Bochum. . In einem zehnstöckigen Hochhaus am Gropiusweg in Bochum-Querenburg ist seit fast drei Wochen der Aufzug kaputt. Während der Vermieter Häusser Bau um Verständnis bittet und eine baldige Reparatur zusichert, wollen die Bewohner die Miete kürzen. Der Mieterverein unterstützt sie.
Ein Mieter hat dieser Tage seinen kompletten Umzug gestemmt. Ohne Aufzug. Im sechsten Stock. „Die Situation ist nicht mehr hinnehmbar. Der Fahrstuhl muss endlich repariert werden!“, fordern die Familien Suder und Petersen und mit ihnen weitere Bewohner am Gropiusweg 17 in Querenburg.
Seit Mitte September ist der Aufzug des Hochhauses defekt. „Ich werde gewartet und bin in Kürze wieder für Sie da“, hieß es anfangs auf behelfsmäßigen Schildern. Aus „In Kürze“ wurden drei Wochen. Inzwischen bittet der Vermieter Häusser Bau per offiziellem Info-Aushang „um Verständnis für die weiteren Verzögerungen“.
„Ein Unding!“, schimpft Stanislaw Suder. Seit Ende der 90er Jahre wohnt er mit seiner Familie hier. Ganz oben. Im zehnten Stock. 146 Stufen zwischen Haus- und Wohnungstür. „Ich weiß gar nicht mehr, wie oft der Fahrstuhl ausgefallen ist. Vor sechs Jahren ging hier monatelang nichts mehr. Jetzt geht das wieder los“, zürnt der 66-Jährige.
Türmotor nach Kurzschluss defekt
Rund 40 Parteien sind betroffen. „Hier leben viele Senioren und Familien mit kleinen Kindern. Die sind am schlimmsten dran. Die kommen mit ihren Rollatoren und Kinderwagen kaum noch nach draußen“, weiß Klaus Petersen (66), der mit seiner Frau gleichfalls in Etage 10 zu Hause ist. „Die Einkäufe, die Getränkekisten: Es ist unendlich mühsam, das zu Fuß hochzuschleppen.“ Und: Im Notfall verginge wertvolle Zeit, bis die Helfer in der Wohnung wären.
Häusser Bau verweist auf „unvorhersehbare Komplikationen“. Der Türmotor und Teile der Fahrstuhlsteuerung seien durch einen Kurzschluss beschädigt worden. Die Ersatzteile müssten neu beschafft werden. „Merkwürdig: Uns wurde gesagt, dass die Sprechanlage nicht funktioniert und von der Telekom instandgesetzt werden müsse“, sagt Suder-Sohn Piotr (33).
Mietminderung bis zu 20 Prozent möglich
Die Nutzung des Aufzugs ist in der Regel im Mietvertrag geregelt. Der Vermieter muss den Betrieb gewährleisten.
Wenn der Aufzug defekt ist, ist das ein Mangel – und der Mieter kann abhängig vom Stockwerk eine Mietminderung vornehmen. Gerichtsurteile sehen bei Ausfällen von mehr als zwei Wochen bis zu 20 Prozent der Monatsmiete vor.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Aufzügen? Schreiben Sie an die WAZ-Redaktion, Huestraße 25, 44787 Bochum; E-Mail: redaktion.bochum@waz.de
Viele hielten still
Viele, vor allem ausländische Mieter hielten still, hätten Angst, bei Protest ihre Wohnung zu verlieren, beobachtet Klaus Petersen. Er hat den Kampf gegen Häusser Bau längst aufgenommen. Mehrere Aktenordner füllen seine Rechtsstreitigkeit mit dem Immobilienunternehmen (500 Wohnungen in Bochum). Aktuell denkt Petersen über eine erneute Mietminderung nach – so wie beim monatelangen Ausfall des Lifts vor sechs Jahren. „Damals wurde eine Monatsmiete zwischen fünf und 15 Prozent gesenkt. Das muss wieder greifen!“
Meint auch der Mieterverein Bochum. „Der Aufzug ist von existenzieller Wichtigkeit. Mindestens zehn Prozent Nachlass sind angemessen“, sagt Sprecher Aichard Hoffmann und appelliert an Häusser Bau, „das Gesicht zu wahren“ und den Mietern von sich aus ein Angebot vorzulegen.
Letzte Meldung: Gestern Nachmittag wurde noch emsig am Fahrstuhl gewerkelt. Spätestens heute, verspricht Häusser Bau, werde der Aufzug zur Verfügung stehen.