Bochum. . Sozialarbeiter gehen in den Stadtteilen aktiv auf junge Leute zu. Es gilt, Vertrauen aufzubauen und Alternativen aufzuzeigen. Dabei geht es nicht um antireligiöse Werbung, sondern um Alternativen zum gefährlichen religiösen Fanatismus.

Es ist kein blinder Aktionismus, der jetzt startet gegen extreme und gewaltbereite Islamisten in dieser Stadt, für die der Begriff „Salafisten“ nur eine von mehreren Strömungen ist. Das Projekt „Wegweiser“, finanziert vom NRW-Innenministerium, vor Ort koordiniert und durchgeführt vom Verein Ifak, kann nun ganz offiziell anlaufen. Am Mittwoch gab Sozialdezernentin Britta Anger dies bekannt. Ganz konkret nannte sie die Hustadt, Stahlhausen und Wattenscheid, wo nun aktiv und gezielt auf junge Menschen zugegangen werden soll.

Die WAZ hatte die Möglichkeit, mit den beiden Sozialarbeitern zu sprechen, die – unter dem Dach der Ifak – jetzt vorbeugend und aufklärend vor Ort auftreten werden. Die beiden Männer bleiben hier anonym, nicht nur, um sie zu schützen, sondern auch, um das Vertrauen, dass sie sich nun in einem äußerst schwierigen Umfeld erarbeiten müssen, zu ermöglichen.

Werbung für Extremismus an der Haustür

Die Polizei blickt seit Monaten mit Sorge auf das in Bochum deutlich wachsende Potenzial von gewaltbereiten Extremisten. Dabei ist die kostenlose Verteilung des Korans noch die harmloseste Werbemethode. Etwa in der Hustadt wurden gezielt Kinder und Jugendliche von Werbern der Salafisten angesprochen, sogar an Haustüren wurde geklingelt, um für diese ultrakonservative Strömung des Islam zu werben.

Die beiden Sozialarbeiter, einer mit türkischem, der andere mit eher arabischem Hintergrund, bauen nun gezielt Strukturen auf. Sie wollen keinen Religionskampf. „Wir möchten den jungen Leuten Alternativen aufzeigen“, sagt einer der beiden Männer. Der andere, der selbst in seiner Jugend in einem arabischen Land Kontakte zu den Muslimbrüdern hatte, erklärt, warum er bewusst einen anderen Weg gegangen ist. „Es ist leicht, eine Waffe zu tragen. Ich habe mich aber entschieden zu helfen.“

Alltägliche Diskriminierung

Die Salafisten suchen sich mit gutem Gespür junge Leute, die Diskriminierungen erfahren haben, vielleicht aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihrer Herkunft in der deutschen Gesellschaft nur schwer Fuß fassen. Genau da möchten die Ifak-Fachleute ansetzen, die nun, wie in Düsseldorf und Bonn ihre Arbeit beginnen.

Kemal Bozay weist etwa auf die alltägliche Diskriminierung hin. Erst am Montag hatte die WAZ ganz konkret aufgezeigt, wie vor der Diskothek Prater allein aufgrund ethnischer Merkmale am Eingang eine Auswahl getroffen wird. So etwas sei noch eine vergleichsweise milde Diskriminierungserfahrung. „Die Antwort der Salafisten auf so etwas ist es, junge Leute für ihre Zwecke zu funktionalisieren. Wir möchten jedoch, dass sie an dieser Gesellschaft partizipieren.“