbeiten

Strafmildernd sah Jakubowski „nicht viel“, was für den Angeklagten sprach. Strafschärfend wertete er das Verhalten Stadtmanns nach einer früheren Anzeige im Jahre 2014. Dieses Verfahren war aus Mangel an Beweisen eingestellt worden. Jakubowski: „Das ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten, dass er danach weitergemacht hat mit der Unterdosierung von Medikamenten.“ Das lebenslange Berufsverbot begründete er knapp: „Er kann und soll als Apotheker nie wieder arbeiten, auch nicht als Angestellter.“

Am Nachmittag sollen die Nebenklageanwälte plädieren.