Bochum. Das Wattenscheider Unternehmen ADN hat sich in der IT-Branche als Vertreiber beratungsintensiver Produkte einen Namen gemacht. Für 32 US-Firmen liefert es Lösungen an 4800 Wiederverkäufer und verzeichnet ein rasantes Wachstum. Bis auf 245 Millionen Euro soll der Umsatz dieses Jahr steigen.

Jede Branche hat ihre eigene Sprache. Und die der Informationstechnologie – die IT-Branche – ist eine ganz besondere. Sie ist englisch-geprägt und beschert einem Außenstehenden schon mal mittelschwere Schwindelgefühle. Das ist beim Besuch der ADN Distributions nicht anders. Begriffe wie Host, Clouds, business-units, SQL-Datenbank, Gupta oder RRP-Systeme zwingen zur verbalen Notbremse.

Hermann Ramacher hat Verständnis und quittiert das Notsignal mit einem milden Lächeln, das wie so vieles an Felix Magath erinnert. Schicke Brille und Kleidung, angenehmes Auftreten, kluge Gedanken. Im Gegensatz zu dem früheren Fußball-Nationalspieler, Meistertrainer und Coach des englischen Erstliga-Absteigers Fulham ist die Erfolgsgeschichte des ADN-Machers nicht durch Brüche gekennzeichnet. Die Umsatzkurve seiner 1994 gegründeten Firma zeigt stetig nach oben und gleicht dem Verlauf einer Skisprung-Schanze.

Goldrauschmäßige Zeiten

Dass die IT-Branche einmal das Metier des 62-Jährigen sein würde, war zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn nicht abzusehen. Der Diplom-Ökonom, seit 25 Jahren zu Hause in Bochum-Weitmar („Ich fühle mich sehr wohl hier“), war eher in den Sozialwissenschaften unterwegs, wie er sagt. „Dann habe ich IT-Leute kennen gelernt und die Entwicklung der PC-gestützten IT mitgemacht.“ Goldrauschmäßige Zeiten seien das gewesen.

Heute sind die Zeiten anders. Härter. Und das stetige Umsatzwachstum, mit dem ADN besticht, ist nicht nur ein Zeichen des Erfolgs, sondern auch pure Notwendigkeit. Die Konzentration schreitet auch unter Value Added Distributoren, ein solcher ist ADN, voran. Tummelten sich Ende des Jahrhunderts noch 25 Firmen auf dem Markt, seien es heute noch zehn. Wer wehrhaft sein will gegenüber Konkurrenten, aber auch gegenüber den zumeist US-amerikanischen Vertragspartnern und Lizenzgebern, muss eine gewisse Größe haben.

"Wir sind das Backoffice"

Das weiß Hermann Ramacher, der über genügend technisches Verständnis verfügt, um die Entwicklungen in der IT-Branche zu beurteilen. Das ist unabdingbar. Vor allem aber ist er Experte und Wegweiser in der Branche als Vertriebsmann. Und er hatte den richtigen Riecher, als er Mitte der 90er Jahre Host-gestützte Systeme mit einer zentralen Datenverarbeitungsanlage anbot, als mehr als die halbe IT-Welt noch auf die Insellösung mit PC’s setzte.

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Mit 32 amerikanischen Herstellern haben die Bochumer Distributionsverträge abgeschlossen, darunter sind auch Global Player wie Microsoft, mit dem ADN 2013 einen „Großvertrag“ abgeschlossen hat, Citrix oder Dell. Auf der anderen Seite stehen 4800 IT-Wiederverkäufer – Systemhäuser, Fachhändler, Serviceprovider, Softwarehäuser – die ADN als Schnittstelle zwischen Herstellern und Handel beliefert. „Wir sind das Backoffice des Fachhandels“, sagt Hermann Ramacher. Die Hersteller nutzen den Vertriebsdienst des Bochumer Unternehmens, um nicht selbst eigene Strukturen aufbauen zu müssen. Dabei geht die Leistung eines Value Added Distributors weit über den Verkauf von Hardware und erklärungsintensiver Software hinaus. Es geht um Beratung, Ausbildung, Zertifizierung und Hotline-Dienste. „Unser Geschäft ist es, erklärungsintensive Produkte, Technologien und Lösungen im Programm zu haben und diese zu verkaufen.“

Die Company ist beeindruckend gewachsen 

Eine Palette von Leistungen, die nur mit gut ausgebildetem Personal und langjähriger Erfahrung geliefert werden kann. Wer bei ADN arbeitet, der hat mitunter keinen geraden Berufsweg hinter sich. „Es gibt viele Quereinsteiger bei uns“, sagt der Firmen-Chef. Was auch daran liegt, dass die Leute, die er braucht, nicht so leicht zu finden sind. Es geht um eine Kombination aus IT-Wissen und vertrieblichem Gespür. „Das ist ein Typus, den sie selten antreffen.“

Er selbst hat derweil den nächsten Trend ausgemacht und bereits die ersten Verträge abgeschlossen. Gespeichert wird künftig weniger auf Festplatten, sondern auf gekoppelte Flash-Karten, die über Software miteinander verbunden werden. „Das hat Zukunft“, sagt Hermann Ramacher. Und der kennt sich aus.

Firmensitz im „Haus des Moorhuhns“

Hier war mal das bekannteste Moorhuhn Deutschlands zu Hause. Bildlich gesprochen, und nicht wirklich. An der Josef-Haumann-Straße 10 in Wattenscheid hatte die Phenomedia AG ihren Firmensitz errichtet. Jenes Unternehmen, das mit seinem PC-Spiel Moorhuhn in den Büros der Republik für Furore sorgte, aber 2002 Insolvenz anmelden musste.

Sechs Jahre später bezog ADN die markante Immobilie mit dem ausgestellten roten Winkel, der gemeinsam mit einem damals noch geplanten Pendantgebäude offenbar ein Tor zwischen beiden Häusern bilden sollte. Zwei Etagen hat der Gründer und geschäftsführende Gesellschafter Hermann Ramacher bislang für seine Firma gemietet, die bald aber die gesamten 4000 qm in Beschlag nehmen wird. Denn: Die Geschäfte geht weiterhin glänzend.

50 Prozent Wachstum verzeichnete ADN im ersten Quartal 2014. „Und im April geht es so weiter“, sagt Peter Laufmöller, Leiter Finanzen im Haus. Es scheint, als könnte das ohnehin schon eindrucksvolle Umsatzziel noch übertroffen werden.

Ein Quereinsteiger

Nicht nur wirtschaftliche Erfolge, auch Auszeichnungen pflastern den Weg von ADN. So wurde das Unternehmen mittlerweile siebenmal in Folge zum besten Value Added Distributor in Deutschland gewählt. Eine Wand in der ersten Etage der Unternehmenszentrale ist gepflastert mit diesen und anderen Ehrungen. Verdient habe diese Lorbeeren Männer wie Michael Broos. Der 52-jährige Bochumer ist – Achtung, Anglizismen – Business Development Manager – seit 14 Jahren im Unternehmen und einst mit einer guten Portion SAP-Erfahrung und einem abgebrochenen BWL-Studium zu ADN gekommen.

Ein Quereinsteiger, der seinen Weg gemacht und der zugleich den Weg des Unternehmens mitgeprägt hat. „Ich fahre jeden Tag gerne zur Arbeit. Wenn es mir nicht gefallen würde, hätte ich es bestimmt nicht 14 Jahre ausgehalten“, sagt Broos über das Klima. Der Erfolg des Hauses mache Spaß, geradezu verblüffend sei das rasante Wachstum. „Als ich gekommen bin, waren wir ein überschaubarer Verein. Die Company ist beeindruckend gewachsen.