Bottrop / Gelsenkirchen. Der Mitarbeiter, der die Ermittlungen ins Rollen gebracht hat, fordert seinen Job zurück. Arbeitsrichter: Whistleblowing kein Kündigungsgrund.
- Der Mitarbeiter fordert seinen Job zurück
- Arbeitsrichter sehen im Whistleblowing keinen Kündigungsgrund
- Es soll aber noch weitere Vorfälle gegeben haben
.In Begleitung von zwei Vollzugsbeamten erschien am Mittwoch Apotheker Peter S. im Saal des Gelsenkirchener Arbeitsgerichts. Er sitzt zurzeit in Wuppertal in Untersuchungshaft, weil ihm vorgeworfen wird, Infusionen für Krebsimmuntherapien gestreckt, zum Originalpreis verkauft und gegenüber Krankenkassen falsch abgerechnet zu haben. Vor dem Arbeitsgericht ging es allerdings um die Klage seines kaufmännischen Leiters Martin P.
Der Apotheker hatte ihm fristlos gekündigt, nachdem der Mitarbeiter Anzeige erstattet und gegenüber der Staatsanwaltschaft von den Vorgängen in der Apotheke berichtet hatte.
Kaum Erfolgschancen
Kammervorsitzende Birte Kensy machte deutlich, dass die Kündigung als Antwort auf die Anzeige kaum Erfolgschancen haben werde. Der Angestellte genieße nach seinen Recherchen das Grundrecht, wenn nicht gar die Pflicht, sich an die Strafverfolgungsbehörden zu wenden. Ein „Whistleblowing“ rechtfertige keine Kündigung.
Als Kündigungsgrund hatte der Apotheker auch Pflichtverletzungen seines Mitarbeiters genannt. So seien Rechnungen offen geblieben und Mahnschreiben in Verzug geraten.
Zu wenig Substanz
Unter anderem soll der Angestellte sich zu Hause in das Netzwerk der Apotheke eingeloggt und mehrere 100 Kopien angefertigt haben.
Das Gericht sieht in diesen Vorwürfen zu wenig Substanz für eine Kündigung. Bleibt ein Vorwurf, der den Kläger endgültig den Job kosten könnte: Er hatte über seine interne Kunden-Nummer private Medikamente eingekauft, sie aber noch nicht abgerechnet. Im Gespräch mit dem Chef soll der einer Verrechnung mit den zahlreich geleisteten Überstunden zugestimmt haben. Daran erinnert sich der Apotheker nicht.
Die Richter müssen nun abwägen, wie glaubhaft ihnen die Erklärungen der Parteien erscheinen. Einem Vergleichsvorschlag mit fristgerechter Kündigung und ordentlicher Abfindung stimmte der Kläger nicht zu. Er will sofort weiter arbeiten.