Bochum. Jewo, der erfolgreiche Großhändler für Batterietechnik, hat die E-Mobilität als Marktchance entdeckt. Das mache Sinn aus ökologischen Gründen, kann sich möglicherweise aber auch rechnen. Das Unternehmen möchte kein Fahrradhändler sein, sondern sieht sich als „Kompetenzzentrum“.
Sie betreiben ein solides Geschäft. Eindrucksvolle zwölf Millionen Euro betrug der Umsatz der Jewo Batterietechnik im vergangenen Jahr. Als Großhändler und Konfektionierer gehört das Bochumer Unternehmen in seinem Segment zu den Top 5 in Deutschland. Auch künftig werden Akkus und Ladegeräte die Kernkompetenz und das Hauptbetätigungsfeld sein. Aber dabei soll es nicht bleiben.
Denn Jewo hat die Elektromobilität für sich entdeckt. „Das ist ein hippes Thema“, sagt Mitinhaber und Geschäftsführer Peter Glüge. Eines, das nach seiner Einschätzung und der seines Geschäftspartners Michael Teupen großes Entwicklungspotenzial besitzt. „E-Mobilität hat eines gemeinsam. Egal, welches Fahrzeug, alle brauchen Akkus“, sagt Teupen.
Wobei sich Jewo nicht auf den gesamten Markt stürzt: „Jeder weiß dass Pedelecs und E-Bikes sich verkaufen wie geschnitten Brot.“ Der Markt sei für Jewo allerdings viel zu groß, zumal: „Wir wollen kein Fahrradhändler sein.“ Teupen und Glüge wollen mit ihrer Firma Nischen besetzen: für medizinische Anwendungen, hochpreisige Pedelecs und vor allem für Lastenräder. Aus ihrer Sicht ein Thema mit Zukunft.
Einspurer, die sich in ihrem Design anlehnen an die klassischen Bäckerräder, gehören ebenso wie Zweispurer als Drei- oder Vierräder zum Angebot. Ein Jewo-Liner verfüge über eine Transportfläche in der Größe einer Euro-Palette und könne inklusive Fahrer 350 Kilogramm befördern.
Nützliche Alternative
Dass IHK-Hauptgeschäftsführer Helmut Diegel jüngst die Frage stellte, „will jemand allen Ernstes Wirtschaftsgüter mit dem Fahrrad transportieren?“, ist aus Sicht von Michael Teupen „zu kurz gedacht“. Es gehe um die Kombination von Verkehrsangeboten. Und es gebe genügend Beispiele dafür, dass Lastenräder für unterschiedliche Zwecke gut gebraucht werden können – und das nicht nur aus ökologischen Gründen.
Sie würden längst in Großstädten wie Berlin oder Hamburg eingesetzt. Beim Deutschen Kirchentag vor zwei Jahren sei die gesamte Organisation und Logistik damit abgewickelt worden. Und auch ein Subunternehmer von UPS nutze ein E-Rad als Auslieferfahrzeug. Er steuere dazu einen in der Stadt abgestellten Container an und schaffe mit dem Rad die gleiche Menge wie eines der klassischen braunen Fahrzeuge des Auftraggebers. Um das neue Angebot besser an die Kunden bringen zu können, hat Jewo auch ein Ladenlokal in den Claudius-Höfen im Stadtzentrum eröffnet.
Die Firma ist außerdem auf der Suche nach einem Partner, um die E-Mobilität im Werksverkehr zu testen. Auch beim Car-Sharing ist sie als Partner dabei. Glüge und Teupen sind überzeugt, dass das „Car-Sharing eine viel bessere Variante ist, um den Markt zu entwickeln als der Verkauf von Fahrzeugen.“
Es ist ein weites, noch offenes Feld und vielleicht mal ein zweites ökonomisches Standbein für das Unternehmen, das zweigleisig fahren möchte. Betreiben wird es weiter das bewährte Geschäft mit Batterien. Das ist nicht so „hip“ wie die E-Mobilität, Michael Teupen nennt die Batterie gar „ein vergessenes Produkt“. „Aber sie glauben gar nicht, wo überall Batterien drin sind.“ Bei Jewo wissen sie es.
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Vom Angestellten zum Mitinhaber
Vom Angestellten zum Geschäftsmitinhaber. Das ist der Weg, den Michael Teupen (52) und Peter Glüge (44) bei der Jewo Batterietechnik gegangen sind. Der eine Techniker (Teupen), der andere Betriebswirt (Glüge), ergänzt sich das Duo heute in der Geschäftsführung. Als „große Herausforderung“ haben sie den Schritt vom Arbeitnehmer zum Arbeitgeber empfunden.
„Da mein Vater einen kleinen Betrieb hatte, wusste ich was Selbstständigkeit bedeutet“, sagt Michael Teupen, und erinnert sich an die Nachmittage, an denen er Kisten schleppte während seine Schulfreunde draußen spielten. Ein Vorteil beim Schritt in die Selbstständigkeit sei es gewesen, dass sie die Firma gut kannten, als Gründer Klaus Jeworrek ihnen das Angebot zur Teilhaberschaft unterbreitete.
Ausdehnung der Geschäftstätigkeit
Wegweisend ist die Ausdehnung der Geschäftstätigkeit über ihr angestammte Feld des Handels mit Batterietechnik hinaus gewesen. „Wir haben vor einigen Jahren überlegt, wo wir noch tätig sein können außer in unserem angestammt Feld. Und da sind wir auf die Elektromobilität gekommen.“
Nicht als Fahrradhändler. „Wir sehen uns mehr als Kompetenzzentrum für E-Mobilität“, so Teupen. Das solide und finanziell erfolgreiche „Batteriegeschäft“ ermögliche es ihnen, in Forschung und Entwicklung auf dem neuen Sektor zu investieren. „Momentan ist die E-Mobilität noch ein Zuschussgeschäft“, sagt Peter Glüge. „Aber irgendwann müssen bei den Fahrrädern die Akkus gewechselt werden. Dann kommen wir wieder ins Spiel.“
Hauptabnehmer im Batteriegeschäft ist die Industrie „in allen Variationen“. Jewo importiert die Batterien vornehmlich aus Vietnam, das „Hauptstandbein sind immer noch die wartungsfreien Bleiakkus“, die Ladetechnik kommt aus China. Anlaufstelle ist der Firmensitz an der Bahnstraße in Weitmar auch für die Rückgabe von Batterien. So sieht es das Batteriegesetz vor. Teupen: „Das ist so ähnlich wie beim Flaschenpfand. Es gibt ein geschlossenes Kreislaufsystem.“
Auf Kundenwunsch auch individuelle Lösungen
In der Werkstatt arbeitet Grazyna Iwanek, eine von derzeit 35 Beschäftigten. Vornehmlich mit Löten und Kleben ist die 47-Jährige bei der Konfektionierung von Batterien beschäftigt. Seit 2001 arbeitet sie für die Batteriefirma, früher habe sie Platinen gelötet. Sie schätzt unter anderem das gute Arbeitsklima: „Ich arbeite gerne hier. Wir helfen uns gegenseitig.“ Jewo handelt „als typischer Großhändler“ (O-Ton) mit Batterien und Ladetechnik, bietet auf Kundenwunsch aber auch individuelle Lösungen an, die an der Bahnstraße gefertigt werden. Die Belegschaft sei ein wichtiges Puzzleteil des Firmenerfolgs, betonen die Geschäftsführer. Und: „Wir sind immer auf der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern.“