Bochum. . Die 108 Jahre alte Kapelle im Bochumer Augusta-Krankenhaus hat zwei Weltkriege überstanden. Nun soll sie abgerissen werden und einem neuen Bettenhaus weichen. Das trifft nicht nur auf Verständnis. Zwei Pfarrer sehen die Entscheidung vollkommen kontrovers.
Der angekündigte Abriss der Kapelle im Augusta-Krankenhaus zu Gunsten eines neues Bettenhauses – die WAZ berichtete – stößt auf sehr geteilte Reaktionen.
„Die Kapelle ist 108 Jahre alt, hat zwei Weltkriege überstanden und zählt somit zu den wenigen architektonischen Schätzen, die unserer Stadt geblieben sind“, meint der Bochumer Pfarrer i.R. Franz-Josef Korth. „Die Augusta-Kapelle gehört nicht abgerissen, sondern unter Denkmalschutz gestellt.“ Zwar wird in der 6. Etage des Krankenhauses, direkt über dem Haupteingang, ein jetziger Mehrzweckraum als neue Kapelle umgestaltet werden, doch diese Lösung ist für Korth „nichts anderes als zynischer Spott und Hohn gegenüber dem religiösen Auftrag und Anspruch eines christlichen Krankenhauses“. Der Abriss sei wohl von Personen getroffen, „die in Sachen Seelsorge’ in einem ,christlichen Hause’ völlig inkompetent“ seien und „die Leute von der Diakonie und Kirche einfach über den Tisch gezogen“ hätten.
Keine leichte Entscheidung
Ein anderer Pfarrer i.R., Hartwig Burgdörfer, sieht den Abriss und die neue Lösung anders. Von 1981 bis 2009 war er in der Kapelle als evangelischer Krankenhausseelsorger tätig. Er teile zwar „die Trauer“ über den Abriss „mit allen, die persönliche Erinnerungen mit dieser Kapelle verbinden und sie als Ort der Stille, des Trostes und Gebetes nutzen konnten. Auch mir wird sie fehlen, und mit ihr schwindet ein Teil meiner eigenen Geschichte“. Er sei sich aber sicher, dass es den verantwortlichen Personen und Gremien „nicht leicht gefallen ist, diese Entscheidung zu treffen“. Ein modernes Krankenhaus müsse sich weiterentwickeln. Das bedeute auch, dass man mehr Platz dafür brauche, weil die Komfortansprüche der Patienten steigen würden und weil die Medizintechnik besser, aber damit auch aufwändiger geworden sei.
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Der Abriss der Kapelle, die in einem begrünten Innenhof steht und für die Öffentlichkeit nur über eine kleine Zugangsbrücke erreichbar ist, soll frühestens gegen Ende dieses Jahres erfolgen. Schon vorher soll im 6. Stock der bisherige „Raum Anatol“, der jetzt noch unter anderem für Konferenzen genutzt wird, für Gottesdienste und „innere Zweisprachen“ umgestaltet werden, gemeinsam mit dem Namenspatron und Künstler Anatol Herzfeld. Der Raum wird Plänen zufolge „Kapelle unter dem Himmel“ heißen. Es sei, meint Burgdörfer, „der schönste Raum des ganzen Krankenhauses“. Mit seiner „herrlichen Aussicht“ habe er „eine herausgehobene Position und eine besondere, lichtdurchströmte Atmosphäre“. Er liege direkt bei den anderen Räumen der Krankenhausseelsorge.
Keine Suche nach Alternativen
Auch Augusta-Geschäftsführer Ulrich Froese hat sich zum Abriss geäußert: „Wir haben uns die Entscheidung gewiss nicht leicht gemacht, haben sogar an Abreißen und an anderer Stelle, zum Beispiel im Park, wieder Aufbauen gedacht.“ Das wäre dann aber für die kranken Menschen ein viel zu weiter Weg gewesen.
Pfarrer Korth sieht es jedoch so, „dass sich keiner die Mühe gemacht hat, nach besseren Alternativen zu suchen, selbst bei einem gewissen Mehraufwand, der sich – wenn auch nicht materiell, so doch ,therapeutisch’ – lohnen würde.“