Bochum. Bei Gregor&Strozik entstehen Ideen und Formgebung für internationale Konzerne ebenso wie für mittelständische Unternehmen. Der freie Geist ist in einer Designagentur wichtig, der spitze Bleistift aber ebenso.

Manchmal schickt der Chef seine Leute in den Stadtpark. Nicht zur Pause. Sondern „damit sie den Kopf frei kriegen“, wie Thorsten Strozik sagt, und um das tun, was Designer manchmal offenbar tun müssen: „rumspinnen“ (O-Ton), um eine erste Idee zu entwickeln. Immer nur am Schreibtisch zu sitzen, im Internet zu surfen oder über Entwürfen zu hocken, fördert nicht unbedingt den Kreativprozess. Und genau auf den kommt es an bei Gregor&Strozik; einer Marken- und Designagentur. Vor 15 Jahren gegründet, betreut sie nationale und internationale Kunden wie die Aral AG, Toyota Financial Services und Karstadt LeBuffet, aber auch lokale Unternehmen und Marken wie den Frische-Großhandel Niggemann oder die Privatbrauerei Moritz Fiege.

Der Chef sitzt entspannt an der langen Seite eines Konferenztisches in der zweiten Etage des ehemaligen Zollamts am Bergbaumuseum und verkörpert in allem – mit Kleidung, Worten und Habitus – was auch der Raum, das Büro, ja das ganze Gebäude offenbar ausdrücken sollen: Schnörkellosigkeit, Wertigkeit, Sachlichkeit und zugleich Vertrauen und Annehmlichkeit. „Jede Agentur versucht etwas besonderes zu repräsentieren“, erklärt Strozik. „Wenn man selber keine Ästethik für sich gefunden hat, wird ein Kunde schwerlich das Vertrauen gewinnen, dass man das für ihn tun kann.“

Ästhetik und Atmosphäre

Ästhektik und Atmosphäre sind aber auch für die tägliche Arbeit relevant. Lange Konferenztische, große Bildschirme an der Wand, mit schwarzen Tafeln verkleidete Wände zum Bekritzeln, Obst und Getränke für die Mitarbeiter. Ein Wohlfühlort ist dieses Gebäude, das die vier ansässigen Büros gekauft und im einheitlichen Look saniert haben. Was nicht heißt, dass vor lauter Latte-Macchiato-Trinken am Ende nichts Zählbares herauskommt.

Im Gegenteil. Kreatives könne zwar nicht einfach von morgens bis abends ausgespuckt werden. Daher ist Designarbeit keine wie viele andere. Aber es gibt Prozesse, die abgearbeitet und Pläne, die eingehalten werden müssen. Auch wird die Arbeit der Kreativköpfe in Halbstunden-Takten erfasst, damit sie Projekten zugeordnet und für die Wirtschaftlichkeitsrechnung zugrunde gelegt werden kann. Denn am Ende muss nicht nur ein gutes Konzept für den Kunden vorliegen, sondern sich die Arbeit mit Ideen und Formgebung auch rechnen. Ein Spagat zwischen Vision und Realität. Der freie Geist ist wichtig, der spitze Bleistift ebenso. „Wir müssen wie jedes andere Unternehmen wirtschaftlich denken; nur unser Produkt sind Ideen und Formgebung“, sagt Strozik.

„Wir sind keine Werbeagentur“

Er selbst sei kein Träumer – ist aber wohl Visionär, Analytiker und Berater in einer Person. „Ich weiß was gut ist für meine Kunden“, so der studierte Kommunikationsdesigner. Er weiß es, weil er sich mit seinem Team lange mit dem Auftraggeber beschäftigt hat, bevor der Vorschlag für die richtige Formsprache, Design und Außendarstellung auf dem Tisch liegt. Alles müsse genau zueinander passen, um glaubwürdig und damit erfolgreich zu sein. Das Bauchgefühl spielt dabei eine Rolle, am Ende aber muss das Konzept nachvollziehbar und überprüfbar sein. „Design muss dem strategischen Ziel des Unternehmens oder der Marke dienen.“

Korrigieren muss er bisweilen den Eindruck, seine Firma betreibe Werbung. „Wir sind keine Werbeagentur.“ Die betreibe Verkaufsförderung. „Wir machen das strategische Design, also Corporate Identity und Corporate Design, denken in Bildern, in Typographie, in Architektur und haben Sorge dafür zu tragen, dass das Unternehmen der Zeit entsprechend aktuell aussieht.“ Seine Firma legt die Grundlagen, Werbeagenturen arbeiten damit weiter.

„Das ist wie die Sendung mit der Maus – toll“ 

Es gibt viele Gründe, warum Thorsten Strozik seinen Beruf mag. Einblick zu bekommen in ganz unterschiedliche Produkt- und Unternehmenswelten ist einer davon. „Das ist wie die Sendung mit der Maus. Das ist toll.“ Überhaupt würden nicht wenige Kollegen ein wenig neidisch auf die Vielfalt der Branchen schauen, die Gregor&Strozik betreuen. „Mir wäre es zu langweilig, nur für die Fashion-Branche oder nur für die Chemie zu arbeiten.“

Auch seine Mitarbeiter würden dieses breite Spektrum schätzen und nicht zuletzt deshalb so lange in der Firma bleiben. „Viele sind schon zehn Jahre oder länger dabei.“ Zum Vergleich: Die Verweildauer von Beschäftigten in der Designer-Branche liege unter zwei Jahren.

Designer ist man 24 Stunden oder gar nicht

Auch der familiäre Charakter des Büros fördere diese Treue. „Wir sind sehr nah hier. Zu mir kann jeder kommen. Aber das würde bei einer gewissen Größe nicht mehr funktionieren.“ Mehr als 30 Beschäftigte sollen es daher nach Stroziks Vorstellungen auch nicht werden. „Ich merke, dass es Grenzen gibt.“

Zumal es schon jetzt schwer genug sei, auch mal abzuschalten. Das gilt für jeden Unternehmer – und für einen Kreativdirektor ganz besonders. „Denn Designer sind sie 24 Stunden oder gar nicht.“ Egal ob im Restaurant oder daheim, bei beruflichen Terminen, beim Blättern in Zeitschriften oder zu Besuch bei wem auch immer. Die Frage danach, was das für ein Stuhl sei, welche Farbe die Tapete hat oder ob der Stil der Einrichtung passe – „man kriegt es nicht aus dem Kopf“.

Das gilt auch für Stroziks Heimatstadt Bochum, der er in der Architektur oder in der Außendarstellung mehr Profil und mehr Ecken wünschen würde. Er ist überzeugt: „Manchmal muss etwas frech sein und manchmal auch weh tun.“ Nicht selten brauche etwas auch ein bisschen Zeit, bis sich herausstelle, dass es Qualität sei.

MEIN JOB

Tina Hesse ist eine von zwei Etatdirektorinnen bei der Designagentur Gregor&Strozik.
Tina Hesse ist eine von zwei Etatdirektorinnen bei der Designagentur Gregor&Strozik. © WAZ

Wie der Laden tickt? „Es wird nie langweilig“, sagt Tina Hesse. Was kein Wunder ist, als eine von zwei Etatdirektorinnen hat die 40-Jährige bei Gregor&Strozik eine Menge um die Ohren. Sie hält den Kontakt zu Kunden aus ganz unterschiedlichen Themenfeldern, kennt deren Wünsche und Vorstellungen, trägt diese in die Kreativabteilung und versucht gemeinsam mit den Designern das zu entwickeln, was den Vorstellung des Kunden entspricht und nach Einschätzung des Büros die richtige inhaltliche und Designausrichtung ist.

Die neu gestaltete Shoppingmall am Zoo, „Bikini Berlin“, gehört etwa dazu. „Das ist schon extrem spannend und abwechslungsreich“, sagt Hesse. Zumal sie auch noch dafür Sorgen tragen muss, dass die Projekte im Budget bleiben und die Firma auch rentabel arbeitet. „Das können nur Frauen“, ist Firmeninhaber Thorsten Strozik überzeugt. So viele Dinge gleichzeitig zu überblicken und zu steuern, „das kann kein Kerl“.

Tina Hesse sagt, „das können auch Männer“. Sie kann es auf jeden Fall, weil sie eine kaufmännische Ausbildung absolviert und sechs Jahre lang bei einer Werbeagentur in Düsseldorf gearbeitet hat, ehe sie „als Quereinsteigerin“, 2001 zur Agentur kam und damals als Projektleitern anfing. So stressig ihr Beruf auch sein mag: „Ich fühle mich hier wohl, weil es Spaß macht, in so einer kreativen, abwechslungsreichen und flexiblen Umgebung arbeiten zu können.“