Essen/Bottrop. . Das Gericht drängt: Anträge von Verteidigung und Nebenklage verzögern das Ende im Bottroper Apotheker-Prozess. Verteidiger greifen Gutachter an.

Der Bottroper Apotheker-Prozess kommt bislang zu keinem Ende. Anträge der Verteidiger, vor allem aber auch der Opferanwälte, verzögern bislang den Plan der XXI. Essener Strafkammer, Staatsanwalt Rudolf Jakubowski plädieren zu lassen.

Aussicht auf Erfolg haben die meisten dieser Beweisanträge nicht. Es wirkt, als könne das Gericht sie mit Leichtigkeit und ohne größere juristische Mühe abweisen. Da geht es um die psychiatrischen Gutachter, die von der Verteidigung genannt wurden.

Gutachter sieht Stadtmann als voll schuldfähig

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Dass Apotheker Peter Stadtmann (47), dem gepanschte Krebsmedikamente vorgeworfen werden, bei der Herstellung unter einer Art Black out litt, dafür sah Gutachter Boris Schiffer keinen Anhaltspunkt. Er stufte Stadtmann als schuldfähig ein. Das verwundert nicht, immerhin hatte dieser ja durchaus bewusst eine der erfolgreichsten Apotheken Deutschlands gemanagt.

Weil ihnen das Ergebnis nicht gefällt, greifen die Verteidiger jetzt den von ihnen vorgeschlagenen Gutachter an, zweifeln die Qualifikation des renommierten Fachmanns an. Bislang ohne Erfolg.

Angeklagter seit eineinhalb Jahren in U-Haft

Die Nebenkläger greifen dagegen den zweiten Gutachter der Verteidigung, den Psychiater Pedro Faustmann an. Und das, obwohl dessen Befragung durch das Gericht zeigte, dass die Kammer von seiner für Stadtmann positiven Stellungnahme nicht überzeugt ist. Ein deutliches Indiz, dass das Gericht den Bottroper Apotheker zu einer hohen Strafe verurteilen wird, ist die Haft des Angeklagten. Seit eineinhalb Jahren sitzt er in U-Haft. Sollte die Kammer ihn milde bestrafen oder freisprechen, hätte sie ihn schon längst freigelassen.

Dennoch sind in 41 Prozesstagen ein Großteil der 50 Nebenkläger, der Patienten also, und ihre Anwälte dem Gericht in die Parade gefahren. Höhepunkt waren jetzt Befangenheitsanträge gegen die Kammer. Beide wurde von einem anderen Gericht abgewiesen. Es geht um angeblich zu Unrecht verweigerte Akteneinsicht.

Staatsanwalt greift Nebenklage-Anwalt an

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Aber was wäre, wenn der Antrag Erfolg gehabt hätte? Der Prozess wäre geplatzt, Stadtmann müsste frei kommen. Fraglich, wann ein neues Verfahren hätte stattfinden können. Am Freitag riss auch Staatsanwalt Rudolf Jakubowski der Geduldsfaden. Als einer der Opfer-Anwälte wieder einen Antrag stellte, drehte er sich um: Er könne nicht nachvollziehen, warum ausgerechnet die Nebenklage die Verurteilung des Apothekers verzögern wolle.

Die Nebenklageanwälte kassieren pro Sitzungstag mindestens 430 Euro. Manche von ihnen sind auch in anderen Großverfahren in Duisburg (Love-Parade) und München (NSU-Verfahren) als Nebenkläger mit ähnlichen Honoraren vertreten.

Volles Honorar für kurze Anwesenheit im Prozess

Eine Zeit lang ließen sich manche Nebenklageanwälte nur für eine Viertelstunde im Prozess blicken, kassierten dafür dennoch den vollen Satz. Nachdem intern Kritik an dieser Art des Geldverdienens aufkam, sitzen sie jetzt länger im Prozess.

Richter Hidding drängt auf Tempo. Schon im Februar hatte er zu Plädoyers aufgefordert. Dass am Freitag die Verteidiger klagten, weil er keine längere Frist für Anträge einräumt, wunderte ihn: „Ein Ende der Beweisaufnahme kann doch nicht überraschen.“ Am Dienstag geht es weiter.