Bochum. Discounter sind für die Handwerksbäckereien eine ernste Konkurrenz geworden. Es fehlen außerdem geeignete Lehrstellen-Bewerber. Einige Bewerber haben falsche Vorstellungen vom Bäckerberuf. Dabei hat die Branche Schulabgängern viel zu bieten – wie etwa Spaß bei der Arbeit.
Es war ein feierlicher Tag: 53 Bäckerinnen und Bäckern sowie 102 Bäckereifachverkäuferinnen wurden jetzt ihre Abschlusszeugnisse bei einer Freisprechungsfeier der Bäcker-Innung Ruhr übergeben. Landesinnungsmeister Heribert Kamm gratulierte: „Bäcker ist ein schöner Beruf. Jeden Tag sieht man, was man mit den Händen geleistet hat.“ Die Perspektiven seien gut, sagte er: „Mit einer guten Ausbildung haben die Gesellen eine sichere Zukunft.“ Doch die Branche schwächelt.
„Vor drei Jahren gab es noch ein Unterangebot an Lehrstellen“, so Kamm. Mittlerweile interessieren sich weniger junge Menschen für den Beruf des Bäckers. Der demografische Wandel macht dem Handwerk zu schaffen. Während im vergangenen Jahr noch 17 Bäcker-Ausbildungsverträge in Bochum abgeschlossen wurden, sind es in diesem Sommer erst mal nur sieben. „Das ist aber noch keine endgültige Zahl“, betont Peter Karst, Geschäftsführer der Bäcker-Innung Ruhr. Noch im September und Oktober werden neue Auszubildende mit der Lehre beginnen.
Druck durch Discounter
Eine Tendenz ist jedoch klar erkennbar: „Es gibt weniger Bewerber“, beklagt Bäckermeister Michael Koch von der gleichnamigen Bäckerei-Konditorei. Manche Bewerber hätten eine „falsche Vorstellung“ und unterschätzten Berufsmerkmale wie das frühe Aufstehen und die harte körperliche Arbeit, so Koch. Dem stimmt auch Landesinnungsmeister Kamm zu: „Es fehlen adäquate Bewerber.“ Er hat in diesem Jahr bisher lediglich einen Azubi eingestellt.
Ein weiterer Faktor, der der Branche zu schaffen macht, ist der Preisdruck durch industriell gefertigte Produkte. „Viele Discounter backen jetzt selber. Die Preise machen uns schon zu schaffen“, erklärt Koch. Heribert Kamm fügt hinzu, dass „Lockangebote“ viele Kunden täuschten. Es werde beispielsweise gar nicht frisch im Supermarkt gebacken, sondern höchstens aufgewärmt oder nachgeröstet. „Das sind alles Massenprodukte. Hier wird unfair gearbeitet“, sagt er.
"Der Duft gibt einem ein positives Gefühl"
Auf der Freisprechungsfeier betonte auch Clemens Große Macke, Landwirt mit CDU-Parteibuch, dass für die Konsumenten das Stichwort Regionalität zwar eine große Rolle spiele: „Die Bereitschaft, sein Brötchen beim Bäcker von nebenan zu kaufen, ist generell da“, erklärte er. Doch in der Realität gebe oft der niedrigere Preis im Supermarkt den Ausschlag. Dort kostet ein Brötchen nur etwa halb so viel wie beim Bäcker.
Das Positive am Beruf komme immer zu kurz, möchte Heribert Kamm klarstellen. Es gehe nicht nur um nächtliche Arbeitszeiten und Wochenenddienst: „Die Arbeit macht Spaß, jeden Tag gibt es Erfolgserlebnisse. Vom Mehl zum Teig bis zum fertigen Produkt – schon allein der Duft gibt einem ein positives Gefühl“, erklärt der Bäckermeister: „Das ist anders als Fließband- oder Büroarbeit.“